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Gelassenheit lernen

Gelassenheit lernen

Titel: Gelassenheit lernen
Autoren: Elke Nuernberger
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Neandertalers, der sich einem Angreifer gegenüber sah. Der Körper unterscheidet nicht, wodurch der Stress ausgelöst wurde. Stress ist Stress. Deshalb tun wir emotional annähernd das Gleiche wie unsere Vorfahren: Wir kämpfen oder fliehen. Doch: Klares Denken funktioniert niemals, wenn wir wie ein Dampfkessel kurz vor der Explosion stehen oder sehr aufgeregt sind. Ein Mensch, der dabei ist, die Beherrschung zu verlieren, ist auch gegenüber Argumenten, gut gemeinten Tipps und Ermahnungen völlig immun. Deshalb gilt es, an dieser Stelle rechtzeitig die Kurve zu kriegen und die Spannung abzubauen.
    Was lässt uns ausrasten?
    Meist schreiben wir fälschlicherweise einem Akut-Ereignis die Schuld zu, wenn uns die Contenance abhanden kommt. Der Verlust von Gelassenheit ist aber selten ein plötzliches Ereignis. Er ist vielmehr die Folge eines Prozesses, währenddessen sich Spannung über längere Zeit aufgebaut und angestaut hat. Irgendwann genügt der bekannte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.
    Die Tatsache, dass sich so viel Anspannung aufbauen konnte, hat mit unserer gedanklichen Grundhaltung zu tun. Diese ist dafür verantwortlich, wie wir ein Ereignis bewerten. Negative Beurteilungen von Situationen lassen immer mehr Angst oder Ärger entstehen. Infolge des angestauten Drucks kommt es irgendwann zu einer explosionsartigen Reaktion.
    Jeder Mensch erlebt Druck anders. Es gibt aber mehrere Faktoren, die nahezu übereinstimmend als Spannungsauslöser gelten. Dazu zählt vor allem als Grenzüberschreitung empfundenes Verhalten wie:
Eindringen in die Privatsphäre,
Verletzung gesellschaftlicher Normen,
Angriffe auf die Person.
    Wir fühlen uns dabei ungerecht oder schlecht behandelt, betrogen oder missbraucht. Insbesondere Verletzungen der Identität und Integrität führen zu starkem inneren Druck, z. B. bei ungerechtfertigten Unterstellungen oder Schuldzuweisungen. Zudem gehen wir erfahrungsgemäß von einem bestimmten Verhalten unseres Gegenübers oder der Entwicklung einer Situation aus. Wir haben ein grundlegendes Muster im Kopf, wie die Dinge ablaufen sollten, beispielsweise erwarten wir Lob nach einer gelungenen Arbeit. Tritt nun etwas völlig Unerwartetes ein, wird dadurch die eigene Erwartung verletzt oder zerstört, bringt das die persönlicheOrdnung und Stabilität durcheinander. Wir reagieren dann deshalb so wenig gelassen, weil wir emotional aus der Bahn geworfen wurden.
    Wichtig
    Geschieht etwas anderes als erwartet, erleben wir unsere Ordnung und – in Folge – uns als Person in Gefahr. Diese Gefahr löst immer Stress aus. Stress wiederum zerstört Gelassenheit.
    Reaktion statt Aktion
    Wenn wir uns angegriffen fühlen, setzen wir uns zur Wehr. Wir reagieren auf den vorliegenden Missstand. Empfinden wir es nun so, dass wir uns permanent zu Wehr setzen und reagieren müssen, erleben wir uns als fremdgesteuert. Wir agieren nicht mehr, wie wir wollen, sondern re-agieren auf etwas, das andere vorgeben. Dabei können wir nicht beeinflussen, was als Nächstes geschehen wird. Durch diese Unsicherheit aktivieren wir körperliche und psychische Warnfunktionen.

In der Stress-Spirale
    Alarm- und Abwehrzustände bauen ungünstigerweise Druck, Unruhe und Angst immer weiter auf. Ist das Maß voll, lassen wir uns zu Abwehrreaktionen hinreißen, die wir hinterherbereuen. Das bringt weitere Probleme mit sich, und der Stress nimmt weiter zu. Denn mit erhöhtem Stresspegel werden wir nicht unbedingt kreativer. Das Gegenteil tritt ein: Wir konzentrieren uns immer schlechter auf Fakten und Lösungen. Ohne effektives Nachdenken gehen uns jedoch erst recht die Ideen und Bewältigungsstrategien aus. Wer hier nicht rechtzeitig den Ausstieg schafft, gerät in einen fatalen Teufelskreis.
Immer mehr vom Gleichen
    Dieser Teufelskreis hat ein stereotypes Verhalten zur Folge. Etwas geschieht und wir reagieren. Das Schlimme daran ist: Wir reagieren immer in der gleichen Art und Weise, obwohl wir wissen, dass diese nicht zielführend ist. Wir verhalten uns wie der Pawlow’sche Hund: Wir tun das, was wir immer tun, auch wenn wir uns dabei blutige Nasen holen. Und wenn der gewünschte Effekt nicht eintritt, verstärken wir unser Handeln. Sprechen wir z. B. mit jemandem, der nicht auf uns eingeht, werden wir zuerst lauter, dann nachdrücklicher und irgendwann beginnen wir zu brüllen.
    Beispiel
    Frau H. berichtet: „Meine Tochter und ich können nicht mehr normal miteinander reden. Ich bitte sie z. B. um eine kleine
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