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Gluehende Dunkelheit

Gluehende Dunkelheit

Titel: Gluehende Dunkelheit
Autoren: Gail Carriger
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es vorgezogen, nicht an dieses Kleid erinnert zu werden – so viele Rüschen!
    Als unglückseliges Nebenprodukt der zweiten Ehe von Mrs Loontwill unterschieden sich sowohl Felicity als auch Evylin auffallend von ihrer älteren Halbschwester. Niemand, der die drei zusammen sah, wäre auf den Gedanken gekommen, dass Alexia überhaupt mit den beiden verwandt war. Neben einem offensichtlichen Mangel an italienischem Blut und einem durch und durch von Seele geplagten Zustand waren Felicity und Evylin beide sehr hübsch: blasse, geistlose Blondinen mit großen blauen Augen und kleinen, rosenknospenhaften Mündern. Leider hatten sie, ganz wie ihre liebe Mama, abgesehen von »sehr hübsch« nicht viel Substanz zu bieten.
    Die Unterhaltung am Frühstückstisch bot deshalb nicht das intellektuelle Format, das sich Alexia wünschte. Dennoch war sie erfreut zu hören, dass sich das Gespräch einem etwas banaleren Thema als Mord zugewendet hatte.
    »Nun, das ist alles, was hier über den Ball steht.« Felicity verstummte kurz und richtete ihre Aufmerksamkeit auf die gesellschaftlichen Bekanntmachungen. »Das hier ist sehr interessant. Dieser nette Tee-Salon in der Nähe der Bond Street hat jetzt bis zwei Uhr nachts geöffnet, um auch übernatürliches Publikum zu verköstigen. Wahrscheinlich servieren sie nun auch rohes Fleisch und Kelche mit Blut. Meinst du, wir sollten diese Lokalität weiterhin aufsuchen, Mama?«
    Mrs Loontwill blickte ein weiteres Mal von ihrem Gerstenwasser mit Zitrone auf. »Ich sehe nicht, was das schaden könnte, mein Liebes.«
    Squire Loontwill schluckte einen Bissen Toast hinunter. »Unter dem Nachtvolk sind einige der besseren Investoren, meine Perle. Bei deiner Hetzjagd auf Verehrer für die Mädchen könntest du es durchaus schlechter treffen.«
    »Also wirklich, Daddy«, tadelte Evylin. »Du redest, als wäre Mama ein wild gewordener Werwolf.«
    Mrs Loontwill warf ihrem Ehemann einen argwöhnischen Blick zu. »Du hast doch die letzten paar Abende nicht etwa das Claret’s oder das Sangria aufgesucht, oder etwa doch?« Sie klang, als wäre ganz London plötzlich von Werwölfen, Gespenstern und Vampiren überrannt worden und ihr Ehemann mit ihnen allen verbrüdert.
    Eilends zog sich der Squire aus der Unterhaltung zurück. »Natürlich nicht, meine Perle, nur das Boodles. Du weißt doch, dass ich meinen eigenen Club denen des übernatürlichen Volkes vorziehe.«
    »Wo wir gerade von Gentlemen’s Clubs reden«, unterbrach ihn Felicity, die immer noch in die Zeitung vertieft war. »Letzte Woche hat ein neuer in Mayfair eröffnet, für Intellektuelle, Philosophen, Wissenschaftler und dergleichen – ausgerechnet! Er nennt sich Hypocras Club . Wie absurd. Warum sollte diese Sorte von Individuen einen eigenen Club brauchen? Gibt es denn dafür nicht die öffentlichen Museen?« Die Adresse ließ sie die Stirn runzeln. »Schrecklich angesagte Gegend allerdings.« Sie hielt ihrer Mutter die Seite hin. »Ist das nicht direkt neben dem Stadthaus des Duke of Snodgrove?«
    Mrs Loontwill nickte. »Ganz recht, mein Liebes. Nun, wenn dort zu jeder Tages- und Nachtzeit ein Haufen Wissenschaftler ein- und ausgeht, wird das den Grundtenor dieser Gegend natürlich verschlechtern. Die Duchess dürfte einen wahren Anfall bekommen haben. Eigentlich hatte ich vor, ihr eine Dankeskarte für die gestrige Feierlichkeit zu schicken. Aber jetzt denke ich, ich werde ihr heute Nachmittag persönlich einen Besuch abstatten. Als besorgte Freundin sollte ich mich wirklich nach ihrem emotionalen Zustand erkundigen.«
    »Wie grauenhaft für sie«, meinte Alexia bis an die Grenze ihrer Geduld getrieben, sodass sie sich einen Kommentar nicht länger verkneifen konnte. »Dass da Leute tatsächlich denken , mit ihrem Verstand, und das auch noch direkt vor der eigenen Haustür! Oh, was für ein Hohn!«
    »Ich komme mit dir, Mama«, bot Evylin an.
    Mrs Loontwill lächelte ihre jüngste Tochter an und ignorierte ihre Älteste völlig.
    Felicity las weiter. »Die neueste Frühlingsmode aus Paris fordert breite, andersfarbige Gürtel. Wie bedauerlich. An dir werden sie natürlich bezaubernd aussehen, Evylin, aber bei meiner Figur …«
    Leider dachte Alexias Mama trotz drohender Gürtel und einer Invasion von Wissenschaftlern sowie der sich bietenden Gelegenheit, sich am Unglück einer Freundin zu ergötzen, immer noch über den Toten beim Ball der Snodgroves nach. »Du warst letzten Abend auf einmal eine ganze Weile lang verschwunden,
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