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Gelegenheitsverkehr

Gelegenheitsverkehr

Titel: Gelegenheitsverkehr
Autoren: Leo Sander
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glänzenden Rüschenhemd und knapper Hose. Wir kannten uns seit der Bundesheerzeit und hatten gemeinsam mit der Polizeischule begonnen. Die lockige Rothaarige, die zu ihm aufsah, war Susi, seine langjährige Freundin.
    »Bei den Fortgeschrittenen«, entfuhr es Bettina ehrfürchtig.
    »Der wurde also auch gezwungen«, strapazierte ich mein Glück.
    Poldi erkannte uns und die beiden strebten ebenfalls zur Bar.
    Ich grinste ihm breit entgegen. »Hübsches Hemd.« Wir schüttelten uns die Hände.
    Poldi machte mit geschmerztem Ausdruck eine Kopfbewegung zu Susi, die bereits mit Bettina die Garderobe der anderen Damen kommentierte. »Du siehst ja wieder richtig lebendig aus«, sagte er. »Kein Vergleich zu dem Todeskampf, als dich das Sicherheitsbüro abserviert hat. Tanzen tut dir gut. Was machst du jetzt so?« Er fixierte mich amüsiert aus Augen, die erkennen ließen, dass er ahnte, dass meine Lebendigkeit nichts mit Tanzen zu tun hatte.
    »Geschmeidigkeit ist alles«, sagte ich und berichtete ihm, verschwieg aber Almuth Amras’ Auftrag. »Und du? Immer noch beim BVT?«
    Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Einer der österreichischen Inlandsgeheimdienste.
    »Schnee von gestern. Jetzt Landeskriminalamt, Abteilungsleiter Kriminalpolizeiliche Untersuchung.« Es gelang ihm nicht, seine Genugtuung zu verbergen.
    »Respekt, Poldi.«
    »Chefinspektor Poldi, wenn ich bitten darf.« Er überreichte mir eine Karte. »Die herrschende Meinung hier ist übrigens, dass die Häuptlinge besser Schnellwuchs feuern hätten sollen und nicht dich.«
    Ich hatte immer wieder in Linz und dem Rest des Landes zu tun gehabt und kannte die meisten Kollegen hier. Verbrecher hielten sich nicht an Verwaltungsgrenzen.
    »Reden wir einmal?«, sagte er ernst.
    Ich nickte und sagte, ich würde ihn anrufen.
    »Poldi hat recht, gut schaust du aus«, flötete Susi und wandte sich uns zu. »Wie auf dem Kalender, nur halt angezogen.« Sie lächelte. »Hast deinen Brutalitätsopfern eigentlich ein Exemplar geschickt? Als kleine Wiedergutmachung?«
    Susi Meier, Vertriebsleiterin einer Firma für Großküchen und mit Gespür für wunde Punkte.
    »Nein, da waren ja schließlich keine Frauen dabei«, sagte ich.
    Poldi seufzte entschuldigend. »Das ist Jahre her, Susi«, versuchte er mir beizuspringen. »Und die internen Untersuchungen haben ihn ja auch entlastet.«
    »Warum hast eigentlich du beim Kalender nicht mitgemacht, Poldi?«, zog ihn Susi auf. »Wo es doch für die Krebshilfe war?« Sie lächelte unschuldig.
    Poldi hatte schon damals gesagt, dass das karrieretechnisch ein Blödsinn sei und er nicht mitmache. Der Rest unseres Cobra-Ausbildungskurses, mich eingeschlossen, hatte keine solchen Bedenken, zog sich aus und ließ sich ablichten. Wir waren eitle Burschen. In Schwarz-Weiß. Die hastige Ausrede, dass der Erlös für die Krebshilfe bestimmt war – immerhin auf meinem Mist gewachsen – hatte uns damals natürlich keiner geglaubt. Nach der Veröffentlichung des Kalenders wurde ein Exempel statuiert und der Kurs abgebrochen. Alle Models wurden auf Wachzimmer verteilt und durften wieder gewöhnlichen Streifendienst verrichten. Das Ansehen der Polizei habe dadurch gelitten.
    Ein lauter Gong ertönte und erlöste Poldi. Die Menge begann sich zu zerstreuen.
    »Weiter geht’s. Numquam retro«, proklamierte er den Wahlspruch unserer Einheit beim Bundesheer. Niemals zurück.

3
    Ich bremste ab und bog auf den weitläufigen Parkplatz des Autohauses ein. Hinter mehreren Reihen blank geputzter Gebrauchtwagen sah ich Almuth Amras in einem beigen Kleid mit dazu passender Handtasche. Die Dame musste mit Schrankkoffern reisen. Ich trug Jeans und T-Shirt. Ich stieg aus und begrüßte sie.
    An einigen Körperstellen spürte ich einen salsainduzierten Muskelkater. Bettina war mit dem Verlauf des Abends sehr zufrieden gewesen. Almuth Amras hatte heute früh angerufen und gesagt, dass das Auto ihres Vaters verkauft werden würde. Der Notar hatte es auf dem Parkplatz eines großen Autohändlers abstellen lassen. Ob ich es durchsuchen wolle. Ich wollte.
    Sie sah verstohlen auf meine Oberarme, gab mir den Schlüssel und zeigte auf einen silbernen E-Klasse-Mercedes der aktuellen Baureihe. Er war abseits zwischen einem Altstoffcontainer und einem Wrack ohne Räder geparkt.
    Ein bisschen überdimensioniert für einen Pensionisten, dachte ich und spannte meine Muskeln stärker an, als es für das Heben des Autoschlüssels notwendig war. Die
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