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Generalprobe Zeitballett

Generalprobe Zeitballett

Titel: Generalprobe Zeitballett
Autoren: K. H. Scheer
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Chef.«
     
     
9.
     
    Die Ent­schei­dung, das ge­gen­über­lie­gen­de Fluß­ufer vor Be­ginn der Er­eig­nis­se auf­zu­su­chen, war rich­tig ge­we­sen. Jetzt hät­ten wir die Brücke be­stimmt nicht mehr pas­sie­ren kön­nen. Aus den Vi­si­phon­mel­dun­gen der Ord­nungs­trup­pen war zu ent­neh­men, daß man sie dicht­ge­macht hat­te.
    Die Be­rech­nun­gen un­se­rer Ex­per­ten be­sa­ßen einen Plus­fak­tor von nur vier­zehn Mi­nu­ten! Es war dem­nach nicht 22 Uhr 48 son­dern 23 Uhr 02.
    Nie­mals zu­vor hat­te ich ein der­art schreck­li­ches Ge­tö­se ver­nom­men. Die de­ne­bi­schen Raum­schif­fe muß­ten für die Mar­sia­ner völ­lig über­ra­schend durch­ge­bro­chen sein, die Mond­bahn ge­kreuzt ha­ben und mit an­nä­hern­der Licht­ge­schwin­dig­keit so­wie dem rich­ti­gen Kreis­bahn-Vor­hal­te­win­kel über der Er­de er­schie­nen sein.
    Wahr­schein­lich hat­ten die Nich­tir­di­schen nach ei­nem über­aus ge­nau be­rech­ne­ten Ma­nö­ver in letz­ter Se­kun­de mit Höchst­wer­ten ge­bremst. Da­zu wa­ren die mo­d­erns­ten Schif­fe, die schwers­ten Im­pulss­trahl­trieb­wer­ke und die leis­tungs­fä­higs­ten An­druck­ab­sor­ber not­wen­dig. Äl­te­re Ein­hei­ten hät­ten sol­che Ge­walt­ma­nö­ver nie­mals durch­füh­ren kön­nen.
    Es wa­ren al­so mo­der­ne De­neb­schif­fe mit eben­so mo­der­ner Be­waff­nung; und die be­ka­men wir nun zu spü­ren.
    Der An­griff aus dem frei­en Raum er­folg­te un­ver­mit­telt. Nur ei­ne Se­kun­de zu­vor hat­ten wir noch nichts da­von be­merkt. Dann aber flamm­te der Him­mel plötz­lich in vio­let­ten Glu­ten auf. Weit über Tra­s­ca­thon schi­en ei­ne neue Son­ne auf­zu­ge­hen.
    Da­mit fuhr der mil­lio­nen­fa­che Atom­tod auf die Er­de und At­lan­tis nie­der, denn die­ses Leuch­ten wur­de von den Ab­schuß­blit­zen vie­ler Hoch­ener­gie­ka­no­nen er­zeugt.
    Die De­ne­ber wuß­ten, daß sie nicht viel Zeit hat­ten. Die Hei­mat­flot­te des Mars muß­te jetzt schon im An­flug sein und we­gen der ver­zwei­fel­ten Si­tua­ti­on auf Ma­xi­ma­lent­fer­nung das Ab­wehr­feu­er er­öff­nen.
    Ei­gent­lich war das, was ei­ni­ge de­ne­bi­sche Schiffs­kom­man­dan­ten so­eben ver­an­stal­te­ten, ein Un­ter­neh­men, das die Mi­li­tärs un­se­rer Real­zeit als »Hand­streich« be­zeich­ne­ten; al­so ein ge­ziel­tes, aber be­grenz­tes Un­ter­neh­men von ho­her stra­te­gi­scher Ge­samt­be­deu­tung. Die De­ne­ber schie­nen ge­nau zu wis­sen, daß un­ter der Ener­gieglo­cke von Tra­s­ca­thon wich­ti­ge mar­sia­ni­sche Be­fehls­zen­tra­len, Re­chen­stel­len und Füh­rungs­stä­be zu fin­den wa­ren.
    Des­halb gab es für die Frem­den nur ein Ziel, das zu zer­stö­ren sich lohn­te: Die Ener­gie­kup­pel über der Stadt Tra­s­ca­thon.
    Ich hat­te eben­so wie Han­ni­bal und Na­ru ei­ne Spe­zi­al­bril­le mit au­to­ma­ti­scher Licht­durch­läs­sig­keits­re­gu­lie­rung auf­ge­setzt. Sie ge­hör­te zu un­se­rer Aus­rüs­tung.
    Oh­ne sie wä­ren wir schon im ers­ten Au­gen­blick der geg­ne­ri­schen Feu­e­r­er­öff­nung er­blin­det. Nie­mand kann in das Lo­hen ent­fes­sel­ter Atom­ge­wal­ten hin­ein­se­hen, oh­ne sein Au­gen­licht zu ver­lie­ren, oder es zu­min­dest zu schä­di­gen.
    Ich fühl­te in ban­ger Vor­ah­nung, daß be­reits in die­sen ers­ten Se­kun­den des Über­falls vie­le Men­schen er­blin­det wa­ren. Der Blick nach oben war ei­ne Re­flex­hand­lung. Wenn man aber den ste­chen­den Schmerz re­gis­trier­te, war es in den meis­ten Fäl­len zu spät.
    Ehe un­se­re Sin­ne die Ab­schüs­se be­grif­fen, schlu­gen die scharf ge­bün­del­ten, son­nen­hei­ßen und ener­gie­rei­chen Strahl­bah­nen be­reits in den Schutz­schirm von Tra­s­ca­thon ein.
    Auch das hat­ten wir kom­men se­hen und da­her un­se­re Er­fah­run­gen spre­chen las­sen. Wir tru­gen di­cke Spe­zi­al­pols­ter über den Oh­ren und dicht­schlie­ßen­de Mas­ken über Mund und Na­se.
    Warum – fra­gen Sie? Weil dicht­ge­bün­del­te und licht­schnel­le Gleich­rich­tungs­schuß­bah­nen die Auf­schlags­wucht ei­nes vom Him­mel fal­len­den, voll­be­la­de­nen Hoch­see­frach­ters
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