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Glockengeläut

Glockengeläut

Titel: Glockengeläut
Autoren: Robert Aickman
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Taschenlampe hin, Taschenlampe her, die Scheinwerfer angestellt und versuchte nun, den Starter zu betätigen, der jedoch offenbar blockiert war.
    Es schien ihm weniger der Starter zu sein, mit dem etwas nicht in Ordnung war; eher schon, dachte er, stimmte mit ihm selbst etwas nicht. Das Gefühl glich aufs Haar dem eines Alptraums. Zwar hatte er diesen Handgriff hundert, ja tausend Male getan; aber jetzt, jetzt, wo es wirklich darauf ankam, konnte er es einfach nicht, hatte er schlichtweg vergessen, wie es ging. Er hatte oft schlechte Träume wie diesen gehabt. Ein Teil seines Verstandes war derart unbeteiligt, daß er sogar noch überlegen konnte, ob er nicht tatsächlich einen dieser schlechten Träume erlebte. Doch offensichtlich war dem nicht so, denn er erwachte nicht, wie man es zu tun pflegt, wenn man erkennt, daß man träumt.
    »Ich würde gerne irgendwie helfen«, bemerkte Falkner, der seine Taschenlampe ausgeschaltet hatte, »aber ich kenne mich mit Autos überhaupt nicht aus. Ich würde vermutlich eher schaden als nutzen.« Er sprach immer noch mit der gewohnten sanft-verbindlichen Stimme.
    Maybury war von neuem irritiert. Das Starten eines Wagens durfte sicherlich als die einfachste Übung im Leben eines Autofahrers gelten: In dieser Beziehung war auf die Firma Verlaß. Und doch war er sich hundertprozentig klar darüber, daß es voll und ganz an ihm lag, wenn er den Wagen nicht anlassen konnte, und nicht im mindesten an Falkner. Er glaubte, wahnsinnig zu werden. »Ich weiß nicht, was ich noch probieren könnte«, sagte er und fügte hinzu: »Wie Sie ja sagten, gibt es weit und breit keine Werkstatt.«
    »Vielleicht kann Cromie weiterhelfen«, überlegte Falkner. »Cromie ist schon recht lange bei uns, und er hat ein Händchen für Technik.«
    Niemand hätte behaupten können, daß Falkner Maybury dränge, die Nacht bei ihnen zu bleiben, ja er hatte noch nicht einmal die leiseste Andeutung in dieser Richtung fallen gelassen, wie man vielleicht hätte erwarten können. Maybury fragte sich langsam, ob das merkwürdige Etablissement nicht überhaupt ausgebucht sei. Das wäre nicht ungewöhnlich gewesen. Nicht, daß Maybury sich gewünscht hätte, die Nacht über zu bleiben - nichts weniger als das.
    »Ich möchte«, sagte er, »nicht noch jemanden mit meinen Problemen belästigen.«
    »Cromie hat Nachtdienst«, erklärte Falkner. »Cromie hat immer Nachtdienst. Dafür haben wir ihn eingestellt. Ich werde ihn rufen.«
    Er schaltete die Taschenlampe wieder ein, stieg aus dem Auto und verschwand im Haus, wobei er sorgsam die Tür hinter sich zuzog, damit die kalte Luft nicht ins Innere drang.
    Schließlich ging die Eingangstür wieder auf, und Falkner trat erneut hinaus. Er trug immer noch keinen Mantel über seinem Abendanzug, schien die Kälte zu ignorieren. Ihm folgte eine irgendwie formlose, stämmige, schlurfende Gestalt, die Maybury zunächst nur in Umrissen erblickte, wie sie im Schein des aus dem Gebäude fallenden Lichts hinter Falkner lauerte.
    »Cromie bringt das rasch in Ordnung«, sagte Falkner und öffnete die Wagentür. »Nicht wahr, Cromie?« So würde man wohl mit einem gutartigen Jagdhund reden.
    Doch Cromie hatte, das spürte Maybury instinktiv, nur wenig Gutartiges an sich. Maybury mußte sich eingestehen, daß er Cromie sofort beängstigend fand, auch wenn man zugegebenermaßen im Augenblick wenig von Cromie sah.
    »Nun, Mr. Maybury, was genau ist denn nicht in Ordnung?« wollte Falkner wissen. »Sagen Sie’s Cromie einfach!«
    Falkner hatte sich nicht wieder in den Wagen gesetzt; statt seiner zwängte sich nun Cromie hinein und füllte den Beifahrersitz, auf dem Angela sonst saß, vollends aus, ganz dicht an Maybury herangerückt. Er schien wirklich ein sehr schwerer, übergewichtiger Mensch zu sein; doch Maybury zog es ganz bewußt vor, ihn nicht anzusehen, obwohl das trüb rückflutende Scheinwerferlicht ihm einen Blick ermöglicht hätte.
    Maybury mochte nicht zugeben, daß er aus irgendeinem beschämenden Grund nicht in der Lage war, den Anlasser zu betätigen, so daß er zu behaupten gezwungen war, etwas sei damit nicht in Ordnung. Er konnte nicht umhin, Cromies riesige, arg verunstalteten gelben Pranken zu sehen, als jener mit beiden Händen an dem Knopf zog und zerrte und ihn mit solcher Gewalt wieder hineindrückte, daß Maybury ausrief: »Nicht so fest! Sie machen ihn ja noch kaputt!«
    »Vorsichtig, Cromie«, mahnte Falkner von draußen. »Cromie erledigt meist nur grobe
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