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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer
Autoren: Venetia und der Wuestling
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aber schon nach jedem Heiratsantrag zu schnappen, ob du mich
auch wirklich heiraten willst! Denn ich glaube gar nicht, daß du das wirklich
willst!»
    Er schaute verblüfft, ja sogar
ziemlich schockiert drein, aber nach einem Augenblick lächelte er und sagte:
«Ich weiß, wie gern du Spaß machst! Du bist immer amüsant,
und wenn deine Scherzhaftigkeit dich hie und da dazu verführt, seltsame Dinge
zu sagen, so bilde ich mir ein, daß ich dich viel zu gut kenne, um zu glauben,
daß du sie auch wirklich meinst.»
    «Edward, bitte – ich bitte dich,
bemühe dich zumindest ein wenig, dich vor einer Illusion zu hüten», bat
Venetia sehr ernst. «Du kannst mich nicht im geringsten kennen, wenn du dir das
wirklich einbildest – und was für ein gräßlicher Schock wird es für dich sein,
wenn du entdeckst, daß ich die seltsamen Dinge, die ich sage, auch wirklich
meine!»
    Er antwortete scherzhaft, ohne daß
sein Selbstvertrauen im geringsten gemindert worden wäre: «Vielleicht kenne
ich dich besser als du dich selbst! Das ist ein Kniff, den du von Aubrey
gelernt hast. Du jedenfalls gehst nicht über die Grenze dessen hinaus, was
heiter ist – aber wenn du von Conway sprichst, klingt es, als hättest du ihn
nicht lieb!»
    «Nein, hab ich auch nicht», sagte
sie freimütig.
    «Venetia! Bedenke, was du sagst!»
    «Aber es ist wirklich wahr!» sagte
sie beharrlich. «Oh, schau nicht so entsetzt drein! Nicht, daß ich ihn nicht
mag – obwohl ich sagen muß, es könnte durchaus der Fall sein, wenn ich gezwungen
wäre, viel mit ihm beisammen zu sein; denn abgesehen davon, daß er sich keinen
Deut uni die Bequemlichkeit eines anderen Menschen kümmert, nur um seine
eigene, ist er ganz schauerlich gewöhnlich!»
    «Das solltest du nicht sagen»,
antwortete er zurückhaltend. «Wenn selbst du von deinem Bruder mit so wenig
Mäßigung sprichst, kann man sich nicht wundern, daß Aubrey keine Gewissensbisse
hat, von Conways Heimkehr so zu sprechen, wie er es soeben getan hat.»
    «Mein lieber Edward, noch vor einer
Weile hast du gesagt, ich hätte diesen Kniff von ihm gelernt!» verspottete sie
ihn. Sein Gesicht entspannte sich nicht, und sie fügte einigermaßen amüsiert
hinzu: «Die Wahrheit ist – wenn du sie nur erkennen würdest! –, daß wir gar
keine Kniffe haben, wir sagen nur, was wir denken. Und ich muß gestehen, daß es
erstaunlich ist, wie oft wir dasselbe denken, denn wir sind einander sonst,
glaube ich, nicht sehr ähnlich – bestimmt nicht in unserem Geschmack!»
    Er schwieg eine Weile und sagte
dann: «Es ist dir vielleicht zuzugestehen, daß du ein bißchen Groll hegst. Ich
kann deine Gefühle gut verstehen. Deine Lage hier seit dem Tod deines Vaters
ist unbehaglich, und Conway hatte keine Skrupel, seine Bürden – ja, eigentlich
seine Pflichten! – auf deine Schultern zu legen. Aber bei Aubrey ist das anders. Ich war sehr
in Versuchung, ihn herunterzukanzeln, als ich ihn so von seinem Bruder
sprechen hörte. Was immer die Fehler Conways sein mögen, er ist sehr gutmütig
und ist immer nett zu Aubrey gewesen.»
    «Ja, aber Aubrey mag Leute nicht,
weil sie nett zu ihm sind», sagte sie.
    «Jetzt redest du Unsinn!»
    «O nein! Wenn Aubrey Leute mag, dann
ist es nicht um dessentwillen, was sie tun – es ist darum, was sie im Sinn
haben, glaube ich.»
    «Es wird für Aubrey sehr gut sein,
wenn Conway heimkommt!» unterbrach er sie. «Wenn die einzigen Leute, die er
dummerweise leiden kann, klassische Gelehrte sind, ist es höchste Zeit ...»
    «Was für eine Dummheit, so etwas zu
sagen, wenn du doch wissen mußt, daß er mich mag!»
    Er sagte steif: «Verzeihung!
Zweifellos habe ich dich mißverstanden.»
    «Das hast du wirklich! Du hast auch mißverstanden,
was ich über Conway sagte. Ich versichere dir, ich verspüre nicht den leisesten
Groll, und was meine Lage betrifft – oh, wie albern du bist! Die ist doch
natürlich nicht unbehaglich!» Sie sah, daß er verletzt dreinschaute und rief
aus: «Jetzt habe ich dich verärgert! Nun, es ist heute zu heiß zum Streiten,
deshalb wollen wir uns, bitte, nicht mehr zanken! Jedenfalls muß ich jetzt
hinaufgehen und schauen, was denn Nurse will. Auf Wiedersehen! Und danke, daß
du so nett warst und uns deine Zeitung gebracht hast!»

2
    Nachdem sie der Nurse entflohen war, die
ihr außer abgenutzten Bettlaken zwecks Mißbilligung auch zwei Hemden von Aubrey
unterbreitet hatte, deren Ärmelbündchen durch achtloses Mangeln zerrissen
worden waren, fiel Venetia in
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