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Gib mir deine Seele

Gib mir deine Seele

Titel: Gib mir deine Seele
Autoren: Jeanine Krock
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entfernte.
    »Gleich hast du es geschafft. Für Geld?«, fragte Henry mit einem scheinheiligen Unterton. »Ich hätte wetten können, du tust es für deinen venezianischen Lebensretter.«
    »Erstens hat er mir nicht das Leben gerettet, und zweitens ist er Franzose. Glaube ich jedenfalls«, fügte sie kaum hörbar hinzu. »Außerdem steige ich ganz gewiss nicht aus lauter Dankbarkeit mit einem Kerl ins Bett.«
    Pauline hatte lange darüber nachgedacht, was Constantin dazu bewogen haben könnte, ihr zu helfen, und war zu der Überzeugung gelangt, dass er es aus einem Anfall von Langeweile getan haben musste. Nach einem altruistischen Wohltäter hatte er ihr jedenfalls nicht ausgesehen. Obwohl der Mann ganz offensichtlich reich war, mehrere Sprachen sprach und auch ansonsten gebildet geklungen hatte, hätte so jemand sich bestimmt keine regennasse Fremde ins Haus geholt – bestenfalls hätte er sein Personal geschickt. Also: Langeweile.
    Außerdem , dachte sie etwas zusammenhangslos, sieht er zum Niederknien gut aus.
    »Schon klar, Paulinchen. Und weil du ihm total gleichgültig bist, schenkt er dir Seidenwäsche und ein komplettes Outfit. Warum hast du die Hose bloß dagelassen? Ich hätte sie mir enger machen können.« Mit einem abschätzenden Blick entfernte Henry die letzte Schicht. »So, das war’s, du elende Egoistin!«
    »Zum Glück.« Mit einem Seufzer setzte sich Pauline auf und griff nach ihrem extra weichen Tartan-Hauskleid, das die Haut am wenigsten reizte. Leider sah sie darin wie eine schottische Litfaßsäule aus – jedenfalls, wenn man Henry Glauben schenkte. »Der Typ weiß wahrscheinlich gar nicht, was ein normaler Baumwollschlüpfer ist. Er hat die Sachen nur besorgen lassen, weil meine Klamotten klitschnass waren und er nicht damit rechnen konnte, dass ich auf seinem Sofa einschlafe.« Die Erinnerung daran beschämte sie.
    »Dafür kannst du nichts. Dieser Donizetti hat dir bestimmt etwas in den Drink getan. Unglaublich. Dabei hat sein Vorfahre so schöne Musik komponiert.«
    »Ich glaube nicht, dass er mit dem Donizetti verwandt ist.« Pauline stand auf, um in das winzige Bad zu gehen, bevor Janice von ihrer Vorstellung zurückkommen und es wieder stundenlang blockieren würde.
    Die Gesangsstunden am nächsten Tag liefen gut, und auch das Fotoshooting tags darauf hatte ihr zum Schluss richtig Spaß gemacht. Obwohl Pauline erst einmal entsetzt gewesen war, als sie sah, was sie tragen sollte.
    »Da soll ich reinpassen?« Mit spitzen Fingern hatte sie ein blutrotes Latexkostüm in der einen Hand und Stiefel mit abenteuerlich hohen Absätzen in der anderen hochgehalten. »Wenn ich aus dem Schlauch nicht rausplatze, dann breche ich mir damit bestimmt beide Füße.«
    Doch nichts dergleichen passierte. Der lackglänzende Catsuit stellte sich als gar nicht so unbequem heraus. Nachdem sie ihn mit Ninas Hilfe angezogen hatte, saß er wie eine zweite Haut. Für ihren Geschmack hätte der unbekannte Designer allerdings gern darauf verzichten können, ausgerechnet in Höhe des Dekolletés eine herzförmige Öffnung zu lassen, die sie fürchten ließ, ihre Brüste würden jeden Augenblick herausspringen.
    »Darin sollte mal jemand Die Königin der Nacht spielen«, sagte David, als sie vor die Kamera trat.
    Testweise holte Pauline tief Luft. »Keine Chance. Man kann kaum atmen, damit hat sich Singen erledigt.«
    »Pass auf, dass du keine Löcher in den Hintergrund bohrst, ja?«
    »Ja, ja.« Sie versuchte auf den mörderischen Absätzen das Gleichgewicht zu halten, und David machte sich Sorgen um einen Streifen Papier, den er großspurig als »Leinwand« bezeichnete.
    »Bist du so weit?« Ohne eine Antwort abzuwarten, drückte er auf den Auslöser.
    »Hey! Du hast versprochen, dass mich niemand erkennt.«
    »Das ist nur für die Ausleuchtung. Unter der Kappe kann es ganz schön unangenehm werden, wenn man nicht gerade auf Luftmangel steht«, sagte David und machte eine weitere Aufnahme. »Kannst du mal ein bisschen posen? Irgendetwas stimmt noch nicht. Nina?«
    Seine Freundin verschob einen der Scheinwerfer, bis er »Stopp!« rief. »So ist es gut. Lass uns anfangen.«
    Pauline wurde eine Latexmaske aufgesetzt, die sich dicht ans Gesicht anschmiegte und nur die Augen freiließ. Sie fühlte Panik in sich aufsteigen.
    »Da sind winzige Löcher drin, du musst durch die Nase atmen. Es kann nichts passieren!« Nina lachte. »Sei froh, dass du keinen Knebel im Mund hast.«
    Welch absurde Vorstellung! Zum Glück
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