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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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nicht allen verständlich.
    B.: Sind Ihre übrigen Bemerkungen auch alle von der Art?
    I.: Ja.
    Berkowa kehrte in den Verlag zurück, erstattete Kompanijez Bericht, er rief sofort im Glawlit an, und eine Stunde später ging ich mit Berkowa ins Glawlit und holte »R« ab. Es wurde sofort in die Herstellung gegeben. Das ist alles.
    Das ist alles, was ich dir mitteilen wollte. Toll, was?
    Fast drei Monate Nervenkrieg, angehaltene Produktion, wer weiß wie viel Tausend Verlust …
    Das war unser erster ernster Zusammenstoß mit der Zensurmaschinerie, und zwar, wohlgemerkt, nicht einmal mit dem Glawlit selbst, sondern nur mit seiner Tochterfiliale. Wir atmeten damals erleichtert auf, aber wir hatten noch gar keine Vorstellung, wie es wirklich sein würde.
    Überhaupt muss man zugeben, dass »Rückkehr« unter ideologischen Korrekturen nur wenig gelitten hat, und auch das nur auf der Ebene von Lektorat und Verlag. Höhere Instanzen mischten sich, Gott sei Dank, nicht ein. Erstens hatten die Strugatzkis nicht die Statur, dass sich die ideologischen Führer für sie interessiert hätten, zweitens wurde Science Fiction damals von offizieller Seite kaum beachtet, und auch die Zeiten selbst waren, wie gesagt, unglaublich liberal.
    Aber ein paar »liebedienerische« Absätze mussten wir doch aus dem Roman hinauswerfen, als wir die vorliegende Ausgabe [von 2001] vorbereiteten. Und das erste Opfer dieser Säuberung wurde das überdimensionale Lenin-Standbild, das auf ausdrücklichen Wunsch der Lektoratsobrigkeit über dem Swerdlowsk des 22. Jahrhunderts aufragte – auf diese Weise wollte die Obrigkeit die Verbindung zwischen Heute und Morgen herstellen. Mit saurer Miene fügten wir das Verlangte ein. Unsere saure Miene rührte nicht daher, dass wir etwas gegen den Führer der Weltrevolution gehabt hätten, im Gegenteil, wir hielten große Stücke auf ihn. Aber alle diese Standbilder, Losungen und wehenden Fahnen rochen derart nach ideologischer Speichelleckerei, dass unser natürliches Gefühl für literarischen Geschmack betrübt und beleidigt wurde.
    Der aufmerksame Leser sollte im Blick behalten, dass ich aus dem alten sowjetischen Text alles gestrichen habe, was wir einfügen mussten , aber alle ideologischen wohlgemeinten Dummheiten belassen habe, die die Autoren freiwillig eingefügt hatten, sozusagen weil es ihnen ein Herzensbedürfnis war. Wir waren ja doch Menschen unserer Zeit, sicherlich nicht die dümmsten, aber auch keineswegs die klügsten unter unseren Landsleuten. Die Wörter »Kommunismus«, »Kommunist«, »Kommunarde« bedeuteten uns damals viel. Insbesondere bedeuteten sie ein lichtes Ziel und reine Absichten. Wir brauchten gut ein Jahrzehnt, um zu begreifen, was wirklich los war. Zu begreifen, dass »unser« Kommunismus nichts gemein hatte mit dem Kommunismus des Genossen Suslow. 31 Dass ein Kommunist und ein Mitglied der KPdSU in der Regel unvereinbare Begriffe waren. Dass der sowjetische Kommunismus und der Kommunismus, wie wir ihn verstanden, nicht mehr gemein hatten als eine Brillenschlange und die Intelligenz. Aber das stand uns alles noch bevor. Damals, zu Beginn der Sechzigerjahre, war »Kommunismus« für uns ein klares, funkelndes, absolutes Wort und bedeutete die Welt, in der man gern leben und arbeiten möchte .
    Mit »Rückkehr« begann ein langer Zyklus von Romanen, dessen handelnde Personen die »Menschen des Mittags« waren. In dem Roman wurde ein Hintergrund aufgespannt, eine Dekoration, eine nicht übel durchdachte Welt erschaffen – eine Szene, die geradezu danach verlangte, dort eine Reihe von Stücken aufzuführen, die aus vielerlei Gründen und Erwägungen nicht in den Dekorationen des gewöhnlichen, realen Alltagslebens spielen konnten. Die Welt des »Mittags« war geboren, und die Autoren traten in sie ein, um sie drei Jahrzehnte lang nicht zu verlassen.
    Der ferne Regenbogen
    Im August 1962 fand in Moskau die erste (und anscheinend letzte) Beratung von Schriftstellern und Kritikern statt, die auf dem Gebiet der Science Fiction arbeiteten. Es gab dort Vorträge, die uns alle ideologisch auf Linie bringen sollten, Begegnungen mit ziemlich hochrangigen Obrigkeiten (zum Beispiel mit dem Sekretär des ZK des Komsomol Len Karpinski), es gab Diskussionen und kulinarische Scharmützel, vor allem aber wurde uns dort unter dem Siegel der Verschwiegenheit Stanley Kramers Film Das letzte Ufer gezeigt.
    (Dieser Film ist heute fast vergessen, aber zu Unrecht. In jenen Jahren, als die Gefahr einer
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