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Glutopfer. Thriller

Glutopfer. Thriller

Titel: Glutopfer. Thriller
Autoren: Michael Lister
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Feuerzeug.
    »Ich hab nur eine Schachtel Streichhölzer«, sagt er.
    »Auch gut. Wenn Sie dahinten in der Kurve sind, wo das Gleis auf das andere trifft, fahren Sie so langsam, dass ich abspringen kann, aber halten Sie bloß nicht an.«
    Dann schaltet er das Deckenlicht in die »Aus«-Position, damit es nicht aufleuchtet, wenn man die Tür öffnet.
    »Was ist in dich gefahren?«, fragt Ben.
    »Es ist eher etwas hinausgefahren«, sagt Daniel, öffnet die Tür ein Stück und springt ab.
    Als Daniel möglichst geräuschlos die rostige Metalltreppe des Feuerwachturms hinaufklettert, die ganz nach oben zur Kabine führt, sucht er nach Hinweisen darauf, dass Brian den Turm auf denselben Stufen früher am Abend bestiegen hat.
    Im schwachen Mondlicht sieht er hier und da, was er erwartet hat: mit Sand und Erde vermischte Rückstände, die bestätigen, dass an Brians Schuhen derselbe Brandbeschleuniger klebt wie an seinen.
    Bis nach oben sind es siebzig Meter, der Weg dorthin wird ein paar Minuten in Anspruch nehmen – Zeit, um zu überlegen, was er da tut.
    Dass sein Herz so rast, liegt teils am Adrenalin und teils an seiner Angst, sein Körper zittert mit jedem Schritt mehr, und er spürt die bedrohliche Nähe der Panik.
    Ich bleibe nicht stehen. Egal, was passiert. Ich werde auf keinen Fall länger in Angst leben und mich vom Terror beherrschen lassen.
    Er begreift, dass er unbedingt tun muss, was vor ihm liegt, dass es der nächste Schritt zu seiner Genesung, seinem Wiedererwachen ist – vor höllisch vielen weiteren.
    Lieber bei dieser Sache sterben, als ein Leben lang Angst haben.
    Als er weiter hinaufsteigt, erblickt er die grauenhafte Szenerie in der Aufbereitungsanlage in ihrem ganzen Ausmaß. Für den Mörder ist der Turm der perfekte Platz, um die Opferungen zu beobachten, sein verheerendes Meisterwerk zu überblicken. Als er fast oben ist, sieht er, dass das Feuer noch immer brennt und der Rauch der Brandopfer aufsteigt in die Nacht, über die Baumwipfel, vor unheimlichem Mondlicht zum Himmel.
    Ein Stockwerk unterhalb der Kabine bleibt Daniel stehen und zieht die kleine Streichholzschachtel aus der Tasche.
    Die Zugangsluke im Boden des Ausgucks ist offen, aber es ist dunkel darin, nichts rührt sich, kein Laut.
    Als er von der kleinen Plattform auf die erste Stufe der letzten Treppe steigt, stürzt Brian aus der dunklen Ecke hinter ihm hervor und jagt ihm eine Nadel in die Halsbeuge.
    Daniel wirft sich nach hinten, reißt Brian um und streift dabei den Stahlträger in der Ecke, sodass sich die kleine Spritze löst und vom Turm nach unten zu Boden fällt.
    Auf der Suche nach der heruntergefallenen Streichholzschachtel macht Daniel zwei Schritte auf die letzte Treppe zu, wo er zusammenbricht.
    Durch die Teildosis Succinylcholin ist Daniel wehrlos, aber nicht vollständig gelähmt, und während Brian ihn die Treppe hinauf in den Ausguck schleppt, gelingt es ihm, die winzige Streichholzschachtel mit den unbeholfenen Spitzen seiner kaum funktionsfähigen Finger zu greifen.
    Daniel liegt neben der offenen Luke auf dem Boden der kleinen Kabine und kann außer den Enden seiner Gliedmaßen nichts bewegen.
    »Fast wie eine Panikattacke, stimmt’s?«, sagt Brian. »Ich frage mich, wie viel du abbekommen hast. Nicht zu fassen, dass du meine letzte Spritze kaputt gemacht hast. Schon allein deswegen sollte ich dich töten, aber ich finde es poetischer, wenn du stirbst, wie du gelebt hast, gelähmt, voller Angst, nicht wahr?«
    Daniel versucht zu nicken, doch sein Kopf zuckt nur ein wenig.
    Nicht weit weg liegt ein verkohlter Klumpen Fleisch auf dem Boden der Kabine, schwarz und blutig. Der Anteil des Priesters.
    Brian wendet den Blick von Daniel ab und betrachtet durch das Fenster die noch immer brennende Anlage unter ihnen.
    »Hast du jemals so etwas Großartiges gesehen?«, fragt er. »Ich meine, das Ganze. Es ist perfekt.«
    Daniel will etwas sagen, aber es geht nicht, er stößt nur unverständliche Grunzlaute aus.
    »Was?«
    Er will dem Monster sagen, dass es ihm nicht gelungen ist, Ben zu töten, doch seine Zunge ist wie Blei.
    »Ben.«
    »Was?«, fragt Brian, und ein Lächeln zuckt um seine Lippen. »Was hast du gesagt?«
    »Ben.«
    »Ich behebe das«, sagt er. »Keine Sorge.«
    Daniel will noch etwas sagen, doch er kann einfach nicht.
    »Wie fühlt sich das an?«, fragt Brian. »Du hast dich so lange davor gefürchtet, und nun ist es da. Wie ist das?«
    »Was?«, bringt Daniel mühsam heraus.
    »Zu wissen, dass du
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