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Generation A

Generation A

Titel: Generation A
Autoren: Douglas Coupland
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Solon entführen dich aus der Welt. Aber für eure Gehirne wäre eine Solon so, als würdet ihr Tausende von Büchern in vierundzwanzig Stunden lesen.«
    »Warum hast du uns aufgefordert, die Geschichten laut zu erzählen, anstatt sie aufzuschreiben?«
    »Wenn ihr die Geschichten erzählt, produziert euer Körper ein Korrektivmolekül, eines, das Menschen einander näher bringt. Das Antisolon. Ihr habt die Verbundenheit gespürt. Ihr empfindet sie in diesem Moment.«
    »Ja, aber nicht mit dir.«
    »Ihr müsst mir das nicht dauernd unter die Nase reiben.“
    »Zeig uns irgendwas, das uns veranlassen könnte, dir zu trauen«, sagte Sam.
    »Gerne. Bringt mir mal meinen Laptop.«
    Julien holte den Rechner, und wir stellten ihn auf den Couchtisch. Ich nannte ihnen ein Link, und dort öffnete sich ein Fenster mit den Bildern einer Live-Kamera, die auf eine industrielle Produktionsanlage im Inneren eines riesigen Flugzeughangars gerichtet war. Sie navigierten auf der Seite von Kamera zu Kamera und machten einen Rundgang durch den Komplex, der wie eine riesige Süßwarenfabrik wirkte. Julien sagte: »Igitt, das ist dieser scheußliche Nachtisch, den ihr Amerikaner so gerne esst. Jell-O.«
    Diana starrte auf den Bildschirm und sagte: »Eine Wackelpuddingfabrik? Was ist das für ein Laden?«
    »Das ist eine Neurofarm.“
    »Hä? Wo soll die sein?«
    »Die da?« Ich guckte auf den Bildschirm. »Nebraska, glaube ich, weit weg von allen Umweltschützern. Und sie beschäftigen arbeitslose Erntehelfer aus dem Maisanbau, die nur zu gerne Stundenlöhne wie in Bangladesch akzeptieren. Sie klonen im großen Stil Nervengewebe.«
    Zack fragte: »Was ist das für ein Zeug, das sie da machen?“
    Ich schaute genauer hin. »Dieser Posten ist grün. Das bedeutet, die gallertartige Masse dort ist ... tja, das bist du, Zack.“
    »Was?«
    »Wie ich gesagt habe. Exakter ausgedrückt, ist es eine 2,3 Hektar große, zwanzig Zentimeter dicke Schicht von Zellen aus deinem zentralen Nervensystem, die alle wie blöd Solon-Startermoleküle produzieren. Pro Posten braucht man drei Tage: dreiunddreißigtausend Kubikfuß Zellen, die auf einem sterilen Agarnährboden wachsen. Meinen Glückwunsch, Zack - du bist der größte Mensch, der je gelebt hat.«
    Auf dem Monitor sah man einen Arbeiter mit einer Transportkarre gegen die Seite des seltsamen Wackelpuddings stoßen, der erzitterte. Dem kleinen Zack kam es beinahe hoch.
    Diana sagte: »Soll das heißen, dass wir alle auf diese Weise gezüchtet werden?«
    »Das ist richtig. Die Solon-Starterzellen von euch fünfen lassen sich leicht klonen. Und jeder von euch hat eine eigene Farbcodierung.«
    »Und dieses ganze Geleezeugs, das wir da in unseren unterirdischen Zimmern gegessen haben - das waren ... wir selbst?“
    »Ja, genau.«
    »Augenblick mal«, sagte Zack. »Ich hab diesen Geleescheiß doch schon gegessen, bevor die anderen überhaupt gestochen wurden.“
    »Du hast anfangs eine synthetische Version bekommen.«
    »Anfangs?«
    »Ja, nur anfangs.«
    Diana verließ das Zimmer, um sich im Bad zu übergeben. Die anderen saßen da wie erstarrt. Ich versuchte ihr falsches Bild von der Zucht geradezurücken. »Ihr dürft nicht vergessen, dass diese Zellen kein Bewusstsein haben und keinen Schmerz empfinden können.«
    Zack fragte: »Na schön, Serge, und was macht ihr mit dem Zeug, wenn es ausgewachsen ist?«
    »Wir schneiden es in Blöcke, die anschließend zu Bögen getrocknet werden. Diese Bögen kommen dann in eine Fertigungsanlage in der Nähe.«
    Diana kam zurück ins Zimmer.
    »Das Material wird zu Pulver zermahlen und mit Toluol vermischt. Den entstehenden Brei schicken wir durch eine Zentrifuge, dann extrahieren wir eure Eonen. Diese Eonen werden noch schnell modifiziert, indem einige Schwefelatome durch Phosphoratome ersetzt werden, und - voila! - schon haben wir Solon.«
    »Was? Wir sind aus Solon?«
    »Nein, ihr seid aus DNS, aber eure DNS dient zur Solon-Herstellung. Und eure Gehirnzellen zu züchten ist weitaus kostengünstiger und einfacher, als Solon-Moleküle komplett synthetisch zu erzeugen.«
    Sam sagte: »Das klingt wie eine von unseren Geschichten. Nein, das ist sogar noch verrückter als jede einzelne unserer Geschichten.«
    Ich erwiderte: »Habt ihr nicht auch alle beobachtet, dass eure Persönlichkeiten und eure Ideen miteinander zu verschmelzen beginnen? Ihr fünf entwickelt ein Schwarmbewusstsein, wenn ihr mir den billigen Scherz verzeiht. Ich glaube ja, es wäre ohnehin so gekommen
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