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Geködert

Geködert

Titel: Geködert
Autoren: Len Deighton
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Präsidenten des Perimeter Security Guarantee Trust und den einem antiken Vorbild prätentiös nachgebauten Schreibtisch, in dessen Innerem ich ein Fach mit Getränken vermutete. Ein doppelter Whisky wäre mir angesichts des Wetters, das mich draußen erwartete, sehr willkommen gewesen.
»Ausgeschlossen! Sieh dir das Zeug da an!« Er wies auf einen Stapel von unbearbeiteten Akten und das Terminal, über das er Zugang zu den hundertfünfzig bedeutendsten Datenbanken hatte. Aus einem massiven Silberrahmen daneben sah uns noch ein weiterer Hinderungsgrund an: seine brandneue amerikanische Frau. Sie sah aus wie achtzehn, hatte aber einen Sohn auf der Harvard-Universität und zwei ExEhemänner, nicht zu reden von ihrem Vater, der ein großes Tier im State Department gewesen war. Sie stand mit Jim und einer glänzenden Corvette vor einem großen Haus mit Kirschbäumen im Garten. Er grinste noch einmal. Ich verstand, weshalb man ihn in London nicht mochte. Er hatte keine Augenbrauen, und seine Augen waren so schmal, dass er, wenn er dieses superbreite, freudlose Lächeln aufsetzte, das seine weißen Zähne nur eben entblößte, aussah wie der Kommandant eines japanischen Kriegsgefangenenlagers, der sich beschwert, dass die Gefangenen sich nicht tief genug verbeugen.
»Du könntest das an einem Tag erledigen«, versuchte ich ihn zu überreden.
Er war darauf vorbereitet. »Einen Tag hin. Einen Tag zurück. Ich würde drei Arbeitstage verlieren, und, ehrlich gesagt, Bernie, diese verfluchte Fliegerei macht mich jedesmal völlig groggy.«
»Ich dachte, du würdest bei der Gelegenheit vielleicht gern mal wieder die Familie besuchen«, sagte ich. Dann wartete ich, während die Sekretärin – groß, mit erstaunlich langen und spitzen roten Fingernägeln sowie einer Mähne silbrig blonder Locken – zwei Pappbecher mit Automatenkaffee hereinbrachte und diese behutsam auf dem riesigen Schreibtisch abstellte, dazu zwei leuchtend gelbe Papierservietten, zwei Päckchen Süßstoff, zwei Päckchen Kaffeesahneersatz und zwei Kaffeelöffelchen aus Kunststoff. Sie lächelte erst mich an, dann Jim.
»Danke, Charlene«, sagte er. Und griff sofort nach seinem Kaffee mit einer Miene, als freue er sich darauf. Nachdem er zwei Süßstofftabletten und den Weißmacher zugefügt und energisch umgerührt hatte, nahm er einen Schluck und sagte: »Meine Mutter ist letztes Jahr im August gestorben, und Papa ist nach Genf zu meiner Schwester gezogen.«
Danke schön, liebe Dokumentations- und Informationsabteilung, immer zur Stelle, wenn man dich braucht! Ich nickte. Seine englische Frau, von der er sich ruck, zuck in Mexiko hatte scheiden lassen, die Frau, die sich geweigert hatte, nach Washington zu ziehen, trotz des glänzenden Gehalts und der großen Kirschbäume im Garten, hatte er nicht erwähnt. Es schien mir auch besser, die Sache nicht weiter zu verfolgen. »Das tut mir aber leid, Jim.« Es tat mir wirklich leid. Seine Eltern hatten mich mehr als einmal, wenn ich’s bitter nötig hatte, sonntags zum Mittagessen eingeladen und sich um meine beiden Kinder gekümmert, als das griechische Au-pair-Mädchen nach einem Streit mit meiner Frau einfach verschwunden war. Ich trank ein bisschen von dem übel schmeckenden Gebräu und fing noch einmal von vorne an. »Eine Menge Geld – vielleicht eine halbe Million – haben sie noch immer nicht aufspüren können. Irgend jemand muss doch was davon wissen. Eine halbe Million Pfund!«
»Na, ich weiß nichts davon.« Sein Mund wurde schmal.
»Nun komm schon, Jim. Niemand regt sich sonderlich auf deswegen. Das Geld ist irgendwo in der Hauptkasse. Jeder weiß das, aber sie werden keinen Frieden geben, bis die Buchhalter es aufspüren und die Akten darüber schließen.«
»Warum du?«
Gute Frage. Die wahre Antwort war, dass ich neuerdings immer die Aufträge kriegte, die niemand anders haben wollte. »Ich hatte sowieso hier zu tun.«
»Damit haben sie also den Preis für ein Flugticket eingespart.« Er trank noch etwas Kaffee und wischte sich die Mundwinkel mit der leuchtend gelben Papierserviette ab. »Gott sei Dank, dass ich mit dieser elenden Pfennigfuchserei in London nichts mehr zu tun habe. Wie, zum Teufel, erträgst du das nur?« Er trank den Rest seines Kaffees. Ich nehme an, irgendwie schmeckte ihm das Zeug.
»Bietest du mir einen Job an?« fragte ich, ohne mit der Wimper zu zucken, ganz offen. Er runzelte die Stirn und schien für einen Augenblick verwirrt. Tatsächlich garantierte, seitdem vor ein
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