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Geschenke für den Kommissar - Kriminalroman

Geschenke für den Kommissar - Kriminalroman

Titel: Geschenke für den Kommissar - Kriminalroman
Autoren: Verlag Vogelfrei
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hinterhältig eine Ahnung in ihm ein. Eine Ahnung, die mit der Zeit immer mehr an Kontur gewann. Als linker Hand der Waldsee in sein Sichtfeld gelangte, geriet das Gefühl, nicht alleine zu sein, fast zur Gewissheit. Ein kalter Angsthauch streifte Habicht.
    Zuerst erwog er umzukehren. Dann entschied er, seinen Kurs zu halten und zog das Tempo etwas an.
    Urplötzlich nahm er die Schritte wahr. Direkt hinter sich. Nun begann er zu rennen, das Herz pochte schmerzhaft in seiner Brust.
    Verstört jagte er den Waldweg entlang. Als er den Kopf drehte, war der Schatten hinter ihm, er schien nach ihm greifen zu wollen.
    Habicht wich zur Seite aus. Er fühlte, wie ihm die Luft knapp wurde, pfeifend stieß er den Atem aus. An einer Baumwurzel geriet er ins Straucheln und verlor das Gleichgewicht. Schweiß schoss ihm aus allen Poren. Noch im Sturz warf er sich herum und landete unsanft auf dem Hintern. Der heftige Stoß fuhr ihm bis in die Schädeldecke.
    Mit schmerzverzerrtem Gesicht versuchte er, wieder auf die Beine zu kommen.
    Da sah er in diese Augen.
    In diese Augen, die ihn eiskalt und doch spöttisch und voller Hohn bei seinen Bemühungen beobachteten. Sie lugten durch schmale Sehschlitze, die in eine dunkelblaue Wollmütze geschnitten waren. Der Fremde hatte die Mütze tief ins Gesicht gezogen.
    Als Walter Habicht die Waffe, eine Beretta M 1934, in der Hand des Unbekannten erblickte, erstarrte er. Regungslos beobachtete er sein Gegenüber. Der Maskierte ließ ein leises gehässiges Lachen hören.
    Eine Gänsehaut huschte über Habichts Rücken und er bemühte sich aufzustehen.
    Der Fremde ließ ihn schweigend gewähren und näherte sich Habicht bis auf zwei, drei Schritte. Ein Adrenalinstoß schoss durch Habichts Körper. Er straffte die Muskeln. Es dauerte keine Sekunde. Unvermittelt sprang er auf den Angreifer zu, packte den Arm, der die Waffe hielt, und drehte ihn um. Ein Aufschrei ertönte, doch der Widersacher behielt die Beretta fest in der Hand und stieß dem Jogger das Knie in die Hüfte. Habicht stöhnte auf und sein Griff erlahmte.
    Bevor der Bewaffnete sich befreien konnte, langte Habicht mit der freien Hand nach der Wollmütze und zog sie seinem Gegner vom Kopf.
    Was er sah, traf ihn wie ein Keulenschlag. Er riss die Augen ungläubig auf und taumelte rückwärts. Ein heiseres Krächzen entfuhr seinem weit geöffneten Mund.
    „Du?“
    Sein Blick pendelte voller Furcht zwischen der Mündung der Waffe und dem vertrauten Gesicht, das sich nun zu einer hässlichen Fratze verzerrte.
    „Was willst du von mir? Was soll das?“, stieß Habicht von Angst gepackt aus.
    Die Wollmütze brannte in Habichts Hand wie Feuer. Zu spät kam die Erkenntnis, dass er einen schweren Fehler gemacht hatte.
    Es sollte sein letzter Fehler gewesen sein.
    Habicht spürte einen heftigen Schlag gegen die Brust. Ein reißender Schmerz verteilte sich explosionsartig in seinem Oberkörper. Er taumelte zwei Schritte rückwärts und begann, hilflos mit den Armen zu rudern. Noch im Fallen verstand er das erste Mal seit fast fünfzig Jahren die Bedeutung der ersten Zeile seines Lieblingssongs.
    Hello darkness, my old friend


Dienstag, 19. Juni
Birsteiner Straße, Frankfurt-Fechenheim
2
    Es war ein herrlicher Urlaub für Georg Gehring gewesen. Schlafen, so lange er wollte, grandioses Wetter, toller Strand, faulenzen, ein wenig Sport, natürlich in Maßen, exzellentes Essen, wobei das Maß etwas großzügiger gehandhabt wurde, und eine glückliche Ehefrau an seiner Seite. Vor allen Dingen aber hatte es keine hektischen Anrufe von Polizeikollegen, keine dubiosen kriminellen Machenschaften, keine Mordfälle oder ähnlich unappetitliche Ereignisse gegeben.
    „Auf den tollen Urlaub!“
    Martina Gehring hob ihr Sektglas und schaute ihren Mann über den Küchentisch hinweg liebevoll an. Ohne seinen Bart sah Georg glatt zehn Jahre jünger aus, fand sie. Es hatte etliche Anläufe gebraucht, bis sie ihren Mann überreden konnte, seine gepflegte Gesichtsbehaarung wenigstens probehalber abzulegen. Die lockere Urlaubsstimmung und das eine oder andere Glas Wein hatten sich zu guter Letzt als geeignete Verbündete in diesem Ansinnen erwiesen, und ihr Mann hatte zum Rasierapparat gegriffen. Auch die etwas länger gewordenen Haare gefielen ihr an ihm. Das war allerdings eher dem Zufall geschuldet, denn an der gesamten ligurischen Küste war kein Friseur ausfindig zu machen gewesen, der das Vertrauen des Ex-Hauptkommissars gerechtfertigt hätte. Die kleine
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