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Geliebte Korsarin

Geliebte Korsarin

Titel: Geliebte Korsarin
Autoren: Heinz G. Konsalik
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endlich unter ihrer stützenden Hand liegenblieben.
    »Rutschen Sie jetzt bitte nach vorn in eine mehr liegende Stellung«, sagte er. »Mein Gott, wie lange ist das her, daß ich so genäht habe? Ich möchte nämlich nicht, daß die Naht wieder aufreißt, wenn die Brust daran zieht. Ich möchte sie nämlich nicht verbinden …«
    »Nicht?« fragte sie leise zurück.
    »Nur eine sterile Mullkompresse darüber. Das bedeutet aber, daß Sie still liegen müssen. Und jetzt rutschen wir in die Waagerechte, große Korsarin.«
    »Mistkerl!« sagte sie bitter.
    »Ich weiß.«
    Sie legte sich vorsichtig hin, ganz flach auf den Rücken, und war fast enttäuscht, als Dr. Rainherr seine Hand unter ihrer Brust wegnahm. Unter halbgeschlossenen Lidern beobachtete sie ihn, wie er die genähte Wunde mit Mull abdeckte und ein paar Streifen Heftpflaster darüberklebte.
    »Sie werden gleich noch andere Ausdrücke aus Ihrer ordinären Kiste holen, wenn ich Ihnen eröffne, daß ich Sie jetzt ausziehe.«
    »Ich schreie um Hilfe, wenn Sie damit anfangen«, sagte sie hart.
    »Wollen Sie in dieser blödsinnigen Admiralsuniform im Bett liegenbleiben?«
    »Ja!« Sie zog die Beine an, was ein Ausziehen der weißen Hose sehr erschwerte. »Ich ziehe mich allein aus.«
    »Und die Wunde platzt wieder auf.«
    »Dann warte ich, bis diese Gefahr nicht mehr besteht.«
    »Das wäre der Zeitpunkt, wo Sie Ihre Hose wieder anziehen dürften! Mary-Anne, ich bin kein Wüstling, der über Sie herfällt, sobald Sie nackt vor ihm liegen. Und nackte Frauen habe ich genug gesehen … am Strand, im Wasser, unter Palmen, in Liegestühlen und auf Matratzen …«
    »Und im Bett!«
    »Das wollte ich diskreter mit Matratzen ausdrücken! Aber bitte, wenn es Ihnen direkter gefällt – auch im Bett!«
    »Genauso sehen Sie aus!«
    »Danke. Das war ein Kompliment. Und jetzt lassen Sie sich ausziehen.«
    »Nein!«
    »Soll ich Jim und Ihren Bärtigen rufen, damit die es tun?«
    »Die würden das nie wagen.«
    »Mary-Anne!« Er legte seine Hände auf ihre angezogenen Knie. Seine Berührung durchfuhr sie wie ein elektrischer Schlag, aber sie hatte sich so in der Gewalt, daß sie mit ihrer Rechten seine Hände wegschob. Gleich danach tat es ihr leid …
    Leg sie wieder auf mich, deine Hand, dachte sie. Tu es doch, verdammt! Ich weiß, es ist verrückt … Aber deine Hände sind mehr wert als jedes Mittel gegen Schmerzen und gegen Angst …
    »Ich gebe Ihnen jetzt noch eine Penicillin-Injektion … Dann sind Sie vollgepumpt mit Antibiotika. Wie steht's überhaupt mit Ihrem Herzen?«
    Die Frage kam so plötzlich, daß sie zusammenzuckte und ihn entgeistert anstarrte. Langsam streckte sie die Beine wieder aus.
    »Wieso?«
    »Ich meine, Kreislauf und so. Nicht, ob Sie verliebt sind. Das interessiert mich überhaupt nicht.«
    »Wirklich nicht?«
    »Überhaupt nicht. Eine Frau wie Sie – auch wenn sie Korsarin ist und Millionärsyachten ausraubt – muß einen Geliebten haben, sonst wäre sie total anormal! Ihr Piratendasein ist schon absurd …«
    »Warum soll eine Frau nicht einmal Seeräuber sein? Was ist denn so absonderlich daran?«
    »Alle bisher in der Korsarengeschichte bekannten Piratinnen hatten irgendeinen seelischen Knacks. Ein Schockerlebnis, das sie nicht mehr abstreifen konnten, sondern es durch Grausamkeit, Gnadenlosigkeit und unbändigen Haß kompensieren mußten. Irgendein Ereignis hatte sie alle aus dem normalen Leben geworfen. Die Gier nach Geld und Reichtum war bei diesen Piratinnen übrigens nie der ausschlaggebende Moment – im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen, die nur an Gold und Edelsteine dachten. Nein, die Frauen in diesem Metier wurden aus Haß oder Rache der Schrecken der Meere!«
    »Haben Sie etwa Piratologie studiert?« fragte sie spöttisch. Warum hältst du deine Hände zurück, dachte sie dabei. Warum faßt du mich nicht wieder an? Wie kann ich dich spüren …
    »So ähnlich.« Andreas Rainherr packte die Instrumente zusammen und legte alles auf einen eingebauten Nachttisch neben das Bett.
    »Ich habe ein Haus auf Cayman Brac, das wissen Sie ja. Und ich hatte in den ersten Monaten viel Zeit, mich mit meiner neuen Heimat, der Karibik, und ihrer Geschichte zu befassen. Und was wäre dieser wunderschöne Teil der Welt, der einen Menschen tatsächlich wie mit Zauberarmen umfassen und bestricken kann, ohne die Piraterie der vergangenen Jahrhunderte? Schauen Sie«, er redete sich in Begeisterung, »über dieses Meer segelten die spanischen
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