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Geschmiedet in Feuer und Magie - Fox, D: Geschmiedet in Feuer und Magie - Dragon in Chains

Titel: Geschmiedet in Feuer und Magie - Fox, D: Geschmiedet in Feuer und Magie - Dragon in Chains
Autoren: Daniel Fox
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des Festlands opfern, die er gewöhnlich nicht belästigte.
    In Nächten wie dieser – wie in jeder anderen Nacht – sorgte seine Li-Göttin dafür, dass er in Sicherheit war. Manchmal vergaßen Schiffer, fromm zu sein, das wusste er. Er nicht. Er brachte Speisen in ihren Tempel; er spendete ihren Mönchen bares Geld; er schüttete Reis und Wein über seinen Bug, wann immer er den sicheren Hafen verließ, und sie brachte ihn immer sicher wieder nach Hause. Nicht allein der Zug der Strömung an seinem Ruder oder die Gerüche im Wind verrieten ihm, wo genau er sich gerade in der Meerenge befand. Er spürte, wie ihre kühle, starke Hand die seine führte, wenn er steuerte, er hörte, wie ihm ihre Stimme – fließend und lyrisch – einen Pfad durch den Nebel sang. Wenn der Nebel sich lang genug lichtete, um ihm die Sterne zu zeigen, spürte er ihren Atem auf seinem Gesicht, der dem der Drachin entgegenwirkte.
    Ein Mensch brauchte solch einen Glauben, solch eine Göttin, wenn er ein großes Boot nur mit seinem ältesten Enkelkind als Besatzung in tiefe Wasser lenkte. Ein großes Boot – und dazu noch eine ganze Flotte. Wenn
der alte Yen jetzt einen Blick über die Schulter geworfen hätte, hätte er, blass und verschwommen, die Lichter der Hälfte aller Boote des Dorfs gesehen, die ihm folgten. An seinem Heck brannte eine hellere Laterne, damit jeder, der sich zugleich in den Nebel und aufs Meer wagen wollte, ihm folgen konnte. Für manche war die Hoffnung auf einen guten Fang jedes Mal das Risiko wert; sie würden ihre Netze füllen und es ihm überlassen, sich Sorgen zu machen. Als hätte er nicht schon genug Sorgen gehabt, da er doch dieses schwergängige, leelastige Ungetüm von einem Bastardboot mit nur einem Besatzungsmitglied segelte. Einem willigen Besatzungsmitglied immerhin, aber das reichte nicht; es war noch jung, so jung …
    Wenn er mit zusammengekniffenen Augen nach vorn spähte, sah er zwei Hinterbacken und einen Lendenschurz dort, wo Mei Feng sich gewagt über die Reling lehnte, um das Netz einzuholen.
    »Mei Feng! Pass auf!«
    Wenn Mei Feng über Bord ging, würde die Last des Nebels dafür sorgen, dass sie für die sterbliche Welt verloren war – ein Geist, der nur noch durch eine Wasserwelt zu wandeln vermochte. Als der alte Yen einen Blick über die Reling warf, konnte er noch nicht einmal das Wasser sehen.
    Mei Feng winkte, zerrte, und das Netz kam in Sicht: Ein Schatten im Licht der Buglaterne, dick, schwer und zum Bersten gefüllt, wie ein Wassertropfen, der an einem Haar hing. Yen wandte sich um, brüllte über die Heckplanken hinweg, ein tiefer, heulender, wortloser
Schrei. In der Nebelsprache gab es nur wenig zu sagen. Streicht die Segel; wir werden uns treiben lassen. Die Gezeitenströmung würde sie langsam auf die Küste zutragen. Der Wind und die Strömung des Flusses würden sie bis Sonnenaufgang davon fernhalten.
    Er hörte, wie sein Ruf aufgenommen und weitergegeben wurde. Eine verhallende Reihe von Echos. Und die Stille danach, Nebelstille, die nur vom fernen, schwachen Dröhnen des fürchterlichen Hammers des Mönchsschmieds durchdrungen wurde. Dann nicht einmal mehr das, wahre Stille, die weiß und nass lastete, als könne der Atem des Drachens mit der Zeit jedes Geräusch ersticken, jegliches Geräusch überhaupt …
     
    Und dann ein Geräusch, ein neues Geräusch: ein aufund abschwellender, grollender Sprechgesang. Der alte Yen brauchte einen Augenblick, bis er darin Stimmen erkannte, die einem bestimmten Rhythmus folgten, irgendwo im nebelerstickten Mondlicht.
    Einen Moment lang dachte er, sie wären viel näher an der Küste, als er angenommen hatte, vielleicht schon in der Flussmündung, und dies seien Gebete aus dem Tempel auf der Landzunge. Aber seine Li-Göttin hätte ihn gewarnt, wenn er die Flotte in Gefahr geführt hätte. Es sei denn, dass ihre Stimme vom Lachen der Drachin übertönt wurde – und selbst dann hätte er anhand des Wasserdrucks gegen sein Ruder etwas gespürt, Flussschlick, der gegen das Salzwasser der Gezeiten ankämpfte.
    Das war es also nicht. Es konnten auch nicht die Mönche aus der Schmiede sein. Wäre er nahe genug daran gewesen,
um ihre Gebete zu hören, hätte sich das Auge des Feuers direkt über ihm befunden und ihn versengt …
    Nein, nein. Das hier war etwas auf dem Wasser, wo sich nichts befinden konnte, was nicht menschengemacht war, und das bedeutete …
    Ein plötzlicher, hoch aufragender Schatten in der weißen Wand vor ihnen, dort
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