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Giftspur

Giftspur

Titel: Giftspur
Autoren: Daniel Holbe
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vielen Jahren einen Bioladen in Bergen-Enkheim aufgemacht«, nahm Sabine den Faden wieder auf. »Nach und nach wuchs daraus ein gigantisches Unternehmen, so viel weiß ich. Die Kunden schwören auf seine Produkte, denn er befriedigt die Nachfrage ökologisch und ökonomisch. So zumindest stellt er sich selbst gerne dar.«
    »Stellte sich dar«, brummte Angersbach nachdenklich, und Sabine nickte mit einem schmalen, freudlosen Lächeln.
    Der Kommissar musste unwillkürlich schmunzeln. »Sie kennen sich ziemlich gut aus hier in der Ecke, wie?« Diesmal klang seine Stimme weniger wie ein Oberlehrer, sondern beinahe schon anerkennend.
    »Bin hier aufgewachsen«, bestätigte Sabine. Sie näherten sich einem weiteren Kreisel, und sie deutete nach rechts vorne. »Die erste Ausfahrt müssen wir raus.«
    Wenige Minuten später parkte der Geländewagen, dem Sabine weder optisch noch technisch etwas abgewinnen konnte, vor dem Mehrfamilienhaus, in dem sie wohnte. Ihr Rücken schmerzte, die Federung der Sitze war ein Witz, und die stumpf verkratzte Holzperlenauflage konnte das auch nicht zum Besseren wenden.
    »Soll ich warten?«
    »Danke, ich komme selbst runtergefahren«, lehnte Sabine ab, angestrengt darauf bedacht, sich nicht anmerken zu lassen, dass sie eine weitere Fahrt in diesem Vehikel um jeden Preis vermeiden wollte.
    »Wie Sie meinen. Dann kümmere ich mich so lange um die notwendigen Telefonate. Bitte lassen Sie sich nicht zu viel Zeit. Die Angehörigen sollen Reitmeyers Tod nicht erst aus den Nachrichten erfahren.«
    »Halbe Stunde?«
    »Die Zeit läuft«, grinste Angersbach und trat aufs Gas. Der dünne Auspuff vibrierte und spie eine dunkle Abgaswolke aus, dann wendete das Unikum in einem engen Halbkreis und knatterte davon.
    Komischer Kauz,
dachte Sabine im Hineineilen. Sie nahm zwei Treppenstufen auf einmal und hatte, kaum dass sie die Wohnungstür aufgeschlossen hatte, auch schon ihr Laufshirt über den Kopf gezogen. Sekunden später flogen der schwarze Sport- BH und das Handtuch in den Wäschekorb, und sie drehte den Regler der Dusche auf. Gierig sog ihr unterkühlter Körper die dampfende Wärme des auf sie hinabprasselnden Wassers auf, und am liebsten wäre sie den Rest dieses winterlichen Märzsonntags genau hier verblieben.
Die Pflicht ruft,
mahnte sie sich jedoch. Sabine würde einen Teufel tun, ihrem doch recht gewöhnungsbedürftigen Kollegen den Triumph zu bescheren, sich zu verspäten.
     
    Die Polizeistation von Bad Vilbel lag in einer Nebenstraße, nahezu verdeckt von dem Gebäude der lokalen Feuerwehr, dessen Schlauchturm sich martialisch in den Himmel reckte. Weiß getüncht, mit türkisen Fenstern und einem halben Dutzend Gauben, wie man sie in den neunziger Jahren nur allzu gern in Neubauten untergebracht hatte, wirkte das zweigeschossige Haus auf den ersten Blick wie eine Arztpraxis. Der Eingangsbereich lag unter einem Vorbau, den eine schlanke Rundsäule trug, zur Straße hin gab es einige wenige Parkplätze, und niedrige Bodendecker füllten die Zwischenräume des Grundstücks. Rechts führte eine Einfahrt in den Hof hinter dem Gebäude, doch hierhin war Sabine bislang nie abgebogen, da in der Regel draußen kaum Fahrzeuge parkten.
    Schwungvoll lenkte Sabine ihren brandneuen Renault Twizy, den sie am vergangenen Donnerstag nach wochenlangem Warten endlich in Empfang hatte nehmen dürfen, auf den Parkplatz. Es handelte sich um ein modernes Elektroauto mit zwei hintereinander angeordneten Sitzen. Flügeltüren und Fenster gab es als Nachrüstpakete und waren bei den vorherrschenden Außentemperaturen sicher keine Fehlinvestition gewesen, wenn auch eine teure. Der Akku hielt mindestens hundert Kilometer, und glaubte man diversen Internetforen, konnte man ihn sogar fast doppelt so lang ausreizen. Für Sabines Zwecke das ideale Fahrzeug, denn weiter als in Richtung Vogelsberg führte sie ihr Radius derzeit ohnehin nicht. Und mehr als zwei Personen beförderte sie auch nie, in der Regel war es nur sie selbst. Bevor sich ein Schatten über ihre Miene legen konnte, stieg die Kommissarin hurtig aus. Sie schloss den Wagen ab, vergewisserte sich, dass ihre eilig aus dem Schrank gegriffene Kleidung korrekt saß, und ging rasch zum Eingangsportal.
Dreiundzwanzig Minuten, nicht übel,
dachte sie und betrat das Gebäude.
    Ralph Angersbach war im Grunde genommen ein ihr gleichgestellter Kollege. Beide waren Polizeioberkommissare, wobei es Sabine ein Rätsel war, wieso Angersbach es nicht längst zum
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