Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gib mir deine Seele

Gib mir deine Seele

Titel: Gib mir deine Seele
Autoren: Jeanine Krock
Vom Netzwerk:
aus.
    »Wohin willst du denn?«
    »Nach Hause, ich komme gerade aus Island«, sagte er grimmig.
    »Um diese Jahreszeit? Was hast du da fotografiert? Pinguine?«
    »Auf Island gibt es keine petit Pinguine, Pauline.« Er lachte über den lahmen Witz und legte ihr den Arm um die Schulter. »Du wirst es nicht glauben, aber ich muss Geld verdienen, und Christian Schuelzer ist einer der kreativsten Modefotografen der Welt.«
    »Dann hast du wohl auf dem Eyjafjallajökull gearbeitet?«
    »Meinst du den Vulkan? Nein, der Mann ist ganz umgänglich«, gab David zu. »Wenn du es genau wissen willst, wir haben Bademoden vor dem Strokkur Geysir geshootet.«
    Pauline wusste, dass sich David vor einiger Zeit selbstständig gemacht hatte, weil er es leid war, » für egozentrische Choleriker zu arbeiten, denen die Welt nur durch den Sucher einer Kamera erträglich ist«.
    »Muss kalt für die Mädels gewesen sein«, sagte sie grinsend.
    David antwortete spöttisch: »Einige von uns leben nicht nur von Luft und Liebe.«
    »Wem sagst du das?«
    »Aha, du brauchst Geld! Hast du Lust auf einen Job?«
    Pauline fragte sich, ob David es nicht die ganze Zeit darauf angelegt hatte, sie zu überreden, wieder einmal für ihn zu modeln. Zutrauen würde sie es ihm, immer wieder machte er Anspielungen auf ihre fotogene Figur.
    Sie kannten sich aus dem White Lion. Der Wirt dort war ein erfolgreicher Schriftsteller. Sein Pub war eine Liebhaberei, die er sich leistete, und zum Ausgleich für die langen Stunden am Schreibtisch stellte er sich manchmal sogar hinter die Theke. Außerdem liebte er es, wie er sagte, Not leidenden Künstlern unter die Arme zu greifen. Wer ein solcher war, bestimmte zwar er selbst, allerdings hatte bisher noch niemand aus Paulines Freundeskreis das Pub hungrig oder durstig verlassen müssen.
    Auch David kam regelmäßig in den Genuss dieser Großzügigkeit. Sein Ziel war es, für die größten und einflussreichsten Modemagazine wie Vogue , Elle oder i-D zu arbeiten.
    »Ihr werdet es erleben. Eines Tage hängen meine Bilder neben denen von Andrea Klarin, Raya oder Peter Lindbergh im Museum!«, sagte er manchmal abends beim gemeinsamen Drink im Pub. Erste Erfolge hatte er bereits, aber zum Leben reichte sein Honorar nicht immer, also hielt er sich mit den unterschiedlichsten Jobs über Wasser. Dazu gehörten, wie Pauline nun erfuhr, auch Erotik-Aufnahmen.
    »Das mache ich nicht!«
    »Ach, komm schon! Es ist für eine ganz seriöse Zeitschrift, und Nina ist dabei.«
    Nina war seine Freundin und assistierte ihm nach Feierabend. Sie gehörte ebenfalls zu den Stammgästen des White Lion. Pauline mochte sie, und David hatte sich bisher immer wie ein Gentleman benommen. Es gab also nichts zu befürchten.
    »Und wie viel ist da für mich drin?« Sie rieb in unmissverständlicher Geste Daumen und Zeigefinger aneinander. Manche von Davids Kunden glaubten, sie könnten das Model mit ein paar Abzügen abspeisen und dafür alle Bildrechte bekommen. Darauf wollte sie sich nicht einlassen.
    »Zweihundert. Wenn sie die Fotostrecke nehmen, beteilige ich dich am Honorar.«
    »Zweihundertfünfzig. Bar auf die Tatze, und niemand sieht mein Gesicht.« Einen Versuch war es wert.
    Lachend reichte David ihr die Hand. »Wenn es mit dem Singen nicht klappt, kannst du immer noch auf dem Basar arbeiten. Also bitte, du kriegst dein Geld und fünfzehn Prozent, wenn ich’s verkaufe.«
    »Zwanzig.«
    Sie streckte ebenfalls die Hand aus, und David schlug ein. »Weil du es bist. Übermorgen um elf im Studio.«
    Das passte ihr eigentlich überhaupt nicht. Mittwochnachmittags gab sie Yogastunden, sie würde also bares Geld verlieren. Aber David ließ nicht mit sich reden. Wenn er nicht so unter Zeitdruck stünde, hätte er auch jemanden mit mehr Erfahrung buchen können.
    Jetzt musste sie nur noch Constantin erreichen, um herauszufinden, wann sie sich treffen wollten.
    Vielleicht hätte er am Wochenende Zeit? Das wäre perfekt. Heute war Montag. Morgen würde sie noch mal die Arien mit ihrer Gesangslehrerin durchgehen, die sie später von den verbleibenden fünfzig Pfund bezahlen konnte. Mittwoch das Shooting mit David und Nina, hundert Pfund waren für die Miete reserviert.
    Pauline lächelte glücklich vor sich hin. Wenn das alles klappen würde, wäre sie Donnerstagmittag für die Audition perfekt vorbereitet. Eine Gruppe von Theaterleuten aus Deutschland wollte sich nach jungen Sängern umsehen. Das war eine große Chance, die sie sich nicht entgehen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher