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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution
Autoren: Leo Trotzki
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ward; daß im April eigenmächtig auf die Straße hinausgegangene Regimenter Miljukow gestürzt hatten. Die Erinnerung an diese Tatsachen kam den gespannten und ungeduldigen Massenstimmungen sehr entgegen.
    Die Militärische Organisation der Bolschewiki, die man unverzüglich davon benachrichtigte, daß in dem Meeting der Maschinengewehrschützen Siedetemperatur herrsche, schickte einen Agitator nach dem anderen hin. Bald erschien auch Newski selbst, der von den Soldaten hochgeachtete Leiter der Militärischen Organisation. Er fand scheinbar Gehör. Doch die Stimmung der sich endlos ausdehnenden Versammlung wechselte, wie ihre Zusammensetzung. "Für uns war es die größte Überraschung", erzählt Podwojski, ein anderer Führer der Militärischen Organisation, "als um 7 Uhr abends ein Berittener herangesprengt kam mit der Nachricht, ... die Maschinengewehrschützen hätten erneut beschlossen, hervorzutreten." An Stelle des alten Regimentskomitees wählten sie ein Provisorisches Revolutionskomitee, je zwei Mann pro Kompanie, unter dem Vorsitz des Fähnrichs Semaschko. Speziell dafür bestimmte Delegierte besuchten bereits Regimenter und Betriebe, um Unterstützung werbend. Die Maschinengewehrschützen hatten selbstverständlich nicht vergessen, ihre Leute auch nach Kronstadt zu senden. So spannten sich, ein Stockwerk unter den offiziellen Organisationen, teilweise mit deren Deckung, zeitweilig neue Fäden zwischen den erregteren Truppenteilen und den Fabriken. Die Massen beabsichtigten nicht, mit dem Sowjet zu brechen, im Gegenteil, sie wollten, daß er die Macht übernähme. Noch weniger dachten sie daran, mit der bolschewistischen Partei zu brechen. Doch schien es ihnen, sie sei zu unentschlossen. Sie wollten mit der Schulter nachdrücken, das Exekutivkomitee verwarnen, die Bolschewiki vorwärtsstoßen. Es entstehen improvisierte Vertretungen, neue Verbindungsknoten und Aktionszentren, nicht dauernde, sondern für den gegebenen Fall. Wechsel von Lage und Stimmung vollziehen sich so schnell und schroff, daß selbst die elastischste Organisation, wie die der Sowjets, unvermeidlich zurückbleibt und die Massen gezwungen sind, jedesmal Hilfsorgane für die Forderungen des Augenblicks zu schaffen. Bei solchen Improvisationen schlüpfen nicht selten zufällige und nicht immer zuverlässige Elemente durch. Öl ins Feuer gießen die Anarchisten, desgleichen manche von den neuen und ungeduldigen Bolschewiken. Es schmieren sich zweifellos auch Provokateure heran, vielleicht auch deutsche Agenten, doch am ehesten Agenten der echtrussischen Konterspionage. Wie das komplizierte Gewebe der Massenbewegungen in einzelne Fäden zerlegen? Der Gesamtcharakter der Ereignisse tritt immerhin in aller Klarheit hervor. Petrograd fühlt seine Kraft, will vorstürmen, ohne sich nach Provinz oder Front umzusehen, und sogar die bolschewistische Partei ist bereits unfähig, es zurückzuhalten. Hier konnte nur Erfahrung helfen.
    Während sie Regimenter und Betriebe auf die Straße riefen, vergaßen die Delegierten der Maschinengewehrschützen nicht hinzuzufügen, daß das Hervortreten ein bewaffnetes sein müsse. Wie auch anders? Doch nicht sich waffenlos den Schlägen der Feinde aussetzen? Außerdem, und was vielleicht das wichtigste war, mußte man seine Macht zeigen, ein Soldat ohne Waffe aber ist keine Macht. In diesem Punkte waren alle Regimenter und alle Fabriken gleicher Meinung: Wenn hervortreten, dann nicht anders als mit einem Vorrat an Blei. Die Maschinengewehrschützen verloren keine Zeit: indem sie das große Spiel unternahmen, mußten sie es so schnell wie möglich zu Ende fahren. Das Material der Voruntersuchung charakterisierte später mit folgenden Worten die Handlungen des Fähnrichs Semaschko, eines der Hauptführer des Regiments: "... forderte von den Fabriken Automobile an, rüstete sie mit Maschinengewehren aus, entsandte sie zum Taurischen Palais und an andere Stellen, gab die Marschrouten an, führte persönlich das Regiment aus der Kaserne in die Stadt, fuhr zum Reservebataillon des Moskauer Regiments, um es zum Hervortreten zu bewegen, was er auch erreichte, versprach den Soldaten des Maschinengewehrregiments Unterstützung seitens der Regimenter der Militärischen Organisation, unterhielt dauernde Verbindung mit dieser Organisation, die sich im Hause Kschessins-kaja befand, sowie mit dem Führer der Bolschewik, Lenin, entsandte Wachen zum Schutze der Militärischen Organisation". Der Hinweis auf Lenin ist hier zur
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