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GLÄSERN (German Edition)

GLÄSERN (German Edition)

Titel: GLÄSERN (German Edition)
Autoren: Rona Walter
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wiedergefunden hatte.
    Ich wischte ihre Berührung fort. »Du hast sie zuerst mit ganzer Kraft zerstört und danach ausgemerzt. Du hast gewonnen, Eirwyn. Wie weit willst du noch gehen?«
    Sie sah mich überrascht an. Es war, als würde sich ein Schleier lüften, und ich erkannte nun deutlich das eiserne Herz in ihrer Brust, kalt und unnachgiebig wie der Tod selbst. Ich fühlte das meine, zerbrochene, das träge weiterhin Blut durch meine Venen presste, und begriff, dass ein stählernes Herz gegenüber jenem aus Eis, wie das meiner Herrin, nicht brechen kann. Und es wird sich niemals erweichen lassen. Ein leichter Wind strich durch den Garten und trug ein wenig Asche mit sich. Er wirbelte sie um uns herum und trug sie durch die Luft, die wir alle einatmeten.

    Bleierne Stille machte die Atmosphäre im Raum schwer. Als die Schaulustigen endlich gen Mitternacht abgezogen waren, saß ich mit dem frischen Brautpaar und einer Armada von deutschen und unbedarft neuen Servants im großen Salon. Niemand sprach, das Hauspersonal hielt die Blicke gesenkt, während Eirwyn und ihr Mann der Reihe nach jeden der stehenden Bediensteten musterten.
    Kieran, der neue Herr von Amaranth Manor, wenn er auch den Titel eines Grafen nie erhalten konnte, räusperte sich zuerst und sprach aus, was ich insgeheim erhofft hatte. Doch es war, als stünde ein Fremder vor mir, und ich wagte nicht, den Blick zu heben.
    »Meine Frau und ich haben beschlossen, Haus Amaranth noch in den kommenden Morgenstunden zu verlassen.«
    Es wurden hastig ängstliche Blicke gewechselt. Viele von ihnen würden sich nun wieder neue Arbeit suchen müssen. Ich lächelte angesichts dieser Trivialität in mich hinein. Mit welchem Nonsens sich der Mensch doch alles zu befassen gedachte … dabei spielte nichts davon eine Rolle.
    »Der Graf wird uns nach Deutschland auf Gut Waldeck begleiten. Wir sorgen dort für ihn und diejenigen von euch, die uns begleiten möchten, sind natürlich willkommen.«
    Nun war das Interesse der neuen Servants ebenfalls geweckt. Skeptisch warteten sie darauf, dass ihr neuer Hausherr fortfuhr. Einen Haken hatte das Versprechen eines Adeligen schließlich immer, und die Neureichen sind diesbezüglich die Übelsten ihrer Sorte.
    »Gut Waldeck ist uns zur geliebten Heimat geworden, daher möchten wir dieses Anwesen hier …«, er deutete rundum, »… weitestgehend aufgeben.«
    Wohl eher eine Gruft, mit all seinen düsteren Geheimnissen und dunklen Gespenstern. Sie besprachen noch, dass alle Möbel hierbleiben sollten, und Kieran schrieb alle auf einen Zettel, die sich der Abreise anschließen wollten. Ich hingegen schwieg während der gesamten Sitzung und hätte es gern für immer getan. Einige Male blickten mich Eirwyn und Kieran an, als ob sie auch auf mein Anschließen hofften.
    Als ich den anderen dann nach draußen folgen wollte, rief Eirwyn mich zurück: »Frederick, wir wissen, dass du Giniver nicht hier lassen möchtest.«
    Sie machte eine Pause und nach all den Erlebnissen sinnierte ich, dass sie mir gleich vorschlagen würde, meine Freundin auszugraben und mit ihr in einem Köfferchen ebenfalls überzusiedeln.
    »Daher«, unterbrach sie meine Gedanken, »möchte ich … möchten wir, dass du über Gut Amaranth verfügst. Du kannst damit verfahren, wie du willst. Es ist dein. Ich glaube, das ist die beste Lösung für alle von uns.«
    Ich blinzelte sie erstaunt an. Natürlich entging mir nicht, dass ich abgeschoben wurde. Dennoch war ich erleichtert, nicht auf die dreckigen Straßen im Dorf zurückkehren zu müssen. Unverzüglich nickte ich daher und wir besiegelten unser Abkommen mit einer steifen Umarmung, die mich anwiderte, und mit einer Signatur, die ich mit meinem Herzblut schrieb.
    »Da ist noch etwas.« Sie schielte zu Kieran hinüber, der sich eilig zurückzog und wortlos, aber mit Nachdruck die Salontür hinter sich schloss.
    Sie setzte sich auf die Bank am Fenster und zögerte. Das tat sie in letzter Zeit häufig. Es kam mir fremd vor an ihr. Ich fragte mich, ob ich sie nun überhaupt je wieder kennen sollte – und ob es in meinem Interesse lag.
    »Setzen wir uns«, sagte sie und klopfte auf die tiefen Polster. »Ich muss dir etwas sagen. Es ist schwer, aber ich glaube, wir sollten ohne Geheimnisse voneinander scheiden.«
    Nun, Geheimnisse gab es ohnehin genügend zwischen uns. Warum also dieses eine nicht gleich mit den anderen zusammen begraben? Ich hatte mich in allem und jedem getäuscht, war als Witzfigur durch die halbe
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