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Gelassenheit lernen

Gelassenheit lernen

Titel: Gelassenheit lernen
Autoren: Elke Nuernberger
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enthält. Inhaltsstoffe sind meist unwirksame Stärke, Milchzucker oder Kochsalzlösung. Es gibt also keine Arzneimittelwirkung, da keine entsprechende Substanz vorhanden ist. Dennoch zeigte sich wiederholt, dass Placebos hochwirksam sein können, z. B. bei Rückenschmerzen. Allein die Information, ein starkes Schmerzmittel zu bekommen, führte in Untersuchungen zu einem klinisch relevanten, schmerzlindernden Effekt.
    Man weiß, dass 30 bis 60 Prozent der Wirkung aller Medikamente und therapeutischen Maßnahmen auf den Placebo-Effekt zurückzuführen sind. Ganz konkret: auf die positiven Erwartungen des Patienten an Arzt, Therapeut oder Medikament. Ob ein Patient auf ein Placebo oder eine medizinische Anwendung anspricht, hängt sehr stark von seiner Erwartungshaltung ab.
    Doch wie kann ein Placebo als nachweislich unwirksames Medikament in den Kreislauf von Schmerzempfindung und -linderung eingreifen? Die Antwort darauf liegt in der menschlichen Psyche. Denn Schmerz ist kein rein physiologischer Vorgang. Auch individuelle Hoffnungen und das Vertrauen in die Behandlung und den Behandelnden spielen dabei eine große Rolle. Seit moderne Bildgebungsverfahren einen Blick ins arbeitende Gehirn erlauben, lassen sich physiologische Auswirkungen von Glaube und Erwartung genauer ermitteln. Wissenschaftler der Universität Hamburg fanden heraus: Der Placebo-Effekt ist eine rein mentale Leistung, die hochkomplex in unseren Gehirnen abläuft, sozusagen eine Meisterleistung.
Die sich selbst erfüllende Prophezeiung
    Der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawik erklärt dieses Phänomen so: „Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung ist eine Annahme oder Voraussage, die rein aus der Tatsache heraus, dass sie gemacht wurde, das angenommene, erwartete oder vorhergesagte Ereignis zur Wirklichkeit werden lässt und so ihre eigene Richtigkeit bestätigt.“
    Beispiel
    Indem ein Lehrer glaubt und sagt: „Jungs sind begabter in Mathe“, trägt er bereits zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung bei. Er schreibt Jungen mehr mathematische Kompetenz zu als Mädchen. Er ist davon überzeugt und er kommuniziert dies. Die Zuschreibung dieser Eigenschaft wirkt sich unbewusst durch bestimmtes Verhalten auf die beschriebenen Personen aus. Der Lehrer ruft z. B. Mädchen seltener auf als Jungen. Auch werden korrekte Antworten von Jungen deutlich anerkennender hervorgehoben. Fehler von Mädchen werden eher betont und als „Beweis“ für diese These dargestellt.
    Das Resultat ist dann tatsächlich, dass Jungen wesentlich engagierter und erkennbar erfolgreicher in Mathematik sind bzw. werden. So bestätigt sich die ursprüngliche Zuschreibung und verfestigt sich immer mehr.
    Die Beispiele zeigen: Nicht nur unser Körper ist durch eine bestimmte Erwartungshaltung beeinflussbar. Auch unsere Gedanken, unser Verhalten und unser Erfolg hängen maßgeblich davon ab, was wir erwarten und mit welcher Einstellung wir an etwas herangehen.
Der Glaube an die Lösung ist Teil der Lösung
    Die sich selbst erfüllende Prophezeiung funktioniert in vielen Situationen. Menschen schafften es, Grenzsituationen zu überleben, die nach bestehenden Erkenntnissen hätten tödlich enden müssen. Ob es sich nun um Hunger, Kälte, Krankheiten, körperliche oder psychische Belastungen handelte – diese Menschen haben größte Entbehrungen oder Strapazen überstanden. Sicher waren dies keine Menschen, die sich bescheinigt haben: „Das schaffe ich nie.“ Eines hatten vielmehr alle gemeinsam: Sie glaubten daran, aus dieser bedrohlichen Situation herauszukommen. Sie glaubten, dass sie es schaffen, weil sie schon vieles andere erfolgreich gelöst hatten. Diese Überzeugung ließ sie zuversichtlich und kreativ bleiben und vor allem: durchhalten und weitermachen.
Mangelnde Gelassenheit – der Teufelskreis der negativen Erwartungen
    Auf das Thema Gelassenheit übertragen, bedeutet das: Je weniger gelassen wir sind, desto mehr negative Annahmen treffen wir. Wir könnten genauso gut ein positives Ergebnis annehmen, denn wir wissen nicht, was kommt. Leider entschließen wir uns mit Vorliebe für die Negativ-Variante: Negative Gedanken ziehen wie ein Sog negative Gefühle undEmotionen nach sich. Wer also genau weiß, dass die nächste Besprechung garantiert wieder ein Fiasko wird, der Kollege sowieso schlecht drauf ist und man mit diesem Kunden grundsätzlich nicht reden kann, sorgt mit Feuereifer dafür, dass dies eine „self-destroying prophecy“ wird.
    Hier entsteht
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