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GK0042 - Das Rätsel der gläsernen Särge

GK0042 - Das Rätsel der gläsernen Särge

Titel: GK0042 - Das Rätsel der gläsernen Särge
Autoren: Jason Dark
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Mann. Er trug einen schwarzen Anzug und hatte die Hände in Höhe der Gürtelschnalle übereinandergelegt. Sein dunkles Haar war zurückgekämmt. Zwei kohlrabenschwarze Augen stachen aus dem Gesicht mit der bleichen, ungesunden Farbe hervor. Die Nase war ein wenig breit und das Kinn eine Idee zu fleischig. Sheila räusperte sich, ehe sie antwortete.
    »Ich – ich…« Der Mann winkte ab. »Darf ich Ihnen zuvor mein herzlichstes Beileid aussprechen, Madam. Ich weiß, wie schwer es ist, wenn einer unserer Lieben plötzlich aus dem Kreis gerissen wird, aber seien Sie versichert, Madam, wir werden alles in unserer Macht stehende tun, um dem Verstorbenen eine würdige Beerdigung zu gewährleisten. Sie gestatten, daß ich mich vorstelle. Mein Name ist William Abbot. Ich bin der Besitzer des Institutes. Aber wollen wir uns nicht setzen, Miß…?«
    »Mrs. Sheila Conolly«, verbesserte Sheila.
    »Pardon, Madam, ich wußte nicht, daß Sie… Oder ist Ihr Gatte etwa…?«
    »Nein, Mr. Abbot. Es ist niemand aus meiner Familie gestorben. Ich bin aus einem anderen Grund hier.«
    »So?« Abbots Stimme klang auf einmal anders. Schärfer, lauernder.
    »Es geht um eine Freundin. Eine gewisse Cordelia Cannon. Ich habe gehört, daß sie hierbei Ihnen aufgebahrt sein soll.«
    »Das ist richtig«, erwiderte Abbot.
    »Darf ich sie sehen?«
    William Abbot räusperte sich. »Es gehört an und für sich nicht zu den Gepflogenheiten unseres Hauses, einer Bitte, wie Sie sie jetzt vortrugen…«
    »Bitte, Mr. Abbot. Nur diese eine Ausnahme. Was ist schon dabei, wenn ich meine Freundin noch ein letztes Mal sehe.« Abbot wand sich wie ein Aal auf dem Trockenen. Sheila griff in ihre Handtasche und holte eine 100-Pfund-Note hervor. »Wenn es daran liegen sollte, Mr. Abbot…«
    »Um Himmels willen, Madam. Nein, durch Geld überreden Sie mich nicht. Aber Sie können beruhigt sein. Ich werde Ihnen Cordelia Cannon zeigen. Folgen Sie mir.«
    William Abbot verschwand hinter einem schwarzen Samtvorhang, den Sheila bisher übersehen hatte.
    Ein ebenso großer Raum nahm sie auf. Hier war die Decke holzgetäfelt und die Wände mit blauen Seidentapeten bespannt. In der Mitte des Raumes stand eine Art Podest. Und darauf ein gläserner Sarg.
    William Abbot stellte sich neben den Sarg und machte eine einladende Bewegung. »Bitte, Mrs. Conolly.«
    Zögernd trat Sheila näher. Mit allem hatte sie gerechnet, nur nicht mit einem Sarg aus Glas.
    »Es ist unsere Eigenart, die Toten in gläsernen Särgen beizusetzen«, hörte sie Abbots Stimme. »Wir haben durch diese neue Art der Beerdigung in London und Umgebung einen sehr guten Ruf bekommen.«
    Sheila trat an das Fußende des Sarges. Vorsichtig, als hätte sie Angst, etwas zu zerbrechen, strich sie über das Glas. Doch es war dick und fest. Sheila sah die Gummistreifen zwischen den Sarghälften. Sheilas Blick wanderte wieder und blieb auf dem Gesicht ihrer Freundin haften.
    Fast überdeutlich konnte sie die ebenmäßigen Gesichtszüge erkennen. Sheila hatte das Gefühl, als würde der Sargdeckel wie ein riesiges Vergrößerungsglas wirken. Sheila sah fast jede Einzelheit in dem Gesicht ihrer ehemaligen Freundin. Mit Gewalt mußte sie die Tränen unterdrücken. Bilder aus den Schultagen stiegen vor ihren Augen auf, verschwammen wieder, und schließlich sah Sheila Conolly wieder Cordelias Totengesicht. Zwei, drei Minuten blieb Sheila unbeweglich stehen. Sie spürte nicht, wie sie sich die Unterlippe blutig biß, so sehr hielt sie dieser Anblick gefangen.
    »Sie müssen jetzt gehen, Mrs. Conolly«, sagte William Abbot leise. Sie wollte sich gerade abwenden, da sah sie, wie das linke Augenlid der Toten zuckte.
    Für einen Sekundenbruchteil stand Sheila wie festgenagelt. Dann schrie sie plötzlich leise auf.
    Mit zwei Schritten stand William Abbot neben ihr. »Was haben Sie denn, Mrs. Conolly?« fragte er. »Ist Ihnen nicht gut?«
    Sheila wankte ein wenig zurück. »Doch, doch«, flüsterte sie, »nur… die Tote, sie…«
    »Was hat sie?« erkundigte sich Abbot lauernd. »Sie hat sich bewegt!«
    William Abbot lachte auf. »Sie entschuldigen meine Heiterkeit, Mrs. Conolly. Aber die Dame in dem Sarg ist tot. Sie kann sich nicht mehr bewegt haben.«
    »Aber vielleicht ist sie nur scheintot?« rief Sheila mit bebender Stimme.
    »Ich bitte Sie, Madam. Ich selbst habe den Totenschein gesehen, den Doc Meredith ausgestellt hat. Und anschließend habe ich die Tote auch noch untersucht. Nein, Madam, was Sie sagen, ist
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