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Girl Parts – Auf Liebe programmiert

Girl Parts – Auf Liebe programmiert

Titel: Girl Parts – Auf Liebe programmiert
Autoren: John M. Cusick
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betrat den Raum durch den Notausgang und durchquerte ihn bis zum hinteren Ende. Sie waren laut und unbekümmert und beachteten ihn nicht, bis er auf ihren lose gebildeten Kreis zusteuerte. Die Unterhaltung brach ab. Charlie stand da wie ein Mammutbaum im Unterholz. Er räusperte sich. Rebecca, die in spaßhafter Bariton-Stimmlage etwas zu Eliza Doolittle gesagt hatte, drehte sich zu dem Neuankömmling um und lächelte.
    »Alles roger in Kambodscha?« (Dies in ihrer normalen hellen Stimmlage.)
    »Hi.« Drei intensiv überarbeitete Lernkarten waren zu Charlies Beruhigung in seiner Tasche verstaut. Er konzentrierte sich und trug seinen Text vor. »Ich wollte nur mal fragen …, ob du womöglich Lust hast …, mit mir am Freitagabend … chinesisch essen zu gehen.«
    »Jambischer Tetrameter?«, fragte Colonel Pickering. Professor Higgins kicherte.
    An diesem Tag trug Rebecca ein wallendes Piratenhemd und Zigeunerinnenohrringe, eine Aufmachung, die Charlie albern fand. Aber aus der Nähe war sie sehr hübsch, und ihre Haut war so weiß und makellos wie eine Schneewehe. Die anderen warteten stumm ab. Sie waren eine inzestuöse Gruppe, misstrauisch gegenüber Außenstehenden, vor allem solchen wie Charlie, der seinem Status als Spinner zum Trotz in bestimmten Kreisen als Aufschneider galt. Charlie schluckte und studierte die Kratzer auf dem Fußboden. Er schaute erst wieder auf, als Rebecca etwas sagte.
    Es gab vieles, was Charlie nicht über Rebecca wusste. Ihr zur Schau getragenes Selbstbewusstsein war gespielt. Sie fühlte sich fett und abstoßend, weil Jungs ihres Alters grundsätzlich nicht mit ihr redeten. Nur erwachsene Männer schienen sie zu mögen. Sie grölten ihr vom Auto aus hinterher, was dazu führte, dass sie sich wie eine Missgeburt fühlte. Im vergangenen Jahr hatte ihr der Geschichtslehrer an den Busen gegrapscht, während er sie von einer Modell-UN-Konferenz nach Hause fuhr, ein Geheimnis, das sich wie eine Schlinge um ihren Hals zusammenzog, sobald sie daran dachte.
    Als Charlie seine Einladung stammelte, schien sich diese Schlinge so weit zu lockern, dass Rebecca sich herauswinden konnte. Ein normales Date mit einem Jungen ihres Alters kam ihr vor wie eine Begnadigung in letzter Minute.
    »Yep. Ja. Fände ich echt gut. Danke.«
    Die nächste Woche zog sich endlos hin. Als es am Freitag zum Schulschluss klingelte, war Charlie als Erster von seinem Platz verschwunden. Seine Vorbereitungen waren auf die Minute genau geplant und ließen keine Zeit zum Trödeln. Da er weder Auto noch Führerschein besaß, bestellte er ein Taxi für halb sieben. Ihre Reservierung war für sieben Uhr. Das ließ ihm kurze dreieinhalb Stunden, seine Verwandlung vollkommen zu machen.
    Das Date erforderte, was Charlies Äußeres anging, eine private Generalüberholung. Charlie gedachte sein achtloses schulisches Erscheinungsbild abzustreifen und den schöneren, cooleren Typ zum Vorschein zu bringen, der, wie er wusste, darunter verborgen lag. »Zeig dich ihr von deiner besten Seite«, sagte das Männermagazin, das er erworben hatte. Für Rebecca würde er den Charlie enthüllen, den keiner kannte, den Charlie, den er aufgespart hatte.
    Er stellte sich vor, er sei eine Larve, die sich im sanften Kokon der Duschkabine entpuppte. Er schrubbte seine Haut bis aufs Blut und widmete dem Bereich im Schritt (durchaus optimistisch) besondere Aufmerksamkeit. Er rieb sich mit nach Holz duftendem Eau de Cologne und fruchtiger Feuchtigkeitscreme ein. Da er sich selten rasierte, glich der Vorgang dem Abkratzen von Farbe. Sein neuer Rasierapparat unternahm mehrere Annäherungsversuche, bis alle rot gesprenkelten Strecken geräumt waren. Er hatte Jeans ausgewählt, ein weißes T-Shirt und die Wildlederjacke seines Vaters mit den Fransen am Revers – nicht, weil sie cool war, sondern gerade im Gegenteil. Sie war rebellenhaft, anders, und sie hatte einen ironisch-intellektuellen Charme – genau wie er selbst.
    Um 18:27 tauchte Charlie auf, ein lederumhüllter, wuscheliger Falter, der (dank der Kombination von Eau de Cologne und Feuchtigkeitscreme) nach gebratenen Bananen roch.
    Das Taxi hatte zwanzig Minuten Verspätung, und Charlie musste die Adresse dreimal wiederholen. Um 19:03 fuhren sie auf einen Parkplatz gegenüber von Denny’s.
    Rebecca lebte in einem tristen Wohnblock an der Cay Street, gleich neben dem Highway. Als Charlie durch die Tür trat, entdeckte er sie in der hellen Eingangshalle, wo sie saß und eine Zeitschrift las. Sie
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