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Glaenzend

Glaenzend

Titel: Glaenzend
Autoren: Emma Green
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meine Seite des Bettes und drehe Gabriel den Rücken zu. Ich kann sicherlich nicht einschlafen, doch ich werde zumindest so tun.
    In dieser ersten Woche in meinem neuen Apartment erlebe ich ein Gefühlschaos. Ich bin glücklich, dass mir diese große und gemütliche Wohnung, die ich schon jetzt liebe, gehört, habe jedoch gleichzeitig jedes Mal Angst, wenn ich an Gabriel, Silas und Virgile denke – und vor allem an Eleanor und all die Geheimnisse, die sich um sie ranken. Glücklicherweise habe ich mich, während mein Milliardär mit Verhandlungen für lukrative Verträge beschäftigt ist, mit dem Ausräumen meines alten Apartments und dem Umzug in meine neue Wohnung abgelenkt. Die Zeit seit meinem Abschluss und dem Ende meines Praktikums ist unheimlich schnell vergangen, ich hatte nicht einmal die Zeit, etwas von meinem derzeitigen Müßiggang oder von der Einsamkeit mitzubekommen. Marion und Tristan sind so oft bei mir, dass man schon meinen könnte, sie wohnen hier. Sie sind so einfach und locker, das tut mir unheimlich gut. Zwar versuchen sie immer noch etwas ungeschickt, mich dazu zu bringen, Gabriel zu verlassen, doch sie unterstützen mich zumindest dabei, auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben und über meine Situation nachzudenken. Tristan ist so motiviert wie noch nie, die ganze Wahrheit über die Affäre Diamonds/Fitzgerald herauszufinden.
    An diesem Samstagabend ist Marion mit einer Internetbekanntschaft ausgegangen, um nach ihrer Trennung von Silas, wie sie selbst sagt, „den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben“. Tristan hingegen sitzt noch immer mitten in meinem Salon auf dem Boden, sein Laptop liegt auf dem Schoß und Dutzende Blatt Papier, auf die er mit seiner für umgelernte Linkshänder typischen Schrift kritzelt, liegen um ihn herum verstreut. Er hackt auf die Tastatur ein und kaut am Bügel seiner Brille, die er nur beim Arbeiten trägt und ständig auf- und absetzt. Ich liebe es, wenn er so konzentriert ist, dass er die Augenbrauen hochzieht, wenn er meint, dass er der richtigen Information auf der Spur ist. Tristan ist nicht nur süß, wie ich es ihm immer wieder sage, sondern er strahlt auch einen Charme aus, dessen er sich selbst überhaupt nicht bewusst ist. Es ist der Charme der intelligenten jungen Männer, die niemanden an der Nase herumführen, spontan lachen und liebenswerte kleine Macken haben, die niemals vorhersehbar sind. Ich kenne ihn seit Jahren, doch ich liebe es, ihm zuzusehen, wenn er ganz oben auf seinem Kopf ein braunes Haarbüschel zwirbelt oder seine Augen mit den Handflächen reibt, wenn er müde ist. Als wir Teenager waren, war ich total beeindruckt von ihm, ich war so richtig in ihn verknallt und habe Marion im Vertrauen gesagt, dass ich ihren Bruder gerne heiraten will, wenn wir erwachsen sind. Bei dieser Erinnerung muss ich lächeln, und ich denke wehmütig an die Vergangenheit zurück, auch wenn ich froh bin, dass wir heute miteinander befreundet sind. Ich schlürfe meinen koffeinfreien Kaffee und sehe ihn zärtlich an.
    Tristan fühlt sich beobachtet und sieht zu mir hoch, während er seine Brille zum x-ten Mal abnimmt. Er wird verlegen, sieht mich prüfend an und beschließt zu sprechen, weil er die Stille nicht erträgt:
    „Woran denkst du gerade?“
    „An unsere Kindheit. Sie scheint schon so weit weg zu sein.“
    „Na ja, mit deinen 23 Jahren wird es wirklich schon langsam Zeit, dass du heiratest und ein paar Kinder kriegst …“
    „Bei Gabriel ist das schlecht ausgegangen!“
    „Ähm … Das muss ja … bei mir nicht so sein.“
    „Was? Was hast du gerade gesagt?“
    „Ich würde dich gerne heiraten und Kinder mit dir kriegen.“
    „Das ist nett von dir, danke. Wenn ich mit 40 immer noch eine alte Jungfer bin, dann komme ich gerne darauf zurück. Abgemacht.“
    Ich halte ihm die Hand hin und warte darauf, dass er einschlägt, um diesen Pakt zu schließen. Dann nimmt er sie, lässt sie jedoch nicht los. Offenbar kostet es ihn eine übermenschliche Überwindung, als er mir mit seinen haselnussbraunen Augen in meine Augen sieht und tief einatmet, um schließlich zu sprechen:
    „Ich habe jetzt gemeint. Wir verstehen uns doch gut, oder nicht? Ich fühle mich wohl hier. Bei dir, meine ich. Puh … Ich weiß nicht, ob es eine richtige Art und Weise gibt, das zu sagen, ich komme sicherlich ohnehin armselig rüber. Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt. Ich liebe, wer du bist. Ich liebe es, wenn du deine Haare rasch mit einem Stift zu einem
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