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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer
Autoren: Junggesellentage
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Nun,
meine Liebe, ich muß gestehen, das beunruhigt mich. Sie wissen doch, wie sie
ist!»
    Ob Miss
Trent das wußte! Diesem Wissen verdankte sie es, daß sie die launenhafte Schöne
bisher erfolgreicher als jemand anderer in Zaum hatte halten können.
    Miss Wield
war das einzige überlebende Kind von Mrs. Underhills Bruder. Ihre Eltern waren
tot. Der verstorbene Mr. Wield war ein Wollhändler von bedeutendem Vermögen
gewesen, der nach allgemeiner Meinung über seinen sozialen Standard
geheiratet hatte. Aber wenn er damit gesellschaftliche Ambitionen verbunden
hatte, mußte er enttäuscht werden, denn Mrs. Wields Brüder zeigten wenig
Neigung, ihn mit mehr als gleichgültiger Höflichkeit zu behandeln, und seine
Frau selbst war zu scheu und zu krank, um die gesellschaftliche Leiter höher zu
erklimmen. Sie starb, als Tiffany noch ein kleines Kind war, und der Witwer war
mit Freuden einverstanden, als seine Schwester ihm anbot, Tiffany mit ihrem
eigenen Sohn aufzuziehen. Mr. Underhill, der sich mittlerweile mit einem
ansehnlichen Vermögen vom Handel zurückgezogen hatte, kaufte Staples. Seine
herrschaftlichen Manieren und sportlichen Ambitionen sicherten ihm bald die
Aufnahme in die höchsten Kreise der Nachbarschaft. Das lauwarme Angebot seines
Schwagers, Tiffany in seinen Londoner Haushalt aufzunehmen, wies Mr. Wield
zurück und überließ sie lieber der Obsorge seiner Schwester. Nebenbei dachte
er, daß Tiffany und der um zwei Jahre ältere Courtenay vielleicht ein Paar
werden könnten. Entgegen aller Erwartung heiratete er nicht wieder. Auch
überlebte er Mr. Underhill um nicht mehr als ein Jahr. Er starb, als Tiffany
vierzehn war. Das Vermögen, dessen alleinige Erbin sie wurde, übernahm ein
Verwalter, und ihre beiden Onkel mütterlicherseits wurden zu Vormündern
bestimmt. Der jüngere dieser beiden Herren wurde anstelle des verstorbenen Mr.
Underhill bestellt.
    Mrs.
Underhill war natürlich über diese Verfügung sehr beleidigt. Wie ihr Bruder
freute sie sich auf eine Heirat zwischen Tiffany und ihrem Sohn. Mr. Underhill
hatte seine Familie in auskömmlichen Verhältnissen zurückgelassen, und niemand
hätte ihr nachsagen können, daß sie sich vom Gelde blenden ließ. Aber genauso,
wie es Lady Lindeth nach dem Vermögen ihres Cousin Calver gelüstete, ersehnte
sie Tiffanys erhebliches Vermögen für Courtenay. Sie sagte, als sie Mr. Wields
Testament sah, sie wisse genau, wie alles kommen werde; man denke an ihre Worte:
diese Burfords würden das Kind im Handumdrehen an sich reißen. Und sie hatte
recht. Der Junggeselle Mr. James Burford machte natürlich keinen Versuch, die
Verantwortung für seine Nichte zu übernehmen, aber Mr. Henry Burford, ein
Bankier, der in großem Stil am Portland Place wohnte, beeilte sich, Tiffany aus
Staples zu holen, um sie ins Schulzimmer seiner Töchter zu setzen. Die Erbin
eines bedeutenden Vermögens war natürlich etwas anderes als das mutterlose
Kind, das Mr. Burford erwartet hatte. Neben zwei Töchtern hatte er noch drei
Söhne.
    Obwohl Mrs.
Underhill eine bequeme Frau war, hätte sie sich vielleicht aufgerafft, um den
Besitz der Erbin zu kämpfen, wenn sie imstande gewesen wäre, ein Gefühl der
Erleichterung zu unterdrücken, als sie das unreife
Mädchen, das die derberen Familienmitglieder als wahres Ungeziefer
bezeichneten, loswurde. Weder sie noch eine Reihe von Gouvernanten konnten
Tiffany zügeln; sie war mit vierzehn ebenso halsstarrig, wie sie furchtlos war.
Ihre Streiche erregten in der Umgebung Ärgernis und ihrer Tante Herzklopfen,
sie brachte Courtenay und die kleine Charlotte in haarsträubende Situationen.
Drei ihrer Gouvernanten verließen mit Nervenzusammenbrüchen das Haus. Obwohl
damals schon bildhübsch, konnte sie im Handumdrehen von einem gewinnenden,
anschmiegsamen Kind zu einer wahren Megäre werden. Mrs. Underhill gab deshalb
protestlos nach und meinte, Mrs. Burford wisse nicht, was sie tue.
    Mrs.
Burford brauchte nicht lange, um das herauszufinden. Sie meinte – wohl mit
Berechtigung –, daß Tiffany durch Nachgiebigkeit verdorben worden war und es
keinen anderen Ausweg gäbe, als sie in eine Schule zu schicken. Tiffany wurde
also nach Bath in Miss Climpings Pensionat geschickt, um gezähmt und von einem
Windfang in eine vollendete junge Dame verwandelt zu werden.
    Unglückseligerweise
besuchten Miss Climpings Schule auch eine Anzahl von Tagesschülerinnen, mit
denen Tiffany sofort Freundschaft schloß. Es wurde ihr auch gestattet, diese
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