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Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen

Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen

Titel: Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen
Autoren: Wolfgang Wissen
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nach „O Du Fröhliche“, sondern eher nach „Es wird schon gleich dunkel“ ausgeschaut habe. „Sehr dunkel …“, dachten wir wohl alle in diesem Moment und wünschen ihm im Geiste trotzdem „Frohes Fest“.             
    Am 27. Dezember stand Lisbeth Wolf wieder auf der Matte als sei nie etwas Ungewöhnliches passiert. Sie hatte ihre roten Bäckchen wieder, ihr Lachen und auch ihren Faltenrock, der endlich die Knie wieder bedeckte. Alles war wie immer. Und wie Weihnachten war, das traute sich keiner z u fragen. Unbestätigten Gerüchten nach gab es am Heiligen Abend aber nur belegte Brote und Gürkchen. Und die auch nur für Herrn Fuchs, seinen Sohn und die Schwiegertochter – Lisbeth selbst träumte derweil selig und wartete dabei aufs Christkind … während die Kunden in ihrem Zustellbezirk sich wunderten, dass die alljährliche  Karte von Tante Erna aus Oberammergau diesmal ausblieb. Tja, die Wege der Deutschen Bundespost, sie waren manchmal unergründlich…

 
     
     
     
     
     
     
     
    Die Dame des Hauses zum Dienstmädchen : „War jemand da?“
    „ Ja, gnädige Frau, der Briefträger.“
    „ Etwas für mich?“
    „ Kaum. Mickriger Typ. Verheiratet, zwei Kinder…“

21
     

Vatertag mit Rolf
     
    Die deutsche Vereinigung brachte für die Deutsche Bundespost zwar irgendwie vorausgeahnte, aber mangels Aussicht auf ein schnelles Ende der DDR verdrängte Probleme mit sich. Denn sowohl in den alten als auch in den neuen Bundesländern gab es vierstellige Postleitzahlen – und im wiedervereinigten Deutschland gab es die nun auf einmal teilweise doppelt. Zunächst behalf man sich damit, dass man vor die bisherigen Zahlen ein W für West- und ein O für Ostdeutschland setzte. Was nicht wirklich chic war, wollte man schließlich ein Deutschland sein und es nicht weiterhin durch das Unternehmen Post geteilt sehen.
                  Also musste ein neues, fünfstelliges Postleitzahlensystem her, das vom 1. Juli 1993 an gelten sollte. Aber damit das möglichst reibungslos vonstattengehen konnte, mussten die 82 Millionen Menschen zwischen Nordsee und Isarstrand schon im Vorfeld ordentlich sensibilisiert werden, damit auch ja alle wussten, dass sie im Sommer neue Ziffern auf ihre Briefe kritzeln mussten. Denn taten sie das nicht, dann würden die teuren Verteilmaschinen den Großteil der Briefe als unlesbar ausspucken, sie müssten von Hand bearbeitet werden, kämen dadurch später beim Empfänger an und die Post hätte wieder die Arschkarte. Nicht dass sie das nicht gewohnt war, aber man konnte ja wenigstens versuchen, es diesmal zu vermeiden und es einmal richtig zu machen.
                  Eine millionenteure Werbekampagne lief also an. Als Maskottchen erfanden gewiefte Werbefritzen eine gelbe Hand auf weißen Schuhen mit – wer hätte das gedacht? – fünf Fingern und verpassten dem Zeigefinger einen meist offenen Mund, eine Sonnenbrille sowie eine opulente Haarpracht: sage und schreibe vier magere Härchen sprießten aus dem imaginären Schädel. Vier? Wo doch ab sofort gelten sollte: „Fünf ist Trümpf“? Also ich hätte die Werbeagentur gefeuert! Aber wer hörte schon auf einen Nachwuchspostbeamten, der mittlerweile auch schon 31 geworden war …
                  Die kahlköpfige Hand taufte man auf den Namen Rolf, wohl weil der Mann, der der Comicfigur in den kommenden Werbespots seine Stimme lieh, der heute noch bekannte Schauspieler Rolf Zacher war. Eine nahezu gigantische Werbemaschinerie begann die Republik zu überschwemmen. Unter dem Titel „Die Post geht ab!“ belebte good old Rudi Carrell beim RTL sogar sein laufendes Band wieder – alles nur wegen Rolf! Der wiederum dadurch so viele Fans gewann, dass man ihn bald als Plüschfigur, Ansteckpin oder Aufkleber bei uns am Schalter käuflich erwerben konnte.
    Fast konnte man bei dem ganzen Hype um die Figur vergessen, w arum sie überhaupt erfunden worden war: Es sollten schließlich neue Postleitzahlen eingeführt und bekannt gemacht werden.
    „Freiwillige vor!“, tönte denn auch Margarete Braun eines Morgens durchs Amt. „Wer möchte sich was dazu verdienen?“
    „ Wat gibbet denn zu tun?“, fragte Jürgen Schack als Erster.
    „Die neuen Postleitzahlenbücher müssen verteilt werden. Könnt ihr mi’m Auto machen. Wer keins hat, der kriegt nen Bully geliehen, dann muss er das aber am Wochenende machen…“ Logo, während der Woche wurden die Kisten ja gebraucht.
    „ Neeee …“,
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