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Glaube, Liebe, Mafia: Ein Fall für Josif Bondar

Glaube, Liebe, Mafia: Ein Fall für Josif Bondar

Titel: Glaube, Liebe, Mafia: Ein Fall für Josif Bondar
Autoren: Mark Zak
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Polizistin erscheint im Gang:
    »Flüchtling Bondar, Sie sind festgenommen!«
    Die Stimme kommt Josif bekannt vor. Er begreift, das ist Judith in Uniform. Sie verlassen das Flugzeug über eine Notrutsche. Josif merkt, dass ihm das Rutschen Spaß macht, und wundert sich, dass er seit seiner Kindheit nicht mehr gerutscht ist. Die Rutsche endet im Polizeiwagen. Es ist ein pinkfarbener Lamborghini. Das Auto fährt los. Vorn sitzt Jurij. Seine Hände sind mit KGB-Handschellen ans Lenkrad gefesselt. Um den Hals trägt er ein Hundehalsband, das mit einer Kette am Schaltgriff befestigt ist. Zum Schalten muss er seinen Hals und seinen Oberkörper schlangenartig wie eine indische Tänzerin bewegen. Er hat ein rotes Kleid an. Jurij beginnt seine Lebensgeschichte zu erzählen:
    »In meinem anderen Leben war ich eine Primaballerina am Bolschoi-Theater, das wissen aber die wenigsten. Der KGB hat mich da reingeschleust …«
    Heidi, die neben ihm sitzt, zischt ihn an:
    »Ruhe, du kaputter sowjetischer Panzer! Noch ein Wort und ich ziehe dir das Stöckchen aus dem Popo!«
    Jurij verstummt.
    Judith sitzt neben Josif. Ihr fünf Meter langer Zopf hat sich wie eine Liane um ihn geschlungen. Josif genießt die Wärme ihres Körpers.
    »Wo fahren wir hin, Judith?«
    »Wir fahren zur Hinrichtung, Josif. Wir sind das Exekutionskomitee.«
    »Wer wird hingerichtet?«
    Judith spricht mit Duktus und Pathos einer kommunistischen Funktionärin bei einer Parteiversammlung:
    »Feiglinge, die eine pathologische Angst haben, dem Leben zu vertrauen.
    Geizhälse, die ihren Weltschmerz und ihre Panikattacken nicht abgeben wollen.
    Ignoranten, die nicht begreifen, dass das Leben kein Kartenspiel ist, sondern ein Geschenk.«
    Jurij schlägt dreimal mit dem Kopf auf die Hupe. Die Hupe tutet wie ein Schiffshorn.
    »Josif Bondar ist in allen drei Punkten schuldig gesprochen!«, singt jetzt Judith mit tiefer Stimme wie ein Pope in der orthodoxen Kirche und bekreuzigt Josif. Das Bekreuzigen geht in Streicheln über. Gleichzeitig kommen ihre Lippen den seinen immer näher. Er spürt ihren Atem, der ungewohnt nach Zigaretten riecht, öffnet den Mund zum Küssen … und macht die Augen auf.
    Der Kaiser-Wilhelm-Schnurrbart-Beamte beugte sich über Josif und schüttelte ihn heftig:
    »6.10 Uhr. Aufstehen. Hast den Gong nicht gehört? Dachte schon, du bist zu Petrus abgehauen.«
    4
    Am Samstag stand Judith um sieben Uhr auf und setzte sich mit einem Milchkaffee auf den Balkon. Es war angenehm kühl. In der Nacht hatte es endlich geregnet, und das Wasser hatte den Staub, den Dreck, die drückende Schwüle der letzten Wochen weggewaschen. Judith fiel auf, dass die Bäume bereits begonnen hatten, sich gelb zu verfärben. Auf einmal roch es nach Herbst.
    Judith war ausgeschlafen und fühlte sich frisch und klar.
    Sie fuhr ins Büro, öffnete ein Fenster und schaute aus dem achten Stock hinab auf die Stadt. Übermorgen, am Montag, sollte sie wohl für mindestens ein halbes Jahr ihren letzten Arbeitstag haben. Sie wunderte sich, dass der Gedanke daran bei ihr keinerlei Trennungsschmerz verursachte.
    Sie rief Pechstein an:
    »Wendel, Mordkommission. Herr Pechstein, am Montag gehe ich in Urlaub und übergebe den Fall Hiller an die Kollegen. Bei der Sichtung der Unterlagen habe ich leider feststellen müssen, dass Ihre Zeugenaussage nicht unterschrieben wurde. Hätten Sie morgen Zeit, kurz in mein Büro zu kommen? Ich kann Sie auch gerne abholen lassen.«
    Am anderen Ende der Leitung hörte sie Pechsteins genervtes Ausatmen.
    »Lässt sich das nicht vermeiden?«
    »Leider nicht. Der Fall kann ohne Ihre Unterschrift nicht abgeschlossen werden.«
    »Ich komme morgen um elf Uhr. Auf Wiederhören.«
    Dann rief Judith im Gefängnis an.
    »Wendel hier. Können Sie bitte Josif Bondar morgen um 10.30 Uhr zu mir ins Präsidium zum Verhör überführen? Danke.«
    5
    Pünktlich um elf klopfte Pechstein an die Tür und trat ein. Judith gab ihm die Hand und begleitete ihn zum Schreibtisch von Jan.
    »Setzen Sie sich bitte. Ihre Aussage habe ich bereits ausgedruckt. Sie liegt auf dem Tisch, Sie brauchen nur zu unterschreiben.«
    Judith trat hinter ihren gegenüberstehenden Tisch und stellte sich neben den Drehstuhl, der mit der hohen Rückenlehne zum Tisch gedreht war.
    »Lesen Sie bitte laut vor, Herr Pechstein, ob das Geständnis in Ihrem Sinne ist!«
    Pechstein nahm das Blatt in die Hand und las vor:
    »Ich, Hans Pechstein, lege heute ein Geständnis ab. Der Mord an Anna Hiller ist in
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