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Girlfriend in a Coma

Girlfriend in a Coma

Titel: Girlfriend in a Coma
Autoren: Douglas Coupland
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dem Datsun parkten noch Dutzende andere Autos zu beiden Seiten des Eyremont Drive. Teenager sprangen wie Protonen aus Zedernhecken und Nadelsträuchern, Sixpacks unter knubbelige, jeansbejackte Arme geklemmt. In den Bierflaschen waren Flaschengeister eingesperrt, die ihnen noch einen letzten Wunsch erfüllen wollten. Von überallher hörte man den Klang aufgeregter Stimmen und zerschellender Flaschen. Teenager spiegelten sich schemenhaft in von Straßenlaternen beleuchteten, glitzernden Glasscherben. Die anderen waren gleichzeitig mit uns vom Grouse Mountain angekommen. Ich hörte ein Zischen: mein Freund Hamilton - mein persönlicher Schutzheiliger der schlecht zusammengefalteten Landkarten, der feucht gewordenen Streichhölzer, der drittklassigen Pornographie, der verunglückten Dauerwellen, des Tetrazyklins und der geschnorrten Zigaretten. Er winkte mich aus einer Lorbeerhecke direkt vor dem geparkten Wagen zu sich heran und zischte dabei: »Richard, beweg deinen Arsch hier rein.« Ich gehorchte und landete in einem Wigwam aus Zweigen, dessen Luft von Kopfschmerzen verursachendem mexikanischem Pot schwächsten Kalibers geschwängert war. Ungefähr zehn von Hamiltons Drogenkumpeln waren dort angestrengt am Kiffen. Da ich keine Lust auf Kopfschmerzen verspürte, sagte ich: »Herrgott, Ham - das riecht wie ein Eierfurz in einem U-Bahnwaggon. Komm raus zu mir und den Mädchen. Wo ist Linus?«
    »Unten auf der Party. Ich komme gleich. Dean, gib mir bitte mal die Blättchen rüber.«
    Im Auto erörterten Karen, Pam und Wendy gerade Karens neue Diät. Ich sagte: »Karen, du versuchst doch nicht immer noch um jeden Preis zu verhungern, oder?« Karen hatte in letzter Zeit einen Hawaii- und einen Diät-Tick. »Richard, Beb, ich muß einfach bis nächste Woche auf Größe 34 runter sein, sonst passe ich nicht in meinen neuen Hawaii-Badeanzug.«
    Die spindeldürre Pam fragte: »Schluckst du denn immer noch Diätpillen? Meine Mom gibt mir auch ständig welche, aber ich nehme sie nicht.«
    »Pam«, erwiderte Karen, »du weißt doch, daß ich schon mit der Muttermilch Pillen eingeflößt bekommen habe. Mom ist eine wandelnde Apotheke. Aber sobald ich auch nur ein Aufputschmittel nehme, raste ich aus und hangle mich mit den Zähnen die Wände hoch.« Sie hielt inne, um sich ein paar Haare aus den Augen zu streichen. »Die meisten Medikamente, sogar Vitamine, hauen mich total um. Aber Beruhigungsmittel sind okay. Ich nehme sie bloß, um zu relaxen. Mom hat mir ein ganzes Fläschchen davon geschenkt.« Das kam uns allen glamourös und dekadent vor. Wendy sagte in dem Versuch, cooler zu wirken, als sie sich in Wirklichkeit fühlte: »Also, das wäre ja reichlich dämlich eine Überdosis Vitamine.« Ihr Kalauer brachte ihr nur höfliche Blicke ein.
    Pam brach das Schweigen. Sie versuchte damals gerade, in der Welt des Modelns Fuß zu fassen, und sagte: »Ach ja, gestern war ich bei einem Shooting - wollt ihr mal hören, wie Models so reden?« Wir bejahten enthusiastisch. »Genau wie Pebbles Feuerstein«, sagte sie: »›Ei dei'dei'bähbah Diätpillen dei'dei dei.‹ Versprecht mir, daß ihr mir den Stecker rauszieht, wenn ich je anfange, so zu reden.«
    Hamilton, lang wie eine Bohnenstange, mit schwarzen Stiefeln, einer Bolo-Tie und Händen so groß wie Bratpfannen, tauchte aufgekratzt hinter uns auf und sagte: »Richard: Wir müssen jetzt unbedingt zur Party, Mann. Die stellen gerade das ganze Haus auf den Kopf. Hallo, Pammie ...« Pam streckte ihm die Zunge raus. Die Beziehung zwischen den beiden war seit drei Jahren extremen Wechselbädern unterworfen, und in jener Nacht war die Stimmung gerade mal wieder am Nullpunkt. Hamilton wandte sich zu mir um. »Wenn wir Linus nicht retten, haben sie bis Mitternacht Katzenfutter aus ihm gemacht. Die drehen total durch da unten. Außerdem verlangt meine Leber nach einem Drink.« Hamilton knetete sich die Seite, unter uns ertönte ein lautes Klappern und Krachen.
    Pam fragte gen Himmel: »Warum muß ich bloß auf arrogante Wichser stehen, denen es scheißegal ist, ob es mich gibt oder nicht? O Götter der Liebe, bitte schickt mir nächstes Mal nicht wieder so einen Versager.«
    Wir redeten eine Weile übers Skilaufen, und ich klinkte mich unwillkürlich ein bißchen aus dem Gespräch aus und musterte Karen, Wendy und Pam. Die drei wirkten wie Schwestern, die zwar unterschiedlich aussahen, aber dennoch Schwestern waren. Sie nannten sich Drei Engel für Charlie, aber das taten zu der Zeit viele
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