Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glaenzend

Glaenzend

Titel: Glaenzend
Autoren: Emma Green
Vom Netzwerk:
wahrhaftig trunken vor Glück. Und ich glaube, sagen zu können, dass ich Gabriel noch nie so glücklich gesehen habe. Das ist so außergewöhnlich, dass ich darüber beinahe die Sache mit Silas vergessen könnte, um seine Lebensfreude und Heiterkeit, die sich auf mich übertragen, vollends zu genießen.
    Du träumst nicht, der unbezwingbare Diamonds trällert unter der Dusche …
    Ich glaube, ein Lied von Elton John zu erkennen. Als ich genauer hinhöre, verstehe ich durch die Türe einige Worte: „How wonderful life is while you’re in the world.“ Plötzlich erhellt schwaches Licht die Dunkelheit des Zimmers und ich sehe, dass sich Gabriels iPhone durch die Vibration auf dem Nachttischchen bewegt. Virgiles Vorname und sein Foto sind auf dem Bildschirm sichtbar, ich zögere kurz und beschließe, das Gespräch anzunehmen.
    „Hallo?“
    „Hallo?"
    „Wer ist da?“
    „Amandine. Gabriel duscht gerade.“
    „…“
    „Virgile, bist du noch dran?“
    „…“
    Ich staune immer wieder über diesen Jungen. Ich weiß nicht, ob er genauso gepeinigt wie sein Vater, genauso menschenfeindlich wie seine Tante Céleste oder einfach nur schlecht erzogen ist, doch seine Reaktionen entsprechen niemals meinen Erwartungen. Ich versuche, daran zu denken, dass er erst 13 Jahre alt ist, dass ich ihm gegenüber die Erwachsene und Reife sein sollte und dass er einen verdammt miesen Start ins Leben gehabt hat.
    „Warte einen Moment, ich gebe dir deinen Vater gleich.“
    „Silas hat es versprochen! Keine andere Frau! Niemals! Niemand wird den Platz meiner Mutter einnehmen, das hat er mir versprochen! Er ist schuld, dass sie tot ist! Ich hasse ihn, ich will nicht, dass er mein Vater ist! Er soll sterben! Und du auch!“
    Wie bitte?
    Ich bin hin- und hergerissen zwischen Panik, Wut und dem Mitleid, das ich für dieses Kind empfinde. Innerhalb von nur einer Stunde haben zwei Mitglieder des Diamonds-Clans mich bedroht und dann einfach weinend aufgelegt. Ich lege das Telefon an seinen Platz zurück und versuche, das unlösbare Puzzle in meinem Geiste zu vervollständigen. Wer könnte es einem Mann, der so jung zum Witwer wurde, wünschen, sich niemals wieder zu verlieben? Wer würde einem Kind eine so schwere Last aufbürden wollen? Welche Art von Versprechen, so symbolisch es auch sein mag, hält nach so vielen Jahren noch immer? Welche Familie könnte so lange freiwillig in Trauer und Schmerz leben wollen? Was war so besonders an Eleanor, dass sie auch 13 Jahre nach ihrem Tod noch immer so präsent bleibt? Und, vor allem, welche Rolle spielte mein mysteriöser Gabriel beim Selbstmord seiner Verlobten, sodass sein Sohn ihn dafür verantwortlich macht?
    Ich weiß, vermutlich besser als jeder andere, wozu er fähig ist. Er wäre zu absolut allem fähig. Im Guten wie im Schlechten. Aber eine Frau, die er über alles geliebt hat, in den Suizid zu treiben? Ich glaube keine Sekunde lang, dass er sie ermordet haben könnte, doch wer weiß, welchen Einfluss er auf sie hatte, in welchen geistigen Zustand er sie versetzen konnte, welche physischen und psychischen Grenzen er sie immer und immer wieder überschreiten ließ?
    Um Gottes willen – ich habe das Gefühl, ich spreche über mich selbst … Vielleicht hat Silas ja doch recht. Und auch Camille. Und Marion und Tristan. Und alle anderen, die mich schützen wollen. Vielleicht sollte ich aufhören, weiter danach zu bohren. Ich habe immer mehr Angst vor dem, was ich finden könnte.
    Gabriel kommt aus dem Badezimmer zurück, ein blassblaues Badetuch um die Hüften geschlungen. Seine Haare sind nass und ganz durcheinander, seine perfekt definierten Bauchmuskeln und der Ansatz seines Schambereichs sind furchtbar sexy. Wenn meine Augen sich doch nur auf etwas anderes konzentrieren könnten als auf seine unwiderstehliche Schönheit … Ich würde einiges dafür geben, um zu erfahren, was sich im Inneren dieses Apollons wirklich verbirgt. Der Teufel in Person?
    „Ich liebe diesen Song … Entschuldige, hast du etwas gesagt?“
    „Nein, dein Sohn hat angerufen.“
    „Habt ihr einander besser kennengelernt?“
    „Rat mal … Hältst du das wirklich für möglich?“
    „Warum nicht? Mich konntest du doch auch zähmen …“
    „Warum muss immer alles so kompliziert sein?“
    „Du scheinst beunruhigt zu sein, bittere Amande.“
    „Ich bin einfach nur müde.“
    „Okay. Weißt du, was Virgile wollte?“
    „Du solltest ihn zurückrufen.“
    Ich beende dieses Gespräch, rolle mich auf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher