Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Girlfriend in a Coma

Girlfriend in a Coma

Titel: Girlfriend in a Coma
Autoren: Douglas Coupland
Vom Netzwerk:
fühlte, beinahe einen Schlag vor die Brust. Er sagte nur barsch: »So. Na schön. Wo kann man denn hier pissen?«, bloß um zu erfahren, daß die andere Toilette in Scherben gegangen war. Draußen vor dem Fenster ließen Leute Schallplatten über den Pool segeln und warfen mit leeren Bierflaschen danach, als wären es Zielscheiben. Als wir an einem der Kinderzimmer vorbeikamen, stießen wir auf Linus, der völlig in einen Atlas versunken war. In affenartiger Körperhaltung saß er mit stoppeligem Kinn da und wischte sich mit dem Rücken seiner tintenfleckigen Hand die Nase ab. Von dem Rausch der Zerstörung um ihn herum bekam er nichts mit. »Oh. Hey - wollt ihr, ähmm, was essen oder so?« fragte er.
    Wir überlegten. Kaum vorstellbar, was der arme Typ, der hier wohnte, hinterher auszustehen haben würde. Das war einfach zu deprimierend. Hamilton sagte: »Die Bullen werden bald hier sein, Leute. Laßt uns ein bißchen rumfahren und saufen. Komm, Linus.«
    Plötzlich durchschnitt ein limonengrüner Blitz von einem Fenster aus den Himmel über der Terrasse; Sekunden später legte sich ein La-Z-Boy-Sessel auf dem Boden des Pools schlafen.
    Linus ging hinter uns her, zündete sich eine Zigarette an und stellte ein oder zwei Bücher in ein umgekipptes Regal zurück. »Hey, Jungs, wußtet ihr, daß es in Afrika über sechzig Länder gibt?« fragte er, während Hamilton bellte: »Hinfort, ihr schwachsinnigen Hooligans!« und uns die Auffahrt entlang voranging. Wir nahmen eine Abkürzung über ein benachbartes Grundstück und einen Wall, den Gartenarchitekten aus Mutterboden geformt hatten. Auf der Straße darüber pulsierten die Lichter von Polizeiwagen in amerikanischem Rot, Weiß und Blau. An meinem Datsun beugten sich Wendy und Pam über Karen.
    »Richard«, sagte Wendy. »Karen ist völlig hinüber. Keine zwei Drinks, und schon hat sie schlappgemacht. Ist doch gar nicht ihre Art. Pam, hol mal eine Decke. Du solltest sie nach Hause bringen, Richard. Hi, Linus. Wie war die, ahm, Party?«
    »Toll«, mischte Hamilton sich ein.
    Der Schreck fuhr mir in die Glieder: Karen hatte nur zwei Glas getrunken? Sie sah zwar nicht krank aus, aber irgend etwas stimmte nicht. Kein Erbrochenes, gar nichts; sie war schwach und blaß. Wenn man sie ansprach, reagierte sie nicht; sie schlief fast und machte keine Anstrengung, etwas zu sagen oder mit ihren Augen zu kommunizieren. Ich versuchte, möglichst gelassen zu klingen, um keine Panik aufkommen zu lassen: »Los, wir bringen sie nach Hause. Ihre Eltern sind weggefahren. Wir können sie ins Bett stecken, fernsehen und ein bißchen auf sie aufpassen. Es ist bestimmt nichts Schlimmes.«
    »Wahrscheinlich diese idiotische Diät«, sagte Wendy. »Vielleicht braucht sie nach dem Skilaufen nur Schlaf. Schließlich hat sie seit Tagen nichts gegessen.«
    »Im Fernsehen kommt eine neue Saturday-Night-Live Folge«, sagte Pam. Wendy und ich hoben Karen in den Datsun. Kein Schauer war auf ihrer klammen Haut zu spüren. Unser kleiner Autokonvoi raste zu Karen, ein Haus unterhalb von unserem. Dort angekommen, trug ich Karen in ihr Zimmer, zog ihr Mantel und Schuhe aus und steckte sie ins Bett. Sie fühlte sich immer noch kalt und feucht an, deshalb deckte ich sie mit einer zusätzlichen Decke zu. Es schien alles soweit in Ordnung zu sein. Sie schlief tief und fest, aber es war ja auch ein langer Tag gewesen.
    Wir setzten uns ins Wohnzimmer und schalteten gerade rechtzeitig zum Beginn von Saturday Night Live den Fernseher ein. Wendy ließ in der Küche etwas Popcorn anbrennen, und wir anderen saßen auf Sitzsäcken herum und sahen uns ein paar Minuten lang die ersten Sketche an. Hamilton, sauer darüber, daß das Fernsehen ihm die Schau stahl, versuchte, unsere Aufmerksamkeit mit lahmen Witzen und Geschichten über Furunkel und Zysten zurückzugewinnen. Wir forderten ihn auf, den Mund zu halten. Linus lag irgendwo weiter hinten und starrte einen blutroten Weihnachtsstern unter dem Weihnachtsbaum neben den Geschenken an. Er beschrieb uns die Adern in den Blütenblättern, bestaunte die Zellstruktur der Stiele und Blätter. Er erklärte, weshalb man Wurzeln mit Elektrokabeln vergleichen kann und daß Photosynthese das autarkste und effizienteste Solarenergiesystem ist, das es gibt.
    »Würde bitte mal jemand Johnny Appleseed sagen, er möchte die Klappe halten?« sagte Hamilton. Pammie schob sich unauffällig zu Hamilton hinüber. Wendy, die Geschmackspolizei in Person, die gerade eine snobistische
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher