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Giftpilz

Giftpilz

Titel: Giftpilz
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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angehört hatte:
    »Die Stimme des Anrufers bei Professor Krieg! Der Erpresser! Das war
die Stimme von Hermann Reinstetter! Zuerst dachte ich, sie wäre mir so
vertraut, weil sie Dietrich ähnelte. Aber jetzt, wo ich sie am Telefon höre …«
    »Bist du dir ganz sicher?«, fragte Riesle aufgeregt und hätte den
Wagen fast in den Graben der B33 gelenkt. Der Kadett geriet ins Schlingern.
    Nachdem Hummel die Schrecksekunde verdaut hatte, wählte er noch
einmal die Nummer und hörte sich erneut Reinstetters Ansage an. Jetzt war er
sich ganz sicher.
    »Hermann Reinstetter erpresst den Chefarzt der Tannenklinik, in der
sein Bruder in Behandlung war. Bei dem steht eine Organtransplantation bevor.
Doch zuvor wird er vergiftet. Kannst du dir einen Reim auf diese Geschichte
machen?«, fragte Riesle.
    »Klaus, ich habe kein gutes Gefühl. Sollen wir nicht lieber die
Kripo einschalten?«
    »Bist du verrückt? Uns fehlt nur noch so wenig zur Lösung des Falles …« Riesle hielt Daumen und Zeigefinger der rechten Hand vor Hubertus’ Gesicht.
»Der Herr Hummel möchte aber lieber die Polizei alarmieren und Thomsen die
Meriten zuschustern. Und der verhängt sicher sofort eine Informationssperre …
Lass uns lieber überlegen, wie wir herauskriegen, was dieses Transplantationszentrum
genau mit Reinstetter vorhatte.«
    »Ich weiß nicht recht.« Hummel wurde die Sache etwas zu heiß. Er
überlegte hin und her und sagte dann: »Ich habe morgen übrigens einen Termin
bei Professor Krieg …«
    »Wo findet der üblicherweise statt? In seinem Büro?«
    »Üblicherweise schon. Morgen aber in einem separaten Behandlungszimmer.
Geht wohl auch ums EKG.«
    »Sehr gut … Ja, so könnten wir’s doch machen: Während er dich
behandelt, beschäftigst du ihn so lange wie möglich. Frag ihn einfach zu
Herz-Kreislauf-Erkrankungen aus. In der Zwischenzeit versuche ich, in sein Büro
zu gelangen. Mit dieser Sekretärin werde ich schon irgendwie fertig.«
    »Und Einbruchserfahrung hast du ja jetzt auch schon gesammelt«,
sagte Hummel so, dass man es je nachdem ironisch oder sachlich verstehen
konnte.
    »Du meintest ja, er hat die Akte Reinstetter in seinem Schreibtisch
aufbewahrt«, fuhr Riesle fort, ohne auf Hummels Bemerkung einzugehen. »Dort
muss ich also nach der Akte und nach weiteren Unterlagen zur
Organtransplantation suchen. Vielleicht kriegen wir ja etwas über einen
möglichen Spender heraus. Wann ist eigentlich dein Termin bei Krieg?«
    »Um zehn Uhr.«
    Da musste sich Riesle noch eine gute Ausrede ausdenken, damit er die
Redaktionskonferenz schwänzen konnte.
    Als er Hummel in der Tannenklinik absetzte, verstärkte sich dessen
ungutes Gefühl. Er ließ auch die nächste Anwendung sausen und machte
stattdessen einen ausgedehnten Spaziergang durch Königsfeld. Auf einem Schild
sah er, dass der Ort sich gleich mit vier Titeln schmückte: Solarkommune, Naturwaldgemeinde,
Kneippkurort und Heilklimatischer Kurort. Außerdem frönte Königsfeld mit den
Bezeichnungen von Häusern, Kliniken und Schulen ganz offensichtlich der Liebe
zu seinem Ehrenbürger Albert Schweitzer.
    Auf der Terrasse des Parkcafés war die Bedienung emsig damit
beschäftigt, Tabletts mit Torten im Slalom um die Tische zu balancieren. Am
Haus des Gastes warben Plakate für Brauchtumsveranstaltungen.
    Hubertus beobachtete, wie ein paar Kinder Vögel und Eichhörnchen
fütterten. Erstaunlich, wie zutraulich die kleinen Nager waren. Sie holten sich
die Nüsse direkt aus den Händen der Spaziergänger. Alles schien so geordnet, so
unaufgeregt. Jedes Ding hatte in diesem idyllischen Anblick seinen Platz.
    So sollte ein Kuralltag aussehen – und nicht mit der hektischen
Suche nach Verbrechern, mit Besuchen auf katzenhaarbesetzten Sofas und mit Ehe-
und Beziehungsproblemen verbracht werden. Hummel benötigte Harmonie.
    Stattdessen erfasste ihn eine große innere Unruhe, mehr oder weniger
im Zentrum einer Erpressung zu stehen. Und Mitwisser einer weiteren zu sein. Er
durfte der Kriminalpolizei diese Information eigentlich nicht vorenthalten.
    Zwar hatte er durchaus Verständnis dafür, dass Klaus Hauptkommissar
Thomsen nicht in diese Sache einweihen wollte. Aber konnte man nicht wenigstens
Winterhalter ins Vertrauen ziehen? Der war integer – mit dem konnte man sicher
auch vereinbaren, dass Riesle die Geschichte exklusiv journalistisch vermarkten
durfte.
    Ein Kompromiss – und zwar ein guter. Als Hummel wieder auf seinem
Zimmer war, stand der Entschluss fest: Er rief bei
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