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Geködert

Geködert

Titel: Geködert
Autoren: Len Deighton
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Orts schon abgesegnet. Bei den Sitzungen war ich nie anwesend. Die gingen immer hinter verschlossenen Türen vonstatten. Soll ich dir mal was sagen? Ich glaube, von diesen Sitzungen hat nicht eine bei uns im Gebäude stattgefunden. Alles, was ich gesehen habe, waren Kassenanweisungen mit autorisierten Unterschriften, von denen mir keine einzige bekannt war.« Er lachte. »Jeder Buchprüfer, der nur ein bisschen von seinem Job versteht, würde sofort merken, dass jede dieser verdammten Unterschriften von Bret Rensselaer selbst hätte sein können. Es gibt nicht einen handfesten Beweis dafür, dass dieser Ausschuss überhaupt existiert hat. Die ganze Sache hätte ein von Bret Rensselaer erfundenes Märchen sein können.«
Ich nickte, als ob ich verstanden hätte, aber als ich meine Tasche ergriff und den Mantel anzog, den mir die Sekretärin reichte, muss ich verwirrt ausgesehen haben.
Jim begleitete mich zur Tür und durch das Vorzimmer. Die Hand auf meine Schulter gelegt, sagte er: »Schon gut, Bernie. Bret hat die Sache nicht fingiert. Ich wollte damit nur sagen, wie geheim sie war. Aber wenn du mit den anderen darüber redest, vergiss nie, dass die alle seine Kumpel waren. Falls einer von denen sich aus der Kasse bedient hat, wird Bret ihn gedeckt haben. Sei vernünftig, Bernie. So was kommt vor. Nicht oft, das gebe ich zu, aber gelegentlich. So ist die Welt nun mal.«
Jim begleitete mich zum Fahrstuhl und drückte die Knöpfe für mich, wie Amerikaner das tun, wenn sie sichergehen wollen, dass man das Haus verläßt. Er sagte, wir müssten uns mal wieder treffen, zusammen essen gehen und von der guten alten Zeit plaudern, die wir miteinander erlebt hätten. Ich sagte, ja, unbedingt und danke und also dann, aber der Aufzug kam noch immer nicht.
Jim drückte noch einmal auf den Knopf und lächelte ein schiefes kleines Lächeln. Er straffte sich. »Bernie«, sagte er plötzlich und sah sich um, den Korridor entlang, ob da auch niemand sei, der ihn hören könnte.
»Ja, Jim?«
Er sah sich noch einmal um. Jim war immer ein sehr vorsichtiger Bursche gewesen. Deshalb war er ja auch so gut vorwärtsgekommen. Deshalb, unter anderem. »Diese Geschichte da in London …«
Wieder hielt er inne. Einen schrecklichen Augenblick lang war ich überzeugt, dass er gleich zugeben würde, das fehlende Geld eingesteckt zu haben, um mich dann anzuflehen, ihn zu decken, um unserer alten Freundschaft willen. Oder irgend etwas in der Art. Das hätte mich in eine verdammt schwierige Lage gebracht, und bei dem Gedanken allein drehte sich mir schon der Magen um. Aber die Sorge hätte ich mir sparen können. Jim war nicht der Typ, der irgend jemanden um Hilfe anflehte.
»Ich komme nicht. Sag ihnen das in London. Sie können machen, was sie wollen, aber ich werde nicht kommen.« Er schien aufgeregt.
»Okay, Jim«, sagte ich. »Ich werde es ihnen sagen.«
»Ich würde London gerne einmal Wiedersehen. Manchmal habe ich direkt Heimweh … Wir haben doch schöne Zeiten miteinander gehabt, nicht wahr, Bernie?«
»Allerdings«, sagte ich. Jim war immer ein ziemlich kalter Fisch gewesen. Dieser Gefühlsausbruch überraschte mich.
»Weißt du noch, wie Fiona den Fisch briet, den wir gefangen hatten, und das Öl verschüttete und die Küche in Brand setzte?
Da hast du echt die Nerven verloren.«
»Sie hat behauptet, du wärst daran schuld gewesen.«
Er lächelte. Er schien ehrlich erheitert. Das war der Jim, den ich kannte. »Ich habe nie jemanden so schnell reagieren sehen. Fiona wurde wirklich mit allem fertig.« Er zögerte. »Bis sie dir begegnete. Ach ja, schöne Zeiten waren das, Bernie.«
»Allerdings.«
Ich dachte, dass er nun doch noch weich wurde, und er muss es mir angesehen haben, denn er sagte: »Aber in diese lausige Untersuchung lasse ich mich nicht reinziehen. Die suchen doch nur jemanden, dem sie die Schuld geben können, das weißt du doch, nicht wahr?«
Ich schwieg.
Jim fuhr fort: »Warum haben sie ausgerechnet dich mit dieser Frage geschickt …? Weil du selbst in die Mangel genommen wirst, wenn ich nicht komme.«
Ich ging darauf nicht ein. »Wäre es nicht besser, wenn du rüberfliegst und ihnen sagst, was du weißt?« schlug ich vor.
Der Vorschlag beruhigte ihn nicht gerade. »Ich weiß überhaupt nichts«, sagte er mit erhobener Stimme. »Mein Gott, Bernie, wie kannst du nur so blind sein? Das Department will doch mit dir abrechnen.«
»Abrechnen? Wofür?«
»Für das, was deine Frau gemacht hat.«
»Das ist unlogisch.«
»Rache
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