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Gerettet von deiner Liebe

Gerettet von deiner Liebe

Titel: Gerettet von deiner Liebe
Autoren: CARLA KELLY
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James an seine Zeit auf der Insel. In den ersten beiden Jahren hatte er fest mit seiner Rettung gerechnet. Im dritten Jahr hatte er die Hoffnung aufgegeben. Angst und Verzweiflung waren einer dumpfen Gleichgültigkeit gewichen, mit der er sich in sein Schicksal ergeben hatte. Kein Schiff war gekommen. Er war dazu verdammt, für immer als König über seine einsame Insel zu herrschen, etwa eine Meile breit und drei Meilen lang, umgeben von Korallenriffen, umspült von den warmen Gewässern des Südpazifik. Er hatte nichts weiter zu tun, als jeden Tag Nahrung zu finden und seine Freunde der Gattung Gloriosa zu beobachten.
    Und er hatte sich eine dritte Aufgabe gestellt. Er machte peinlich genaue Aufzeichnungen der Tage, Wochen, Monate und Jahre, und jeden Sonntag deklamierte er mit lauter Stimme sämtliche Artikel des Kriegsrechts, so wie er es von allen Sonntagen an Bord eines Schiffes der Königlichen Marine gewohnt war, und am Abend, wenn er genügend Brennholz hatte, entzündete er ein Feuer. Diese Sonntagsrituale mahnten ihn daran, dass er auch als nackter, von der Sonne verbrannter, zerzauster und bärtiger Wilder immer noch Engländer war.
    Nach fünf Jahren war er bereit, auch dieses Ritual zu vernachlässigen, da es ihm allmählich lächerlich erschien. Da er aber reichlich Brennholz gesammelt hatte, entschied er sich für ein letztes Lagerfeuer.
    Beim Entfachen des Feuers hatte er ein tief hängendes Wölkchen am westlichen Horizont bemerkt. Am nächsten Morgen hatte die Wolke sich in ein Schiff unter Segeln verwandelt. Zudem entdeckte er ein Beiboot, das durch die Lücke im Korallenriff schoss und direkt in seine Richtung ruderte.
    Statt zum Strand zu laufen und seinen Rettern zu winken, versteckte er sich furchtsam hinter den ausladenden Blättern einer Tropenpflanze. Später erklärte er seinen Rettern, er habe sich seiner Nacktheit geschämt, doch das war gelogen. Der Anblick von Menschen hatte ihm Angst eingejagt.
    Bei dem Schiff handelte es sich um die Odyssey, die von der Londoner Missionary Society mit Mönchen nach Tonga geschickt worden war, um Heiden zum wahren Glauben zu bekehren. Die Einwohner dieser Insel aber wollten sich nicht bekehren lassen und nahmen die Fremden kurzerhand als Sklaven gefangen. Nun befand sich die Odyssey auf der Flucht mit den Überlebenden an Bord – unter ihnen auch Sam. Es waren nur noch fünf der ehemals zehn Mönche, die fliehen konnten, nachdem sie jahrelang unter einem König von unbeschreiblicher Leibesfülle Sklavenarbeiten verrichtet hatten, der wenig Geduld mit bleichen Männern aufbrachte, die schlecht rochen und ständig etwas an ihm auszusetzen hatten.
    Nackt wie am Tag seiner Geburt, fand Lieutenant James Trevenen, Zweiter Offizier auf der Orion der Königlichen Marine, sich an Deck des Missionarsschiffes wieder und bedeckte seine Blöße mit dem geteerten Leinenbeutel, in dem er das Logbuch der Orion und seine Aufzeichnungen über die Gloriosa aufbewahrte.
    Als der Kutscher nun in sein Posthorn stieß, schlug James die Augen auf und schaute an sich herab, um sich zu vergewissern, dass seine Lenden bedeckt waren. Er war längst wieder in die Zivilisation zurückgekehrt, sollte demnächst mit einer Auszeichnung geehrt werden, und alles, woran er denken konnte, war die Insel, Sam Higgins und zu allem Überfluss auch noch Lady Artemisia Audley.
    Die Kutsche leerte sich rasch, er aber blieb benommen sitzen, da er sich plötzlich bewusst geworden war, dass er keine Pläne für die Zukunft hatte. Sein Landgut in Cornwall wusste er in den fähigen Händen eines Cousins zweiten Grades, der ihm nach seiner wunderbaren Auferstehung von den Toten den Besitz ohne Murren wieder überlassen hatte. Sein Gutsverwalter, ein zuverlässiger Mann, brauchte keine Unterstützung von ihm. James hatte weder Frau noch Kind, die seine Rückkehr herbeigesehnt hätten. Er hatte einen Schiffbruch überlebt, Hungersnot, Verzweiflung und Einsamkeit, und all das hatte eigentlich für niemanden eine Bedeutung.
    Schließlich holte er sein Gepäck aus dem Holzkasten hinter der Kutsche und klemmte sich die Ledermappe mit dem Manuskript der Gloriosa unter den Arm. Innerlich aufgewühlt und schlecht gelaunt suchte er das nächste Gasthaus auf und setzte sich in die hinterste Ecke in der Gaststube, nachdem er im Vorübergehen beim Wirt eine Schweinepastete bestellt hatte.
    Lustlos würgte er das Essen hinunter, bezahlte und verließ das überfüllte Gasthaus. Bald fand er eine offene
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