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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer
Autoren: Der Page und die Herzogin
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Nachdenken versunken.
    «Wie alt
ist er, Geselle?»
    «Neunzehn,
Milor'.»
    Der Herzog
faßte den Jungen ins Auge.
    «Neunzehn.
Ist er nicht etwas klein für sein Alter?»
    «Na, und
wenn, Milor', so ist's nicht mein Fehler! Ich – ich hab ihn ordentlich
gefüttert. Ich bitt Euch, achtet nicht auf seine Worte! Er ist eine falsche
Schlange, eine Wildkatze, eine regelrechte Strafe Gottes!»
    «Ich will
Ihn von der Strafe Gottes befreien», sagte der Herzog gelassen.
    Der Mann
starrte ihn verständnislos an.
    «Milor' ...?»
    «Er ist
doch zu verkaufen?»
    Eine kalte
Hand stahl sich in die des Herzogs und umklammerte sie.
    «Zu verkaufen, Milor'?
Ihr ...»
    «Ich möchte
ihn kaufen, damit er mein Page werde. Was kostet er? Einen Louis? Oder haben
Strafen Gottes keinen Preis? Ein interessantes Problem.»
    Die Augen
des Mannes erglommen plötzlich in gieriger Verschlagenheit.
    «Er ist ein
braver Junge, edler Herr. Er versteht sich aufs Arbeiten. Er ist mir eigentlich
recht viel wert. Und ich bin ihm von Herzen zugetan. Ich ...»
    «Ich gebe
Ihm eine Guinea für Seine Strafe Gottes.»
    «Ach, nicht
doch, Milor'! Er ist mehr wert! Viel, viel mehr!»
    «Dann behalt Er ihn», sagte
Avon und tat einen Schritt weiter.
    Der Knabe lief ihm nach und hängte sich an
seinen Arm.
    «Milor',
nehmen Sie mich mit! O bitte, nehmen Sie mich mit! Ich will fest für Sie
arbeiten! Ich schwöre es! Oh, ich flehe Sie an, nehmen Sie mich mit!»
    Seine
Gnaden hielt inne.
    «Bin ich
nicht ein Narr?» rief er auf englisch. Er zog die diamantenbesetzte Nadel aus
seiner Halsbinde und hielt sie derart, daß sie im Licht der Laterne funkelte
und glitzerte. «Nun, Kerl? Genügt Ihm das?»
    Der Mann
glotzte auf das Schmuckstück, als könnte er seinen Augen nicht trauen. Er rieb
sie und trat, noch immer starrend, näher.
    «Für dies
da», sagte Avon, «erstehe ich Seinen Bruder mit Leib und Seele. Einverstanden?»
    «Gebt her!»
krächzte der Mann und streckte seine Hand aus. «Der Junge ist Euer, Milor'.»
    Avon warf
ihm die Nadel zu.
    «Ich
forderte Ihn, glaube ich, auf, mir vom Leibe zu bleiben», sagte er. «Er
beleidigt meine Nase. Folge mir, Kind.» Er entfernte sich, und der Junge
schritt in respektvollem Abstand hinter ihm die Straße hinunter.
    Schließlich
gelangten sie in die Rue St.-Honoré und zu Avons Haus. Ohne einen Blick nach
hinten zu werfen, um sich zu versichern, ob sein neues Besitztum ihm wohl auch
folge, durchschritt der Herzog den Vorhof und trat an das große
nägelbeschlagene Tor. Lakaien ließen ihn unter Bücklingen ein; voll
Verwunderung blickten sie auf die schäbige Gestalt, die sich an seine Fersen
heftete.
    Der Herzog
warf seinen Mantel ab und reichte einem der Diener seinen Hut.
    «Mr.
Davenant?» fragte er.
    «In der
Bibliothek, Euer Gnaden.»
    Avon
schlenderte durch die Halle zur Tür der Bibliothek. Ihre Flügel öffneten sich,
und er trat ein, dem Knaben mit einem Kopfnicken bedeutend, ihm zu folgen.
    Hugh
Davenant saß beim Kamin, in die Lektüre von Poesien versunken. Als sein
Gastgeber eintrat, blickte er auf und lächelte ihm zu.
    «Nun,
Justin?» Da erblickte er das Häufchen Elend an der Tür. «Meiner Treu, was ist
denn das für eine Bescherung?»
    «Das kann
man wohl sagen», warf der Herzog hin. Er trat ans Feuer und schob den einen
elegant beschuhten Fuß gegen die Glut vor. «Eine Grille. Dieses schmutzige und
ausgehungerte Restehen Mensch gehört mir.» Er hatte englisch gesprochen, doch
der Knabe verstand ihn offensichtlich, denn er errötete und ließ sein lockiges
Haupt hängen.
    «Dir?»
Davenants Blick wanderte zwischen den beiden hin und her. «Was soll das heißen,
Alastair? Du meinst doch nicht am Ende – daß dies dein Sohn ist?»
    «O nein!»
Seine Gnaden lächelte leicht amüsiert. «Diesmal nicht, mein lieber Hugh. Ich
habe diese kleine Ratte um den Preis eines Diamanten erstanden.»
    «Aber –
aber wieso denn, um Himmels willen?»
    «Keine
Idee», erwiderte Seine Gnaden freundlich. «Komm her, Ratte.» Der Knabe trat
schüchtern vor und litt es, daß Justin sein Gesicht ins Licht drehte.
    «Ein recht
hübsches Kind», bemerkte der Herzog. «Ich werde es zu meinem Pagen machen. Es
ist so unterhaltsam, einen Pagen mit Leib und Seele zu besitzen.»
    Davenant
erhob sich und ergriff eine der Hände des Knaben.
    «Du wirst
es mir wohl einmal gelegentlich näher erklären», sagte er. «Jetzt aber: warum
gibst du dem armen Kind nichts zu essen?»
    «Du denkst
auch immer an alles», seufzte der
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