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Geraeuschkiller - Mutige Liebe

Geraeuschkiller - Mutige Liebe

Titel: Geraeuschkiller - Mutige Liebe
Autoren: Eva Severini
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hallte. Mitch stimmte mit
erhobener Schnauze ein Wolfsgeheul an.
    Mitten im
Lärmen und Lachen stutzte Clara – bei den Birken stand plötzlich ein Mann, den
sie im Dorf noch nie gesehen hatte. Er durchbohrte sie mit seinem Blick. Clara
spürte eine eisige Klammer in ihrer Brust. Seine Augen hatten etwas beklemmend
Lebloses. Der Mann trug einen schwarzen Reisekoffer. Ein Urlauber
wahrscheinlich. Ein ekelhafter Typ, dachte sie und schaute schnell weg.
    Kurz darauf
war er verschwunden. Doch das bange Gefühl wollte nicht vergehen.
    Als die
Turmuhr sechs Uhr schlug, machten sich die Kinder auf den Heimweg.
    »Ich geh
heute auch gleich nach Hause«, sagte Pedro. Seine Haare unter der Basecap waren
nass geschwitzt vom Tanzen. Er schaute besorgt auf Mitch. »Er braucht Ruhe. Er
ist heute ganz schön rumgetobt. Ich hoffe nur, dass seine Pfote davon nicht
schlimmer wird.«
    »Ist der
Dorn schon rausgeeitert?«, fragte Clara.
    »Noch nicht
ganz. Eigentlich sollte Mitch stillhalten. Morgen lass ich ihn zuhause, sonst
heilt die Wunde nie.«
    Clara
sah den beiden nach, wie sie zwischen den Birken verschwanden. An Nachmittagen
wie diesem, wenn sie die Nachbarskinder mit ihrem Geräuschtheater zum Staunen
und Lachen bringen konnte, fühlte sie sich glücklich. Später einmal wollte sie
Geräuschakrobatin werden, wie Roman Rebell, den sie einmal auf der Bühne des
Stadttheaters bewundert hatte.
    Sie bummelte heimwärts, die Mücken tanzten im letzten Sonnenlicht,
dann und wann quakte in der Stille ein Frosch im Schilf, und ein Fisch sprang
mit einem Platsch aus dem Wasser, um nach Fliegen zu schnappen.
    Clara liebte die Stille, aus der die Geräusche auftauchten, und in
die hinein sie verklangen. Hier draußen hörte sie die Stille immer, in der
Stadt ganz selten, doch sie war sicher – die Stille lag hinter allem.
    Doch
heute kam ihr immer wiede r
der Fremde mit dem schwarzen Koffer in den Sinn, sein unheimlicher Blick. Er
war so plötzlich aufgetaucht, so plötzlich wieder verschwunden. Wer war dieser
Mann, dessen Augen sie an diesem heißen Sommertag frieren machten?
    Sie fuhr
erschrocken zusammen. Hatte da hinter ihr im Gebüsch ein Zweig geknackt?
    Nein, da
war nichts. Sie atmete auf.
    Am Weg
stand groß und mächtig eine alte Buche. Sie überragte den Turm der Dorfkirche
und ihre Äste senkten sich bis zum Boden wie ein langes grünes Kleid. Mehr als
200 Jahre stand sie schon hier. Die Abendsonne tauchte sie in glühendes Rot.
    Clara bog
die Äste beiseite und drang in den Blätterschatten ein. Sie legte die Arme um den
Baumstamm, er fühlte sich schön warm an von der Hitze des Tages. Wie gut und
vertraut er nach Harz duftete!
    Sie schwang
sich auf den untersten Ast und kletterte rasch immer höher und höher hinauf.
Ihre nackten Füße suchten Halt in einem Astloch, tasteten sich dann zu einer
Astgabel vor. Da und dort trat klebrig glasiges Harz aus dem silbergrauen Stamm.
Clara wippte mit den Füssen auf einem Ast, und die Blätter raunten dazu im
Takt. Wie frei sie sich hier oben fühlte!
    Noch ein
paar Handgriffe und sie hatte ihren Geheimplatz ganz oben in der Buche
erreicht. Dort bildeten drei ineinander verschlungene Äste einen bequemen Sitz.
Clara kuschelte sich in die Kuhle und ließ die Beine baumeln. Sie war schon
länger nicht mehr hier gewesen.
    Die alte
Buche war ihr Zufluchtsort seit sie auf Bäume klettern konnte. Wie oft hatte
sie hier oben ihre Wunden geleckt, wenn sie schlechte Noten nach Hause brachte,
wenn Armin Wolfrum sie vor der ganzen Klasse piesakte, oder wenn ihre Eltern
sich stritten.
    Von hier
oben sah alles so klein, so fern aus, da wurde auch ihr Kummer kleiner. Jetzt
ließ auch das beklemmende Gefühl in ihrer Brust ließ nach.
    Von hier
auskonnte sie das ganze Dorf überschauen. Jenseits der großen
Wildwiese, die die mächtige Buche wie ein bunter Blumenteppich umgab, stand ihr
Elternhaus, direkt am Wiesenrand. Ein schnuckeliges altes Haus, an dem sich der
Efeu bis unter das Dach hochrankte.
    Daneben
hatte Miguel Masón, Pedros Vater, seine blitzweiße Prunkvilla gebaut. Sie
wirkte wie ein kleines Schloss mit ihren vier Marmorsäulen am Eingangsportal
und dem gepflegten Park, den scharfkantig getrimmte Thujen schmückten. Miguel
Masón war der populärste TV-Talkmaster im Land. Er besaß sogar einen eigenen
Radio- und Fernsehsender.
    Gerade fuhr
er mit seinem kanariengelben Ferrari vor. Anders als sein Sohn redete er
ununterbrochen. »Wie ein Wasserfall«, sagte Claras Mutter
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