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Glockengeläut

Glockengeläut

Titel: Glockengeläut
Autoren: Robert Aickman
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Maybury jedenfalls) verlassen.
    »Gott sei Dank«, entfuhr ihm ein Seufzer naiver Erleichterung.
    »Er holt nur Verstärkung«, stellte sie fest. »Wir werden es gleich sehen.«
    Wo blieben die anderen Gäste? Wo konnten sie sich zu diesem Zeitpunkt nur aufhalten? Nichtsdestotrotz regten sich Mayburys Geister ganz unverkennbar, und er begann, sie inniger zu liebkosen.
    Dann schienen plötzlich alle mit einem Schlag im Zimmer zu stehen, und diesmal redete und lärmte jeder.
    Sie setzte sich auf - keinesfalls überstürzt - und flüsterte, ihre Lippen dicht an seiner Ohrmuschel: »Kommen Sie später zu mir. Nummer 23.«
    Es war Maybury in dieser Situation vollkommen unmöglich, ihr zu erklären, daß er nicht daran dachte, die Nacht im Hospiz zu verbringen.
    Falkner war erschienen.
    »Und nun alle zu Bett«, rief er aufgeräumt, wodurch sich sofort die knisternde Atmosphäre entspannte.
    Maybury sah, nun nicht mehr von weiblichen Gliedern umschlungen, erneut auf die Uhr. Es schien auf die Sekunde zehn Uhr zu sein.
    Da lag zweifelsohne der Grund für die strengen Regeln. Trotzdem schien der Zeitpunkt für die Nachtruhe nach dem schweren Abendessen recht früh gewählt.
    Niemand bewegte sich, niemand sprach mehr.
    »Husch, husch, ins Bett mit euch allen«, befahl Falkner ein zweites Mal, diesmal in einem Ton, den man beinahe für schelmisch-verschmitzt hätte halten können. Mayburys Dame erhob sich.
    Nach und nach verließen alle den Raum, auch Mayburys Dame. Sie hatte kein Wort mehr gesprochen, keine Regung mehr gezeigt.
    Maybury war allein mit Falkner.
    »Lassen Sie mich Ihre Tasse abräumen«, sagte Falkner zuvorkommend.
    »Bevor ich um die Rechnung bitte«, entgegnete Maybury, »würde ich gerne wissen, wo ich hier wohl zu dieser späten Stunde noch eine Tankstelle oder eine Zapfsäule finden könnte.«
    »Ist Ihnen das Benzin ausgegangen?« erkundigte sich Falkner.
    »Beinahe.«
    »Im Umkreis von zwanzig Meilen gibt es keine offene Tankstelle. Heute nicht mehr. Hat wohl was mit unseren neuen Freunden, den Arabern, zu tun. Alles, was ich Ihnen vorschlagen könnte, ist, ein wenig Benzin vom Tank unseres Fahrzeugs abzupumpen. Es ist ein recht großes Gefährt und hat auch einen großen Tank.«
    »Ich möchte Ihnen keine Umstände bereiten.« Auch wußte Maybury nicht genau, wie man so etwas anstellte. Er hatte zwar schon davon gehört, indes war er noch nie in einer derartigen Situation gewesen.
    Der Bursche, Vincent, tauchte wieder auf, immer noch rot, dachte Maybury, obwohl der Unterschied bei einem so blühenden Teint schwer zu bestimmen war. Vincent blickte langsam auf, anscheinend ein überaus schwerwiegender Vorgang wie in altvorderer Zeit, als man herumstreichende Desperados fürchten mußte.
    »Kein Problem, Mr. Maybury«, sagte Falkner. »Unser Vincent hier kann das schnell erledigen, oder sonst jemand vom Personal.«
    »Also gut«, erwiderte Maybury, »wenn es nicht zuviel Mühe macht ...«
    »Vincent, schließ die Haustür noch nicht ab. Mr. Maybury hat vor, uns zu verlassen.«
    »In Ordnung«, brummte Vincent.
    »Also, Mr. Maybury, dann sollten wir jetzt zu Ihrem Wagen gehen, damit Sie ihn zur Rückseite des Hauses fahren können. Ich werden Ihnen den Weg zeigen. Ich muß mich dafür entschuldigen, daß es so umständlich ist, aber das andere Gefährt läßt sich nur sehr mühsam starten, vor allem nachts.«
    Vincent hatte ihnen mittlerweile die Vordertür geöffnet.
    »Nach Ihnen, Mr. Maybury«, sagte Falkner.
    So ausnehmend heiß es im Haus gewesen war, so kalt war es nun draußen. Das Flutlicht war abgeschaltet. Der Mond war ›untergegangen‹, so hieß es wohl, dachte Maybury, und offenbar sämtliche Sterne gleich mit ihm.
    Wenigstens war es nicht weit bis zum Auto. Maybury fand es bald in der undurchdringlichen Dunkelheit, wobei Falkner ihm leise auf den Fersen blieb.
    »Vielleicht sollte ich zurückgehen und eine Taschenlampe holen?« schlug Falkner vor.
    Also gab es eine Taschenlampe! Das erinnerte Maybury an die Angelegenheit mit der Firmenakte, die seinen Namen trug, und tatsächlich lag sie, als er den Wagen aufschloß, wie er vermutet hatte, auf dem Beifahrersitz, der Name gut leserlich zuoberst. Maybury beförderte den Aktenordner auf die Rückbank.
    Falkners Taschenlampe entpuppte sich als schweres Werkstattmodell, das einen weiten kalten Lichtstrahl warf.
    »Darf ich mich zu Ihnen ins Auto setzen, Mr. Maybury?« Falkner schlug die Beifahrertür bereits hinter sich zu.
    Maybury hatte schon,
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