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Gestorben um zu leben (SPUKVERWALTUNG OHG) (German Edition)

Gestorben um zu leben (SPUKVERWALTUNG OHG) (German Edition)

Titel: Gestorben um zu leben (SPUKVERWALTUNG OHG) (German Edition)
Autoren: Margret Schwekendiek
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mir durchaus herausnehmen, so mit ihm zu reden. Als ich nach meinem Tod in der Hölle ankam, hatte selbst er Respekt vor mir gehabt, und daran hat sich bis heute nicht viel geändert. Allerdings ist er noch immer der Chef, und gelegentlich muss er mir seine Macht beweisen – darin unterscheidet er sich in nichts von menschlichen Männern.
    „Du hast vergessen, einen Geist zu erlösen“, grollte er nun.
    „Ach, tatsächlich? Kann passieren, schließlich gab es Zeiten, da hast du schneller Geister rekrutiert, als Nachschub geboren werden konnte. Dabei hast du auch ein paar Ausreißer kreiert, die ich von Zeit zu Zeit wieder zurückholen muss. Solange ich damit beschäftigt bin, können schon mal kleine Fehler passieren.“
    „Mach mich nicht wütend, Samtara, sonst …“
    „Was sonst?“, spottete ich. „Verfluchst du mich für alle Zeiten in der Hölle? Mach dich nicht lächerlich, Luzifer, auf diese Gelegenheit warte ich doch schon ein paar hundert Jahre.“
    Er begann Rauch abzusondern, und der Geruch nahm eher noch zu. Ich wollte ihn gerne wieder loswerden, also zwang ich mich, zu lächeln.
    „Nun gut, wo habe ich jemanden vergessen? Ich werde mich sofort darum kümmern.“
    Er lächelte tatsächlich zurück, und nun bekam ich das sichere Gefühl, dass er eine Methode gefunden hatte, mich in den Wahnsinn zu treiben, eine seiner beliebten Spielereien. Auf meinem Schreibtisch erschien eine flammende Notiz, darum würde ich mich gleich kümmern.
    „Du hast diese Verwaltung nicht so gut im Griff, wie du glaubst, Samtara“, erklärte Satan. „Es ist höchste Zeit, eine Inventur in der Registratur vorzunehmen.“
    „Eine was?“, fragte ich tonlos.
    „Du hast mich schon verstanden. Beeile dich, bevor ich ungeduldig werde.“ Mit dem Geräusch von aufbrüllenden Flammen verschwand Seine Unheiligkeit.
    Ich bitte Sie!
    Eine Inventur?!? Das ist die menschliche Steigerung der Bürokratie an sich.
    Ich könnte es ja noch verstehen, dass man alles zählt, um einen Überblick zu bekommen. Aber die Bewertung und Zuordnung in verschiedene Kategorien, die Abschreibung nach dreihundert Jahren erfolgreichen oder sinnlosen Spukens und vieles mehr ist eine Arbeit, die selbst Sisyphus – der übrigens noch immer einen Stein den Berg hinaufrollen muss – nicht auf sich nehmen würde.
    Inventur! Ich!
    Sagen Sie, welcher Mensch hat es geschafft, den Teufel in seinem Einfallsreichtum noch zu übertreffen? Er kann sofort als mein Assistent anfangen.
    Bevor ich mich um den vergessenen Geist kümmerte, musste ich erst mal meine Wut abreagieren. Sowas geht am besten, wenn man Mitarbeiter hat, die man im wahrsten Sinne des Wortes auseinandernehmen kann. Kain und Abel sind hervorragend dafür geeignet.
    Ich riss die weißen Knochen auseinander und warf sie durch die Gegend, jeder Wurf wurde begleitet von einer Verwünschung, die dem Chef galt.
    „Mögest du Gnade vor den Augen des Höchsten finden! – Möge dich ein Heiligenschein berühren! – Mögest du ein Lob von oben annehmen müssen!“ Und so weiter, und so fort. Sie haben so etwas sicher auch schon gemacht – oder wenigstens daran gedacht.
    „Geht und sammelt eure Einzelteile wieder auf, wir haben zu tun“, schnauzte ich schließlich meine tumben Diener an, und sie gehorchten ohne Widerspruch. Es war an der Zeit, sich um den vergessenen Geist zu kümmern.
    Auf der flammenden Notiz las ich die Einzelheiten. Oje, Satan hatte Recht, das waren mehr als fünfzig Jahre zu viel.
    Kain und Abel waren wieder komplett, ich machte eine Handbewegung, und wir befanden uns am richtigen Ort.
     
    *
     
    „Madeleine?“, rief ich. „Madeleine, wo bist du? Es ist Zeit für die Erlösung. Tut mir leid, dass ich so spät komme, aber nun kannst du endlich …“
    Wir befanden uns auf einem Friedhof in einem kleinen Ort in der Nähe von Paris. Das Mädchen spukte hier bereits seit mehr als zweihundert Jahren, es war an sich schon ungewöhnlich, dass ein Kind eine so lange Strafe erhalten hatte, aber bei Madeleine schien es angebracht. Während der Französischen Revolution hatte das Mädchen unzählige Leute aufs Schafott geschickt, ob sie nun an irgendetwas schuldig waren oder nicht. Sie liebte den Anblick von Blut und rollenden Köpfen, währenddessen erzählte sie ihrer Puppe stets zahllose erfundene grausige Geschichten. Die Zuweisungsabteilung unter Niccolo Machiavelli hatte sogar Gnade walten lassen und die Spukzeit auf nur hundertfünfzig Jahre festgelegt, aber irgendwie war das
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