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Gejagt

Gejagt

Titel: Gejagt
Autoren: P.C. Cast , Kristin Cast
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solle weiterhin das Gute wählen und sich von Neferets widerlich schmeichelnder Finsternis abwenden. Daher sah ich ganz genau, wann er seinen Ausweg erkannte. Und als wären er und ich wieder dort in dem kleinen Raum neben der Sporthalle, hörte ich mich zu ihm sagen:
Du trägst mein Herz bei dir …
Und seine Antwort:
Dann sollten wir beide besser auf uns aufpassen. Ist nicht leicht, ohne Herz zu leben …
    »Ich werde mein Ziel nicht verfehlen.« Starks Worte trugen durch den eisigen Raum zwischen uns, als gäbe es weit und breit nur uns beide, ihn und mich. »Den Teil des Herzens meiner Lady, den ich in Verwahrung habe.« Kaum traf er seine Entscheidung, da fielen die Schatten, die seinen Körper umschlungen hielten, fluchtartig von ihm ab.
    Und Panik überrollte mich, als mir klar wurde, was er vorhatte.
    Er zielte genau auf mich und ließ den Pfeil von der Sehne schnellen.
    Im selben Moment schrie ich: »Luft, Feuer, Wasser, Erde, Geist! Hört mich! Haltet den Pfeil von ihm ab!« Und ich schleuderte Stark die Macht aller fünf Elemente entgegen. Der Pfeil indessen schimmerte mitten im Flug seltsam auf, und auf einmal sauste er nicht mehr in meine Richtung, sondern in gerader Linie zurück, auf Starks Herz zu. Nur wenige Zentimeter vor seiner Brust holten die Elemente ihn ein und ließen ihn mit solcher Kraft zerbersten, dass Stark zurückgeworfen wurde und zusammengekrümmt auf der Erde liegen blieb – aber nicht von dem Pfeil durchbohrt.
    »Du kleines Biest!«, kreischte Neferet. »Dieses Spiel gewinnst du nicht!«
    Ich achtete nicht auf sie, sondern streckte Grandma meine Hand hin. »Und Erde vollendet«, wiederholte ich.
    Sie schlug ein. Hand in Hand stellten wir fünf uns Neferet und Kalona entgegen, die auf uns zustürmten.
    »Verflucht sie nicht.« Schwester Mary Angelas Stimme klang unfassbar ruhig, fast schon überweltlich. »Flüche und Finsternis und Zorn sind es, was ihm am vertrautesten ist.«
    »Dann ein Segen«, sagte Stevie Rae.
    »Ja. Leute, die nur Hass kennen, können mit Liebe nicht umgehen«, sagte Aphrodite. Ganz kurz streifte ihr Blick mich, und sie lächelte.
    »Segne ihn, Grandma«, sagte ich. »Wir schließen uns dir an.«
    Da begann meine Grandma zu sprechen, und ihre ohnehin schon klare, tragende Stimme wurde noch verstärkt durch die Macht von Geist und Blut, Nacht und Erde, die sich mit Hilfe der liebenden Menschlichkeit verbunden hatten.
    »Kalona, mein
u-do
«, grüßte sie ihn mit dem Cherokee-Wort für ›Bruder‹. »Dies ist mein Segen für dich.« Und Grandma rezitierte einen alten Cherokee-Segen, der mir so vertraut war, dass mir beim Zuhören war, als käme ich nach Hause. »Mögen die warmen Winde des Himmels sanft an dein Heim wehen …«
    Wir vier wiederholten: »Mögen die warmen Winde des Himmels sanft an dein Heim wehen …«
    Grandma sprach weiter. »Und der Große Geist alle segnen, die es betreten …«
    Diesmal fielen Damien und die Zwillinge ein, als wir den Wunsch wiederholten.
    Grandmas Stimme erhob sich wieder ruhig und klar. »Mögen deine Mokassins frohe Spuren in vielmaligem Schneefall hinterlassen …«
    Bei der Wiederholung vereinte sich die Stimme jedes Einzelnen in unserem Kreis mit den unsrigen. Selbst von weit hinter uns echote der Segen, und ich erkannte, dass die Benediktinernonnen ihre Zuflucht verlassen hatten, um sich unserem Gebet anzuschließen.
    Als Grandma die letzte Zeile des Segens sprach, war ihre Stimme so voller Liebe und Wärme und reiner Freude, dass mir Tränen in die Augen stiegen. »Und möge der Regenbogen stets deine Schulter berühren.«
    Als sich unsere Stimmen im Segen vereinigten, hörte ich darüber einen Aufschrei der Qual. Kalona war taumelnd nur wenige Schritt von mir entfernt zum Halten gekommen. Neferet eilte ihm zur Seite, ihr ebenmäßiges Gesicht hassverzerrt.
    Er streckte eine Hand nach mir aus. »Warum, A-ya?«
    Ich sah ihm in die herrlichen Bernsteinaugen und wies ihn zurück, indem ich die Wahrheit sprach. »Weil ich mich für die Liebe entscheide.«
    Das Band, das unseren Kreis hielt, erglühte in blendendem Licht und schlang sich von mir ausgehend um Neferet und Kalona. Ich sah, wie die Schlinge sich zuzog. Ich wusste, diesmal bestand das silberne Band nicht nur aus den Elementen, sondern wurde verstärkt durch Nacht, Geist, Blut und Menschlichkeit und war fest in der Erde verankert.
    Mit einem schauerlichen Schrei stolperte Kalona rückwärts. Neferet klammerte sich an ihm fest. Während sie in
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