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Geschöpfe Der Ewigkeit

Geschöpfe Der Ewigkeit

Titel: Geschöpfe Der Ewigkeit
Autoren: Christopher Pike
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nicht«, beschwere ich mich.
    »Hat Suzama dir immer alles erklärt?«
    »Meistens.«
    »Nein. Sie hat ihre Lektionen stets nur soweit ausgeführt wie sie es konnte.
    Sie war nicht allwissend. Sie sah einen Teil der Seele Gottes, aber eben nur einen Teil. Kein Mensch kann alles sehen. Und Suzama war nicht unfehlbar.«
    »Ist John unfehlbar?«
    Der kleine Junge schläft tief und fest. Als Paula antwortet, klingt ihre Stimme liebevoll. »John ist noch ein Baby.«
    »Aber wer war er in der Vergangenheit?«
    Paula überlegt.
    »Ich weiß nicht.«
    »Suzama hat vorhergesagt, daß dieses Kind sein würde wie die anderen: Jesus, Shankara, Krishna. Sie hat geschrieben, daß … Ich habe ihre Worte mit eigenen Augen gesehen.«
    »Warum fragst du mich dann?«
    »Um zu hören, ob es wahr ist.«
    »Ah. Das ist also die Frage, nicht? Was ist wahr? Hat Suzama nicht auch geschrieben, daß der Glaube Berge versetzen kann?«
    »Aber ich stelle dir diese Fragen, um zu wissen, an was ich glauben darf.«
    »Glaube an dich selbst, Sita. Diese Fremden sind aus einem ganz bestimmten Grund zu dir gekommen. Und es scheint mir ganz und gar nicht so, als läge ihnen das Wohlergehen der Welt am Herzen. Du mußt sie finden, herausfinden, was sie vorhaben und wie sie es durchführen wollen.«
    »Hast du das auch in einer Vision gesehen?«
    Paula wendet den Kopf in eine andere Richtung. »Ich habe schon viel zuviel gesehen.«
    Auch meinen Tod?
    »Du kannst es mir ruhig sagen«, entgegne ich ruhig.
    »Nein.«
    »Ich habe keine Angst zu erfahren, was vor mir liegt.«
    Paula senkt den Kopf. Eine Träne rinnt über ihre Wange.
    »Ich habe Angst«, flüstert sie.
    »Suzama«, sage ich – und verstumme. Aber Paula hat sich schon zu mir umgewandt und schüttelt den Kopf.
    »Ich habe dich nicht angerufen, so wie ich es versprochen hatte, nachdem ich vor Kalika geflohen war«, sagt sie. »Weißt du, warum?«
    »Ich wollte dich irgendwann danach fragen. Ich nehme an, du hattest eine Vision, die dir gesagt hat, daß es besser sei, auf Distanz zu bleiben. Zumindest eine Weile.«
    »Nein. Ich habe es nicht getan, weil ich begann, dein Schicksal zu verstehen –
    das Schicksal an sich. Man kann es nur leben, nicht erklären. Das Schicksal ist wie ein Geheimnis, das in dem Moment aufhört zu existieren, in dem man es zu erklären versucht. Es ist wie bei einem Zaubertrick. Wenn dir jemand erklärt, wie er funktioniert, zerstört er damit die Magie.«
    »Damit willst du sagen, daß du mir nicht mehr von dem berichten willst, was du gesehen hast, nicht wahr?«
    »Ich habe nicht mehr gesehen, und darüber bin ich froh.«
    »Du wirkst eher traurig als froh.«
    Paula lächelt unglücklich. »Weil ich weiß, daß du bald fortgehen wirst.«
    Daran habe ich eben auch gedacht. Ich muß so bald wie möglich nach Los Angeles zurückkehren, um mehr über Heidis Hintergrund in Erfahrung zu bringen. »Aber ich werde mich melden«, entgegne ich. »Wir werden uns bald wiedersehen.«
    Paula sagt nichts darauf. Sie blickt auf das Gefäß, das Kalikas Asche enthält.
    »Warum hast du es hierher gebracht?« fragt sie.
    »Um die Asche ins Wasser zu streuen.«
    Sie nickt. »Es ist Zeit, weiterzuziehen.«
    Trauer überkommt mich wie eine gewaltige Welle. »Ich denke noch immer die ganze Zeit an sie.«
    »Sie hat das Leben gelebt, für das sie geboren wurde.« Sie überlegt kurz, bevor sie fortfährt. »Ich habe dir niemals erzählt, was sie zu mir gesagt hat, als sie in mein Haus stürmte und mir John entriß. Sie sagte: `Hallo Paula. Ich habe keine Freunde, aber ich bin eine Freundin deines Sohns. Heute nacht wird alles in einer riesigen Welle von Blut ertränkt werden. Aber mach dir keine Sorgen, er ist stärker als die Kräfte dieser Nacht´.«
    Ich bin den Tränen nah. »Ihr Leben war so kurz«, murmele ich.
    Paula tröstet mich, streicht mir über den Arm. »Sie konnte nicht lange bleiben. Kalika war ein Stern, der zu hell geleuchtet hat. Die Kraft ihrer Seele hätte uns auf Dauer alle geblendet.« Damit weist sie auf die Urne und erhebt sich. John schläft noch immer auf ihrem Arm. »Verabschiede dich. Ich werde im Haus auf dich warten.«
    »Um mir auf Wiedersehen zu sagen?« frage ich leise.
    »Ja.«
    Meine Stimme ist voller Emotion, und ich muß ihr erklären, warum das so ist.
    »Ich habe Suzama geliebt. Ich habe sie von ganzem Herzen geliebt. Als sie starb, wäre auch ich am liebsten gestorben.«
    Ihre Worte sollen mich trösten: »Damals warst du noch jung. Jetzt bist du
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