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Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Titel: Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)
Autoren: Marcus Imbsweiler
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Oberbürgermeisters
und ließ eifrig sein Gebiss klappern.
    Katinka
nickte. »Haben wir.«
    Ebenfalls
nickend schob ich mir eine Lachsschnitte in den Mund. Aneinander gewöhnt, das traf
es wirklich. Ich mich an ihre staubtrockene Art, sie sich an mein Lungenpfeifen,
wenn es mal wieder bergauf ging. Eine professionelle Beziehung, so nannte man das
wohl.
    »Und der
Unbekannte ist nicht wieder aufgetaucht?«
    »Nein«,
entgegnete Katinka wie aus der Pistole geschossen. Sie wollte mir wohl unbedingt
mit der Antwort zuvorkommen. Dabei hatte ich den Mund noch voller Lachsschnitte.
In solchen Situationen muss man sich an den Lachs halten, der ist immer als Erstes
weg.
    »War ja
auch zu schlechtes Wetter«, murmelte Dr. Eichelscheid, mit den Gedanken offenbar
woanders. Die Quittung kam prompt.
    »Schlechtes
Wetter?«, brauste Katinka auf. An den Nachbartischen verstummten die Gespräche.
In gedämpfter Lautstärke, ansonsten jedoch ungebremst fuhr sie fort: »Glauben Sie,
dass sich solche Leute nach dem Wetter richten? Das will ich nicht für Sie hoffen,
Dr. Eichelscheid! Es gibt genau zwei Möglichkeiten: Entweder wollte der Mensch etwas
von mir oder meiner Familie, dann wird er zurückkommen, auch bei Regen, Eis und
Schnee. Oder er stand nur zufällig da, dann sehen wir ihn hoffentlich nie wieder.«
    Lecker,
der Rathauslachs. Und hübsch gekontert. Aber verlor Eichelscheid deswegen seine
gute Laune? Nicht die Bohne. »Sehen Sie«, lächelte er, höchstens ein bisschen angestrengter
als zuvor, »genau aus diesem Grund haben wir Herrn Koller engagiert. Damit er uns
sagen kann, welche der beiden Möglichkeiten zutrifft. Und zu Ihrem Schutz natürlich,
Frau Glück.« Harboth kam, über das ganze Gesicht grinsend, an unseren Tisch und
stellte sich neben Eichelscheid, der ihn mit einem Kopfnicken begrüßte.
    »Schön«,
sagte der Metropolitaner und schaute auffordernd in die Runde. »Sehr schön. Was
habe ich verpasst?«
    »Eine unbedachte
Äußerung meinerseits«, erklärte Dr. Eichelscheid. »Bitte, Frau Glück, vergessen
Sie einfach, was ich gesagt habe.«
    »Sie glauben
mir nicht, dass ich den Mann gesehen habe«, gab Katinka kühl zurück. »Das ist der
Punkt. Sie halten mich für überspannt und hysterisch. Für eine Mutter von zwei kleinen
Kindern, die mit dem Erwartungsdruck nicht zurechtkommt.«
    »Aber nein!«,
riefen Harboth und Eichelscheid wie aus einem Mund. Ich hatte ausgekaut und schnippte
mit den Fingern nach einer Bedienung mit vollem Tablett.
    »Hysterische
Mütter sind nichts Besonderes«, murmelte Katinka.
    »Nein, nein«,
wiederholten die beiden Herren. Und: »Bewahre!« Und: »Ganz sicher nicht!« Zwei,
drei Minuten lang wurde klargestellt, dementiert und zurechtgerückt, was das Zeug
hielt. Währenddessen schlug ich eine breite Schneise durch das Tablett mit den Schnittchen.
Als ich das jenseitige Ende erreicht hatte, waren auch die zwei durch mit ihrer
atemlosen Argumentation, um zu guter Letzt synchron und einhellig ihren größten
Trumpf ins Feld zu führen: mich.
    »Hätten
wir Herrn Koller engagiert, wenn wir Ihnen nicht glaubten?«, fragte Dr. Eichelscheid,
eine Spur gekränkt. Oder sagen wir: ein Spürchen.
    »Placebo«,
zuckte Katinka die Achseln.
    »Ein nicht
ganz billiges Placebo«, zischte Harboth leise. »Wenn ich das mal so sagen darf.«
    Ich grinste.
Natürlich durfte er das sagen. Von mir aus immer und gern. Bei einem wie Harboth
verstand man jedes Wort, auch wenn er flüsterte. Lag wohl an seiner makellosen Bezahnung.
    »Ich hab
schon die verrücktesten Rollen in meinem Leben gespielt«, warf ich ein, während
ich mir die Finger sauber leckte. »Placebo ist wirklich mal was Neues.«
    Katinka
schwieg. Sie veränderte auch ihren Gesichtsausdruck nicht. Trotz, wohin man blickte.
Nur ihre Pupillen zuckten kurz in meine Richtung, um zwei Pfeile loszuschicken,
die mich mal eben und quasi nebenbei durchbohrten. Das irritierte mich – vorsichtig
formuliert. Hatte ich schon wieder etwas Falsches gesagt? Schämte sie sich für mich?
Herrje, warum blieb sie nur so stumm?
    »Also«,
versuchte Harboth einen Schlussstrich zu ziehen, »ein für alle Mal: Wir halten Sie
ganz sicher nicht für hysterisch, Frau Glück. Und es gibt keinen Grund, an der Existenz
dieses Mannes zu zweifeln. Allerdings glauben und hoffen wir, dass es ein einmaliger
Vorfall war, der sich nicht wiederholen wird.«
    »Exakt«,
nickte Eichelscheid.
    »Und wie
lange wollen Sie ihn dann noch beschäftigen?«, fragte Katinka, ohne
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