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Geliebter Normanne

Geliebter Normanne

Titel: Geliebter Normanne
Autoren: Rebecca Michéle
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sogar Monate dauern konnte, bis Sir Bosgard etwas von den Geschehnissen erfahren würde. Sie aber hatten den Zorn Ralphs auszuhalten, darum wagte niemand, sich offen einzumischen.
     
    »Worauf wartest du noch?«, herrschte Ralph Waline an, die sich langsam wieder aufrappelte und Ralph voller Abscheu, aber auch furchtsam anstarrte. »Wenn nicht sofort das Essen auf den Tischen steht, werdet ihr zu spüren bekommen, was es heißt, eurem Herrn zu widersprechen.«
    Hayla erwartete Waline in der Küche. Ihr Herz klopfte ebenso heftig, wie ihre Gliedmaßen zitterten, und Angst schnürte ihr die Kehle zusammen. Sie hatte die grenzenlose Gier, gemischt mit Wut, in Ralphs Augen gesehen und wusste, auf Dauer würde sie ihm nicht entkommen können.
    »Gott, hilf mir!«, betete sie laut und dachte daran, noch heute Nacht zu fliehen. Irgendwohin, gleichgültig, ob sie Hunger und Not würde leiden müssen oder im Wald von Wölfen zerfetzt oder erfrieren würde. Gleichzeitig wusste sie aber auch, dass sie – sollte man sie wieder einfangen – ein weitaus schlimmeres Schicksal erwarten würde. Sie würde um die Jahreszeit nicht weit kommen. Hayla war zwar nicht feige, aber trotz allem hing sie an ihrem jungen Leben, zudem wusste sie, dass Waline die Wut von Ralph zu spüren bekommen würde, sollte sie verschwinden. Die Magd war alt, sie würde nicht viel ertragen können, und Hayla wollte ihr weitere Qualen ersparen. So musste Hayla wohl oder übel versuchen, sich mit dem neuen Herrn zu arrangieren.

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    3. Kapitel
    Cornwall, Januar 1068
    D u meine Güte, Bruder Pierre, was ist denn jetzt schon wieder los?«
    Unwillig drehte sich Bosgard de Briscaut im Sattel herum und blickte zurück auf den Mönch, der verzweifelt am Halfter des Esels zog, aber das Grautier schien nicht bereit zu sein, auch nur einen Huf zu bewegen.
    »Es tut mir leid, Sir, aber Jesaja hat heute einen schlechten Tag.« Bedauernd hob der Mönch die Hände und sah Bosgard entschuldigend an.
    »Euer Esel hat, seit wir aus London aufgebrochen sind, nur schlechte Tage«, brummte Bosgard verärgert. »Vielleicht liegt es daran, dass Ihr Euren Esel nach einem Propheten benannt habt. Es reicht mir, Bruder Pierre! Im nächsten Dorf, das wir erreichen, werden wir den Esel gegen ein anständiges Reitpferd eintauschen.«
    In die Augen des Mönchs trat ein feuchter Schimmer, und er fiel vor Bosgard auf die Knie.
    »Sir, ich bitte Euch, trennt mich nicht von Jesaja. Ich habe ihn mit eigener Hand aufgezogen, da seine Mutter kurz nach der Geburt gestorben ist, und er ist mir treu ergeben. Man muss nur ein wenig Geduld mit ihm haben, manchmal ist er etwas … empfindlich.«
    Bosgard schnaubte geräuschvoll. Empfindlich! Das war gut gesagt. Seit sie vor drei Wochen aus London gen Westen aufgebrochen waren, war kaum ein Tag vergangen, an dem der Esel mit dem klangvollen Namen eines Propheten aus dem Alten Testament nicht andauernd stehen geblieben und erst nach sehr viel gutem Zureden zum Weitertraben zu bewegen war. Überhaupt war Bosgard über des Königs Anweisung, einen Mönch auf seine Reise mitzunehmen, wenig erfreut gewesen.
    »Ihr braucht geistlichen Beistand«, hatte König William gesagt. »Wir wissen nicht, ob im fernen Cornwall die Riten unserer Kirche praktiziert werden, darum soll Euch Bruder Pierre begleiten. Ich befürchte, dort herrschen noch heidnische Sitten und Gebräuche.«
    Widerwillig musste Bosgard sich fügen. Er war froh, früher als gedacht zu seinem Besitz aufbrechen zu können. Die Unruhen im Norden des Landes hatte er zu des Königs Freude schnell niedergeschlagen und die Verantwortlichen als Gefangene nach London gebracht.
    »Ich bedauere es sehr, Euch am Hof zu verlieren, denn Eure Anwesenheit und Euer Rat sind für mich viel wert«, hatte der König zwar beteuert, sich aber seines gegebenen Versprechens erinnert und Bosgard mit einem Trupp Ritter und Knappen ziehen lassen.
    »Wenn es doch nur etwas Klee geben würde.« Der Mönch riss mit jammernder Stimme Bosgard aus seinen Gedanken. »Jesaja liebt Klee, dafür würde er überall hinlaufen. Der Hafer schmeckt ihm nämlich nicht sonderlich.«
    »Im Januar gibt es aber keinen Klee«, murrte Bosgard und zog ärgerlich die Stirn kraus. »Vielleicht erklärt Ihr Eurem Esel, dass Hafer zwar nicht das Feinste ist, derzeit jedoch nichts anderes auf dem Speiseplan steht. Gütiger Himmel, wenn das so weitergeht, wird es Frühling, bis wir unser Ziel erreichen.«
    Bosgard bemerkte aus den
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