Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glatze mit Sommersprossen

Glatze mit Sommersprossen

Titel: Glatze mit Sommersprossen
Autoren: Wolfgang Ecke
Vom Netzwerk:
Zusammenhänge zwischen dem Lärm und seinem Auftauchen. Zuerst startete er eine Tonbandmontage mit zwei Minuten Vorlauf und anschließendem Krach. Während des Vorlaufs rutschte er an der Dachrinne herunter, und als wir aufgrund der Geräusche unsere erschrockenen Hälse reckten, kletterte er zum vorher entriegelten Fenster herein. Na, Philip, war es so?“
    Philip sah mich an, und er nickte. Eine Spur widerwillig. ,.Genau so...“Und als habe er Großmutters Worten bisher nicht so richtig Glauben geschenkt, fuhr er fort: „Sie sind also ein echter Detektiv!?“
    „Bin ich!“ erwiderte ich und begegnete, gefaßt auf seine nächste Attacke, seinen noch immer mißtrauischen Blicken. „Und wo ist der Ballermann?“ fragte er.
    „Aber Jojo!!!“ stieß Frau Mallinger entsetzt hervor, und aus dem Hintergrund ertönte Idas Stimme: „ich hole neue Buttermilch!“ Die Tür klappte.
    Ich griff in die Tasche, holte Kunigunde hervor, ließ sie zweimal um meinen Finger rotieren und wieder verschwinden.

    „Um Gottes willen!“ hörte ich es leise neben mir stöhnen. Jojo nickte anerkennend. „Das kann ich auch. Darf ich mal?“ Ich gab ihm einen Klaps auf die ausgestreckte Hand.
    „Ein echter Meisterdetektiv trennt sich keine Sekunde lang von seinem Blasröhrchen, mein Sohn!“
    Jojo umrundete mich einmal langsam. Er schien das im Museum gelernt zu haben. Das Ergebnis gab ihm sichtbar Rätsel auf. Trotzdem muß ich gestehen, daß Philip ein Junge war, der vom ersten Augenblick an meine Zuneigung gewonnen hatte. Sollte ich je Vater werden, dann würde ich mir beim lieben Gott so ein Exemplar bestellen. Seine Art, mit den Augen zu sprechen, hatte etwas Unwiderstehliches.
    Jetzt hielt er wieder vor meiner Frontseite. „Sie sehen gar nicht aus wie ein Detektiv!“
    „Jojo!!!“ schnaubte Großmutter Agathe, und mit einem resignierten: „Es ist hoffnungslos...“ ließ sie sich in den nächstbesten Sessel sinken.
    „Aber er hat durchaus recht!“ belehrte ich sie, und zu Jojo: „Das ist mein Vorteil, Philip. Bei meinen Kollegen, die schon von weitem wie tolle Detektive aussehen, drehen die Verdächtigen eine schnelle Kurve und hinterlassen nur ihren Geruch. Bei mir ist das anders. Wer denkt bei einem so kleinen, dicken Männchen schon an Gefahr? Keiner! Die denken, der hat den Verstand vielleicht im Bauch, sonst wäre der nicht so rund. Na ja, und bevor die Spitzbuben sich versehen, sehen sie durch Gitter.“
    „Und wenn Sie mal hinter einem herrennen müssen?“ wollte Philip wissen.
    Ich tippte gegen meinen Kopf. „Die meisten Fälle löse ich hiermit. Das Rennen überlasse ich den Rennern.“
    „Aber im Fernsehen wird immer gerannt und verfolgt.“
    Ich nickte. „Wenn sie dann an der linken Seite vom Fernsehapparat herauskommen, stehe ich da und sammle sie ein!“
    Philip lachte ein helles, fröhliches Lachen, und die Großmutter schöpfte neue Hoffnung. „Bitte, Herr Pfiff, nehmen Sie doch wieder Platz!“ sagte sie und stand selbst wieder auf. „Ich gehe inzwischen mal nachsehen, wo Ida mit der Milch bleibt.“
    Im Bewußtsein, die erste Hürde genommen zu haben, machte ich es mir im weichgefederten gelben Plüsch bequem. Kaum hatte sich die Tür hinter Frau Mallinger geschlossen, trat Philip vor mich hin, verzog das Gesicht zu einem verschmitzten Grinsen und behauptete: „Ich kann Mistkäfer verschlucken!“
    Ich grinste zurück. Allerdings im Zwiespalt der Gefühle. Schließlich war ich, ei der Daus, nicht nur ein Freßsack, sondern auch ein Feinschmecker.
    Jojo mußte meine Zurückhaltung wohl als Ungläubigkeit verstanden haben, denn seine rechte Hand fuhr plötzlich in die Hosentasche. Als er sie mir anschließend unter die Nase hielt, krabbelte darin ein riesiger, blauschwarzer Mistkäfer von Nord nach Süd. Noch bevor ich meinen ganzen geballten Ekel hinunterschlucken konnte, war es geschehen: Jojo hatte den Mistkäfer im Mund verschwinden lassen, und ich hörte ein leises Knirschen.
    Heiliges Kanonenröhrchen, wenn’s einem Meisterdetektiv wie mir schlecht wird, wird’s ihm richtig schlecht. Doch Jojo, der Musterknabe, ließ mir nicht mal Zeit zum Schlechtwerden. „Eins zu Null für mich!“ sagte er, griff zufrieden auf meine Schulter und rettete den Mistkäfer vorm Absturz.
    „Er heißt Hugo, wie mein Deutschlehrer. Sie sind der neunzehnte, der auf den Trick reingefallen ist!“ freute sich Jojo, und ich nahm mir in dieser Sekunde vor, niemals mehr zu vergessen, daß er der Sohn eines
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher