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GK283 - In den Katakomben von Wien

GK283 - In den Katakomben von Wien

Titel: GK283 - In den Katakomben von Wien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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Der Junge machte einen schnellen Schritt vorwärts. Er streckte die Hand aus, um nach dem Knochenmann zu greifen. Er rechnete damit, daß seine Finger ins Leere fahren würden.
    Doch die Fingerspitzen berührten den eiskalten Brustkorb. Das Skelett schlug augenblicklich zu. Viktor Peyerl sah die Knochenfaust auf sein Gesicht zurasen. Er nahm den Kopf hastig zur Seite, war aber nicht schnell genug.
    Der harte Schlag riß ihn von den Beinen. Er fiel. Seine Freunde schrien erschrocken auf. Sie wichen verstört zurück. Bednar biß sich auf die Lippen. Frassl legte zitternd die Hände auf seine Wangen.
    Sie sahen, wie der Knochenmann über ihren Freund herfiel und mit seinen bleichen Fäusten auf ihn einschlug.
    »Aufhören! Um Himmels willen, hör auf!« krächzte der Junge.
    »Großer Gott, er erschlägt ihn!« stieß Georg Frassl entsetzt hervor. »Wir müssen ihm helfen!«
    »Wie denn?« fragte Peter Bednar mit vibrierender Stimme.
    Frassl stürzte sich auf den Geist. Er fiel ihm in den Arm, bekam einen Tritt, der ihn gegen die Hausmauer warf.
    Ein heftiger Schmerz raste durch seinen Brustkorb. Bednar erging es nicht besser. Er flog nach der anderen Seite davon, als er es wagte, das Gespenst anzugreifen. Erst als Viktor Peyerl beinahe ohnmächtig war, ließ der Knochenmann von ihm ab.
    Er öffnete die leuchtenden Kiefer und stieß ein höhnisches Gelächter aus, ehe er sich vor den schreckgeweiteten Augen der Jugendlichen von einer Sekunde zur anderen in Luft auflöste.
    ***
    Nun zog Arik Speer unsichtbar durch die Stadt. Es freute ihn, daß er diesen Jugendlichen das Fürchten beibringen konnte. Die würden von nun an anders als bisher über Gespenster denken, und wenn ihnen wieder einmal eines begegnen sollte, würden sie in namenlosem Grauen Reißaus nehmen.
    Arik Speer durchquerte den Stadtpark. Er kam am Johann-Strauß-Denkmal vorbei, sah auf einer Bank ein Pärchen sitzen, pirschte sich heran und belauschte die beiden eine Weile.
    Das Mädchen spürte seine Nähe. Es war ein hübsches Kind mit nußbraunem Haar und dunklen Augen. Sie bat ihren Freund unvermittelt, den Park zu verlassen. Er wollte sie überreden, noch zu bleiben, doch das Mädchen war dazu nicht zu bewegen.
    Widerwillig ging der Junge mit ihr. Arik Speer lachte. »Sie hat mich bemerkt«, sagte er belustigt. »Sie hatte es im Gefühl, daß es hier plötzlich nicht mehr geheuer war.«
    Der Geist verließ den Park. Er erblickte einen Taxistandplatz und hielt darauf zu. Zwei Taxifahrer standen neben den Fahrzeugen und unterhielten sich miteinander.
    Der eine sagte soeben: »Langsam stinkt es mir. Ich hasse den Nachtdienst. Ich bin kein Nachtmensch, verstehst du? Mir fehlt der Schlaf. Ich kann am Tag kaum schlafen. Das macht mich ganz fertig.«
    »Warum sagst du das nicht deinem Chef?«
    »Glaubst du, ich hab’ darüber erst einmal mit ihm gesprochen?«
    »Was meint er dazu?«
    »Ich kann mir ja was anderes suchen, wenn es mir bei ihm nicht gefällt. Der blöde Hund will mich loswerden, möchte mich aber nicht hinausschmeißen. Er legt es darauf an, daß ich von selbst gehe. Aber die Freude mach’ ich ihm nicht. Weißt du, was schön wäre?«
    »Was?«
    »Wenn man eine eigene Konzession hätte. Wenn man sein eigener Chef wäre. Dafür würde ich vieles in Kauf nehmen. Aber woher soll ich das nötige Startkapital nehmen?«
    »Hast du dich schon mal nach einem Kredit erkundigt?«
    »Hab’ ich.«
    »Und?«
    »Bin schon zu alt dafür.«
    Arik Speer erreichte die beiden Taxifahrer. Der eine fröstelte sofort. »Spürst du das auch?«
    »Was?« fragte der andere.
    »Diesen kalten Hauch. Und es riecht wie in einer Gruft.«
    Der andere lachte. »Du spinnst ja.« Arik Speer trat an den Mann, der soeben gesprochen hatte. Er wollte sich eines Wirtskörpers bemächtigen und führte sein Vorhaben auch sofort aus.
    Er drang in den Leib des bulligen Taxilenkers ein und beherrschte von diesem Augenblick an dessen Geist. Alles Tun dieses Mannes wurde nunmehr von Arik Speer bestimmt. Der Taxifahrer sagte kein Wort mehr.
    Er wandte sich um und setzte sich in seinen Wagen, einen cremefarbenen Mercedes. Sein Kollege schaute ihm entgeistert nach. »Sag, was ist denn plötzlich in dich gefahren? Warum läßt du mich hier stehen und setzt dich in deinen Wagen? Wenn du dich nicht mehr mit mir unterhalten willst, kannst du mir das doch sagen, oder?«
    Der Besessene gab keine Antwort.
    Mit finsterer Miene startete er den Motor.
    Sein Kollege schüttelte empört den Kopf.

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