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GK0144 - Die Todesgondel

GK0144 - Die Todesgondel

Titel: GK0144 - Die Todesgondel
Autoren: Jason Dark
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die Ausmaße eines Kinosaals.
    Wuchtige Steinsäulen stützten die Decke, die mit feuchten Stockflecken überzogen war. Die dicken Steinmauern zeigten Risse und hatten im Laufe der Jahrhunderte eine graue Farbe angenommen, bestehend aus Schmutz, Staub und Spinnweben.
    Es gab keine Fenster, und das flackernde Licht der Kerzen, die in dem wagenradgroßen Ring des prächtigen Kronleuchters steckten, reichte längst nicht aus, um alle Ecken und Winkel der Halle zu erleuchten.
    Die Luft war verbraucht und stickig. Sie paßte zu der morbiden Atmosphäre, die diese Halle ausströmte. Es roch nach Verfall und Verwesung. Sogar der einst so kostbare Marmorboden hatte eine glanzlose, stumpfe Farbe angenommen. Fußabdrücke hatten den Marmor gezeichnet, und in einer Ecke des Saales war der Boden kurzerhand aufgebrochen worden.
    Die Halle war Teil eines über sechshundert Jahre alten Patrizierhauses, das von zwei Kanälen begrenzt wurde und zwischen unzähligen alten Häusern klebte.
    Die Kanäle flossen an der West- und Nordseite des Hauses vorbei, und es gab auch mehrere direkte Zugänge zum Wasser. Zwei andere Häuser begrenzten mit ihren Mauern die Süd- und Westseite. Die Häuser waren zum Teil bewohnt und durch zahlreiche Türen und Gänge miteinander verbunden und ineinander verschachtelt. Außerdem gab es Verbindungswege zu anderen Bauten, diese hatten wiederum geheime Gänge und Schlupfwinkel, so daß man praktisch diesen Stadtteil Venedigs durchqueren konnte, ohne einmal einen Fuß nach draußen auf eine Gasse oder Brücke zu setzen. Es war schon ein wahres Labyrinth, und wer hier gejagt wurde und sich nicht auskannte, war rettungslos verloren.
    Dieses Gemisch aus verfallenen und bewohnten Häusern bildete einen idealen Schlupfwinkel für die Bande des Goldenen Löwen.
    Der Goldene Löwe war ein Begriff in Venedig. Flüsternd nur wurde sein Name genannt. Einige Leute glaubten, daß er gar nicht existierte. Das waren meistens Polizisten, die lieber ihre Ruhe haben wollten. Doch wenn morgens manchmal die Leiche eines jungen Mädchens aus einem der Kanäle gefischt wurde, dann wurden auch die Polizisten mit dem Goldenen Löwen konfrontiert.
    Nachforschungen waren bisher immer im Sande verlaufen. Die Mitglieder des Geheimbundes hielten stärker zusammen als die Gangster der Mafia. Jeder konnte praktisch zu dem Geheimbund gehören, auch der beste Nachbar, und die einzelnen Mitglieder verstanden es stets geschickt, ihre Identität zu verbergen. Es ging das Gerücht um, daß auch Angehörige der venezianischen Oberschicht dem Goldenen Löwen hörig waren. Aber niemand wußte etwas Genaues.
    Der Goldene Löwe!
    Er bildete den Mittelpunkt der Halle. Eine mannshohe Statue, die die Gestalt eines Menschen hatte und auf einem marmornen Sockel stand.
    Das Licht der Kerzen spiegelte sich auf der Oberfläche der goldenen Figur, überwarf sie mit tanzenden Schatten und gab ihr ein dämonisches Aussehen.
    Der Goldene Löwe war ein Dämon.
    Und er lebte!
    Es war ein grausames, finsteres Leben, wie es nur in den Tiefen der Hölle geboren werden konnte. Aber der Löwe hatte Macht. Und er nutzte sie gnadenlos aus.
    Der Goldene Löwe war so alt wie das Haus. Vor fast sechshundert Jahren war er ein Doge gewesen und bekannt wegen seiner Grausamkeiten. Er liebte das Gold und die Frauen über alles. Beides nahm er sich mit einer nahezu unvorstellbaren Brutalität. Der Doge selbst nannte sich der Goldene Löwe. Löwe deshalb, weil er sich immer zwei von diesen Raubtieren in einem Spezialkäfig hielt und diese nicht selten mit Menschen gefüttert wurden.
    Das Gold und die jungen Frauen holte er sich bei seinen Raubfahrten, die ihn meistens an die levantinische Küste führten. Und er hatte immer wieder Glück. Es hieß, daß er mit dem Satan im Bunde stünde, was sogar stimmte, denn der Doge beschäftigte sich mit Schwarzer Magie und hielt sich zwei Alchimisten, die in ihren Hexenküchen für ihn arbeiteten.
    Es war klar, daß dem Treiben des Dogen irgendwann einmal ein Ende gesetzt werden mußte. Und so kam es dann auch.
    Als der Doge mit einem schwerbeladenen Schiff von Kleinasien zurückkehrte und seine Mannschaft durch Kämpfe auf die Hälfte geschrumpft war, stoppten ihn in der südlichen Adria in der Höhe von Brindisi zwei Segler. Es waren Piratenschiffe, deren Besatzungen aber von venezianischen Kaufleuten bezahlt worden waren. Es gab ein mörderisches Gefecht, in dem der Doge unterlag. Seine Leute wurden getötet. Nur er blieb am Leben.
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