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Girl Parts – Auf Liebe programmiert

Girl Parts – Auf Liebe programmiert

Titel: Girl Parts – Auf Liebe programmiert
Autoren: John M. Cusick
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Monitor tastete die beiden jeweils anderen ab und reagierte auf sie. Wenn David also auf Monitor 1 eine Bildsuche nach dem neuen Cadillac Pinnacle startete, erschienen auf Mon2 die jüngsten Statistiken der Fachzeitschrift Gearhead’s . Mon3 antwortete mit einem Video von Gearhead’s Topmodel, Cynthia Sundae, in dem sie im Bikini einen Caddy wusch, worauf Mon1 mit Kondomwerbung antwortete. So ging es reihum, immer und immer weiter.
    Link für Link brachte der Triptych David von Narbengesicht zu Al Capone, James Cagney, James Dean und zuletzt zu StarryEyedStranger.blogspot.com. Nora starb auf Monitor 2. Das Bild war so scharf, dass David das Flattern ihrer Augenlider erkennen konnte.
    Er wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte (die Monitore sehr wohl: Mon1 blendete eine Internetseite von Schnelle-Ärzte-für-kleines-Geld ein). Er beschloss seinen Freunden zu mailen, um zu erfahren, ob sie es auch gesehen hatten, und um zu hören, was sie davon hielten. Aber genau in diesem Moment brach die Stromversorgung zusammen, die gelbe Schreibtischlampe erlosch und gab den Geist auf. David war allein im Dunklen.
    Auf der anderen Seite des Sees stand Charlie Nuvola am Strand und starrte auf das blendend helle Licht von David Suns Haus am gegenüberliegenden Ufer. Charlie hielt eine Wildlederjacke in den Armen. Das gediegene Leder roch unbestimmt nach Sojasoße und dem fruchtigen Parfüm einer Person, von der er aufrichtig hoffte, sie nie wiederzusehen. Er wusste nichts von Nora Vogels Selbstmord. Er besaß nicht mal einen Computer. Er wollte einfach nur allein sein.
    Und während er hinüberblickte, wurde es dunkel in den Häusern am Westufer. Ein Stromausfall. Charlie sah etwas Prophetisches darin. Sein Haus war von der Energieversorgung abgeschnitten. Der Generator summte weiter, und Charlie verspürte eine enge Verbundenheit mit der einsamen Verandaleuchte, die in seinem Rücken selbstgenügsam vor sich hin brannte.
    Plötzlich gab es einen Schlag. Der Generator röchelte, die Verandaleuchte ging aus, und der Garten verdunkelte sich. Er blieb im Finstern stehen, bis sich seine Augen angepasst hatten, und er die blauen Sterne sehen konnte. Sie blinzelten.
    Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012

1. Charlie und David
    Noch bevor Nora und die Stromleitungen tot waren, vermengten sich Charlies und Davids Leben miteinander wie Pigmente auf einer Farbpalette.
    Charlie und David lebten an zwei Seiten desselben Sees, Horizon Lake, der kein echter See, sondern ein künstliches Staubecken war. Horizon Lake war fünf Kilometer lang und knapp zwei Kilometer breit und markierte das Zentrum von Westtown. Am Westufer standen Villen, am Ostufer Bäume. Die größte Villa gehörte den Suns. Es war ein viergeschossiger Glaspalast, wie eine Puppenstube in der Mitte aufgeschnitten, sodass die Familie im Inneren des Hauses stets sichtbar war. Bei Nacht löschte das Haus der Familie Sun, getreu deren Namen, die Sterne aus, indem es seinen weißen Schatten übers Wasser warf.
    Die Westufer-Bewohner hatten schon vor langer Zeit das Land am Ostufer aufgekauft, damit ihnen keine hässlichen Häuser den Ausblick verschandelten. Das einzige Grundstück, das sie nicht kaufen konnten, gehörte einem Botaniker und seiner Frau – Charlies Eltern. Das Stück Land war seit Jahren in Familienbesitz, und sie waren um keinen Preis bereit, es aufzugeben. Die Nuvolas hatten einen alten Stadtplan von Westtown an der Wand ihrer Bude hängen lassen. Charlie hatte einmal berechnet, dass, wenn er den Plan in der Mitte zusammenfaltete, Egg Lake im Süden und Olive Lake im Norden aufeinander zu liegen kamen, und ihm gefiel die natürliche Symmetrie. Wenn er den Plan in die andere Richtung faltete, kamen Charlies und Davids Haus zusammen wie Ober- und Unterteil eines Druckknopfs.
    David und Charlie besuchten beide die katholische Jungenschule jenseits der Route 290. Saint Sebastian ging vom sechsten bis zum zwölften Jahrgang. Charlie gehörte zu den seltenen Fällen, die in der neunten Klasse dazustießen und so einen Klassenverband aufbrachen, der seit drei Jahren gleich geblieben war. Saint Seb rühmte sich alternativer Erziehungsmethoden. Anstatt im Laufe des Tages von einem Unterrichtsraum zum nächsten zu wandern, blieben die Schüler jeweils an einem festen Tisch sitzen, wo sie via Computer an webbasierten Kursen teilnahmen und jeder seinem individuellen Tempo gemäß voranschritt. Das Ganze entsprach der Richtlinie
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