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Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)

Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)

Titel: Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)
Autoren: Kristen Simmons
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wenn sie getarnt waren – konnten den Ausgang beim Krematorium, durch den Chase und ich entkommen waren, nicht benutzen. Wallace wusste das. Er und ich hatten das Thema so lange durchgekaut, bis wir uns festgefahren hatten und schließlich beide enttäuscht waren.
    Wollte er darüber mit mir reden? Über den geringen Beitrag, den ich leistete? Darüber, dass es mir nicht gelungen war, die anderen Gefangenen zu retten? Ich wusste, ich hatte sie im Stich gelassen. Wallace, den Widerstand, diese Häftlinge, die ich nicht rausholen konnte. Sie verfolgten mich, und vielleicht verdiente ich diese Strafe. Ich hatte Chase und mich gerettet, wohl wissend, dass andere in den angrenzenden Zellen sterben würden.
    Ich versuchte zu schlucken, aber meine Kehle war wie zugeschnürt.
    Wallace schob mich durch die schwere Stahltür im neunten Stock. Licht flutete in das schattige Treppenhaus. Das Wetter war nicht sonderlich gut, aber im dritten Stock blieben die Vorhänge den ganzen Tag geschlossen, und meine Augen brauchten einen Moment, sich an die Helligkeit zu gewöhnen. Ich schaute mich auf der vertrauten Betonterrasse um, die bis auf den höhlenartigen Eingang zum Treppenhaus, die Parkbank dahinter und die Wache des Widerstands, die die Straßen im Westen beobachtete, vollkommen leer war.
    Die Luft war nicht gerade frisch, aber auch nicht so abgestanden wie im Inneren des Gebäudes. Sie zu atmen erhöhte meine Achtsamkeit und gab mir das Gefühl, schutzlos zu sein. Mit Wallace hier zu sein fühlte sich nicht so sicher an, wie allein herzukommen.
    An der Vorderseite des Hauses trat er an den Rand heran, der von einer roten Ziegelmauer begrenzt wurde, die an die Zinnen eines altertümlichen Schlosses erinnerte. Ich folgte ihm in den Schatten und blickte zu dem hoch aufragenden, verlassenen Bürogebäude gegenüber dem Wayland Inn. Die Häuser berührten sich nicht, standen aber nahe beieinander, und ich fragte mich, ob Chase mich gerade aus einem dieser hohen, dunklen Fenster sehen konnte.
    »Sieh mal da rüber zum Freeway«, sagte Wallace und zeigte an dem Nachbarhaus und den Slums vorbei zu der erhabenen Schnellstraße am Fluss. Ein paar vereinzelte Fahrzeuge waren unterwegs, aber durch den Nebel war unmöglich auszumachen, ob es Streifenwagen waren.
    »In diesen Wagen da sitzen Leute, die überallhin können, wo sie hin wollen. Leute, die keinen Hunger leiden und nicht frieren müssen wie die Menschen auf dem Platz. Männer, die noch Arbeit haben. Mädchen, die noch zur Schule gehen.« Er beugte sich vor, stützte sich mit den Ellbogen auf den Sims und schaute in meine Richtung.
    Plötzlich erbebte etwas in meiner Brust und brach unter dem Ansturm all der Dinge, die ich abzublocken versucht hatte. Mein Zuhause. Beth mit ihrem wilden roten Haar. Dies wäre mein letztes Schuljahr gewesen. Im Juni hätte ich meinen Abschluss gemacht.
    »Manchmal komme ich hier herauf und beobachte sie. Ich weiß nicht, ich glaube, ich komme nur her, um in Selbstmitleid zu baden.« Er seufzte. »Ich wusste nie, wie gut ich es hatte, damals, ehe das alles begann. Wie leicht es war, eine Straße hinunterzugehen, ohne fürchten zu müssen, dass irgendjemand einen festnimmt.«
    »Ja.« Ich starrte stur die Fahrzeuge an.
    »Weißt du, was mir dabei immer bewusst wird?«, fragte er.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Dass die mir noch mehr leidtun.«
    Eine Sirene zerriss die Luft und lenkte meine Aufmerksamkeit auf die Alabasterfestung, die sich, geschützt von hohen Steinmauern, zwanzig Meilen östlich von uns befand. Die FBR -Basis.
    »Wie meinst du das?«, wollte ich wissen.
    »Mein Haus mag nicht nach viel aussehen, aber es schützt meine Familie. Ich habe Essen im Bauch und ein Dach über dem Kopf.« Er streckte die Arme vor sich, als hielte er etwas Kostbares in Händen. »Aber, was noch wichtiger ist, ich bin frei, Miller. All diese armen Menschen, die die Regeln befolgen, sitzen in einem Gefängnis aus Furcht.«
    »Du bist nicht frei«, gab ich frustriert zurück. »Du bist genauso ein Gefangener wie die es sind. Es gefällt mir nicht, aber es ist die Wahrheit. Die einzige Möglichkeit, wirklich sicher zu sein, ist, konform zu sein.«
    Doch plötzlich klangen die Worte so leer. Wie viele Stunden hatten meine Mutter und ich damit zugebracht, um Nahrungsberechtigungsscheine zu bitten und Papiere auszufüllen, um eine Aussetzung der Hypothekenzahlungen zu beantragen? Uns ein Bein ausgerissen, weil jeder Job in der Stadt mit der nicht makellosen Akte
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