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Gesammelte Werke

Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke
Autoren: Robert Musil
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des Bösen oder des Appetitiven und so weiter, zu wenig und zu spät in Erscheinung tritt!
    Die Teilprobleme, wie sie zwischen Ulrich und Agathe auftauchen, schraube sie auf ihre Kleinheit zurück! Zum Beispiel spielt Entweder-Oder contra Sowohl-als-auch in der modernen philosophischen Diskussion eine Rolle (Kierkegaards entscheidungsstarkes Entweder-Oder-Denken gegen Hegels entscheidungsschwaches Sowohl-als-auch-Denken). Denkerisch sind diese Teilprobleme nicht mehr als Mosaikstücke. Können also nicht mehr sein als Teile der Erzählung eines Erlebnisses. Lasse dich also gedanklich nicht zu sehr mit ihnen ein. Benutze dies schon zur Korrektur von Die Ungetrennten und Nichtvereinten (oder wie es heißen wird)! Es muß dieses Auftauchen und Verschwinden und Erleben –––– fortsetzen.
    Bei Beginn mit Wandel unter Menschen, einer neuen Reinschrift: Die Schwierigkeiten, die mir durch Jahre alle berührten Probleme bereiten, die immer erneuten Umarbeitungen, Hoffnungen und Enttäuschungen, haben mich die Sache immer prinzipieller anfassen lassen. Obwohl das nun gedanklich noch beiweitem nicht genügt, hat sich darstellend-stilistisch eine unangenehme Umständlichkeit eingeschlichen. Ich muß unbekümmerter und kürzer schreiben. Das ist der Sinn der irgendwo notierten Bemerkung, daß die Einfalle aphoristischer auszudrücken seien.
    Es ist ein Hauptfehler, am Geschriebenen zu haften; es verwickelt in das Augenblickliche bis ins Grammatische. Man muß festhalten, was jeweils gesagt werden soll, und muß ihm so unmittelbar wie möglich an den Leib rücken ––––
    Zur Technik: Ein Gespräch muß in ein Geschehen münden oder aus einem hervorgehen oder eines begleiten!
    Ironischer Erziehungsroman Agathe-Ulrich? Ironische Darstellung des tiefsten Moralproblems; Ironie ist in diesem Fall Galgenhumor. Ironie: Agathe nimmt ernst, was man ihr erzählt: Vater-, Lehrer- und Männerideologie und so weiter. Ironisch: Der zu Gott geneigte Mensch ist individual-psychologisch der mit Mangel an Gemeinschaftssinn. Die Pseudo-Neurotiker.
    Was Band II bisher fehlt, ist der geistige Humor. Die General-Kapitel sind kein Ersatz dafür, daß die Theorie des «anderen Zustand» und die Geschwisterliebe ohne Humor behandelt wird. Erster Ansatz nun im Scheusalkapitel (Kuß). Als Paradigma ist mir eingefallen: Das Duell ist ein Überbleibsel des Brunstkampfes, also auch unsere Ehrbegriffe sind es. Meine Grundlagen sind nun nicht mehr als ein solches Apercu: dieses Bewußtsein muß zu ihrer ernsten Behandlung noch hinzukommen!
    Gott: In II/2 tritt als Hauptsache hinzu die empirische Gottesvorstellung des Kapitels Mondstr. a. Tage. Sodann die Behandlung eingangs ‹Atemzüge ...›
    Hauptsache ab jetzt Korr III, Bem 9: Erzählung der Geschichte einer Leidenschaft. Darin Gott (neben Soz. u Sex): ein Versuch, Halt zu geben. U. zw. ein nicht gerade systematisch wiederkehrender Versuch. Statt Geschichte einer Leidenschaft, die unter anderem auch zu Gott führt, ließe sich auch vermuten, daß die Leidenschaft Gottes-Leidenschaft sei. Der Gottesleidenschaft fehlt der Gegenstand, sie erfindet und glaubt ihn –––– Sie ist als Schicksal gegeben. –––– Tagebuch ist Psychologie der Gottesleidenschaft.
    Gott: ein Mittel, die Gesteigertheit zu erhalten. Es ist der Zustand ohne Lachen; Mystiker lachen nicht.
    Es ergibt sich – innerhalb des Tagebuchs die Aufgabe, von der individuellen und sozialen Auffassung zur ausschließlich individuellen (Verbrecher und Gott) zu kommen.
    Im Tagebuch drücken sich zwei Hauptrichtungen aus: Motiviertes Leben und das Leben selbst ist mystisch, nämlich dort, wo es nicht Verstand, Gewalt und dergleichen ist.
    Ergebnis?: Der Hang zum Motivischen, seine höchste Bewertung, ist aus Ulrichs Leben nicht wegzudenken; aber ausgedacht führt er auf eine Utopie.
    Die profane Fassung von Philautia ist ungefähr: Gibt es eine aus der Fülle kommende Pflicht, gibt es ein wahres und beseligendes Gesetz, einen tiefen und glücklichen Ernst des Lebens?
    Eine bessere Organisation der Menschheit ist nur von der Selbstlosigkeit zu erwarten.
    Oberster Gedanke von Anfang Band II an: Krieg; «anderer Zustand»-Krieg dem untergeordnet als Nebenversuch der Lösung des «Irrationalen».
    Das Aufbauprinzip der moralischen Probleme bildet doch eigentlich die Moral des Kriegs! Kriege treten nicht wie Epidemien durch äußere Einflüsse auf, sondern von innen!
    Von heute gesehen, ist das Problem: der verteidigungsfähige
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