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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer
Autoren: Venetia und der Wuestling
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die Klauen der Haushälterin. Mrs. Gurnards
offizieller Zweck war es, sie daran zu erinnern, daß jetzt oder nie die Zeit
gekommen sei, Brombeergelee einzukochen. Ihr wirkliches Thema, zu dem sie auf
vielen Umwegen gelangte, war, das neue Wäschermädel, ihre Nichte, vor den
Anklagen der Nurse zu verteidigen. Da diese beiden ältlichen braven Gefolgsleute
etliche sechsundzwanzig Jahre lang in einem Verhältnis gegenseitiger
Eifersucht gelebt hatten, wußte Venetia, daß die angeblichen Mängel des
Wäschermädels unvermeidlich zu der Aufzählung einer Anzahl anderer Beschwerden
gegen die Nurse führen würden, worauf dann Nurse, die bei einem langen Besuch
Venetias im Zimmer der Wirtschafterin bestimmt Verdacht schöpfte, über sie
herfallen würde, um durch ein rigoroses Verhör aufzudecken, was für boshafte
Lügen ihr erzählt worden waren. Daher brachte Venetia mit einer
Geschicklichkeit, die langer Praxis entstammte, das Gespräch schnell wieder auf
Brombeergelee zurück und lenkte Mrs. Gurnard durch das Versprechen ab, ihr noch
am selben Tag einen Korb voll Brombeeren zu bringen. Dann entschlüpfte sie
schnell in ihr Schlafzimmer, bevor sich die furchterregende Dame weiterer
Schändlichkeiten der Nurse entsinnen konnte.
    Venetia zog das Kleid aus
französischem Batist, das sie trug, aus und nahm ein altes Barchentkleid aus
ihrem Garderobeschrank. Es war ziemlich altmodisch, und sein ursprüngliches
Blau war zu einem unbestimmten Grau verblichen, aber zum Brombeersammeln war
es gut genug, und selbst Nurse würde nicht die Hände über dem Kopf
zusammenschlagen, wenn es fleckig würde. Ziemlich derbe Schuhe und ein
Strohhut gegen die Sonne vervollständigten ihre Kleidung. Mit einem großen
Korb bewaffnet verließ sie gleich darauf das Haus, beflügelt von der Nachricht,
die ihr Ribble, der Butler, zuflüsterte, daß Mr. Denny, der nach Thirsk
geritten war, wo er etwas Geschäftliches zu erledigen hatte, meinte, er würde
auf seinem Heimweg doch lieber noch einmal in Undershaw vorsprechen, falls Miss
Lanyon vielleicht wünsche, ihm eine Post für seine Mama mitzugeben.
    Ihr einziger Gefährte auf dieser
Expedition war ein liebenswürdiger, wenn auch gedankenloser Spaniel, den ihr
Aubrey geschenkt hatte, als er entdeckte, daß das Hundejunge, abgesehen von
einem erregbaren Charakter, unheilbar schußscheu war. Als Begleiter einer Dame
auf einsamen Spaziergängen war er keineswegs ideal, denn abgesehen von seiner
unglückseligen Schwäche war er sehr jagdlüstern, und nachdem er sie einige
hundert Meter weit beim Gehen behindert hatte, indem er um sie herumtollte und
mit hysterischem Gekläff an ihr hochsprang und sich überhaupt wie ein Hund
betrug, der nur selten von der Kette losgelassen wird, stürzte er davon, taub
gegen alle Mahnungen, und tauchte nur hie und da wieder auf, mit hängender
Zunge und einer Miene, als hätte er sich gerade nur einen Augenblick von
dringenden privaten Angelegenheiten losgerissen, um sich zu vergewissern, daß
mit ihr alles in Ordnung war.
    Wie die meisten Mädchen ihrer
Generation, die auf dem Land aufwuchsen, war Venetia eine flotte Fußgängerin;
aber anders als die meisten ihrer Zeitgenossinnen höherer Abstammung zögerte sie nie, allein herumzustreifen. Es
war eine Gewohnheit, die sie schon als Schulmädchen entwickelt hatte, um ihrer
Erzieherin zu entgehen. Miss Poddemore meinte, für eine Dame sei es genügend
Bewegung, wenn sie eine Stunde lang auf den Pfaden zwischen Gartensträuchern
herumschlenderte. Bei den seltenen Gelegenheiten, wenn Umstände oder Überredung
sie dazu brachten, sich zu einem Spaziergang zum nächsten Dorf verführen zu
lassen, das eineinhalb Kilometer entfernt lag, war ihr würdiges Dahinschreiten
für ihren Zögling ebenso aufreizend wie ihre Gewohnheit, den Weg mit
belehrendem Gespräch zu verkürzen. Obwohl sie nicht so hochgebildet war wie
Miss Selina Trimmer, der sie ein einziges Mal begegnet war und die sie nachher
auf immer verehrte, war sie gut erzogen. Unglücklicherweise besaß sie weder
Miss Trimmers starke Persönlichkeit noch deren Fähigkeit, ihren Schülerinnen
Liebe einzuflößen. Als Venetia siebzehn geworden war, war sie von ihrer
Erzieherin derart herzlich gelangweilt, daß sie ihren Eintritt in die Periode
des Junge-Dame-Seins mit der Mitteilung an ihren Vater markierte: da sie ja
nun erwachsen und durchaus imstande sei, den Haushalt zu führen, könnten sie
sich die Dienste von Miss Poddemore ersparen. Von da an hatte sie keine
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