Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geisterblues

Geisterblues

Titel: Geisterblues
Autoren: Katie MacAlister
Vom Netzwerk:
Freunde und kein nennenswertes Leben gehabt. Ich hatte nie irgendwo dazugehört. Jetzt reiste ich plötzlich quer durch ganz Europa und hatte nicht nur einen Job – Handleserin in der Ausbildung – und ein Pferd, für dessen Futter und Tierarztrechnungen ich aufkommen musste, sondern auch einen umwerfenden Vampir, der behauptete, ich sei das Mädchen, auf das er dreihundert Jahre lang gewartet hätte, und obendrein noch Soren, der bis über beide Ohren in mich verknallt war.
    Das Leben ist manchmal zu bizarr, um es in Worte zu fassen.

2
    »Ah, da bist du ja. Wie ist das Handlesen heute Abend gelaufen, Schätzchen?«
    Ich zuckte mit den Schultern und schlüpfte an meiner Mutter vorbei in die Bude, wo sie mit Zaubersprüchen, Fläschchen voller Glück, einer Vielzahl von Schutzamuletten und ihrem Verkaufsschlager Liebeszauber handelte. »Wie immer. Kleine und große Mars-Hügel, jede Menge Linien, ein paar Narben und ein fehlender Finger.«
    Sie warf mir aus dem Augenwinkel einen warnenden Blick zu, als ich Davide, ihren fetten schwarz-weißen Kater, aufhob und mich auf den Stuhl pflanzte, den er okkupiert hatte. Davide schaute mich strafend an und zuckte verärgert mit den Schnurrhaaren, als ich seinen Rücken streichelte. Meine Mutter reichte einer Kundin ein Fläschchen Glück und ermahnte sie, sparsam damit umzugehen.
    »Hast du deine Handschuhe getragen?«, erkundigte sie sich, nachdem die Frau abgezogen war. »Oder hast du wirklich aus der Hand gelesen?«
    Ich reckte das Kinn vor. Meine Mutter hatte mit Peter vereinbart, dass ich jeden Abend vier Stunden lang aus der Hand lesen würde, um für Teslas Futter und was er sonst noch brauchte aufzukommen. Peter hatte versprochen, mir nach Abschluss meiner Lehre bei Imogen – was in zwei Monaten sein würde – zuzüglich zu Teslas Unterhaltskosten einen richtigen Lohn zu zahlen. »Ich beherrsche nur eine Methode, aus der Hand zu lesen, und die habe ich angewandt.«
    Sie schüttelte den Kopf, während sie ihren Kram zusammenpackte. »Franny, Franny, Franny … Gott und Göttin haben dich mit einer Gabe gesegnet. Du solltest stolz darauf sein und sie benutzen, um den Menschen zu helfen.«
    »Es leuchtet mir nicht ein, wieso meine Fähigkeit, die Gefühle und Gedanken anderer Personen aufzuschnappen, irgendjemandem helfen sollte –«
    »Du wurdest aus einem bestimmten Grund mit dieser Gabe bedacht«, erwiderte sie erwartungsgemäß. Wir führten diese Diskussion schon seit meinem zwölften Lebensjahr, als sich meine »Gabe« (die
ich
als einen Fluch ansah) zum ersten Mal offenbart hatte. »Würdest du dich diesem Weg doch einfach nur öffnen … Ochsenfrosch noch eins, ich bin spät dran. Ich muss los und mein Beschwörungsgewand anlegen. Wir sind knapp an Glück und Einsicht, Schätzchen, darum darfst du niemandem mehr als jeweils ein Fläschchen davon verkaufen.«
    Nickend betrachtete ich das Arrangement der farbenprächtigen Glasphiolen, die meine Mutter ausgestellt hatte, um Kundschaft anzulocken. Im Gegensatz zu dem Zeug, das andere Leute verhökerten, funktionierten die Mittelchen, die meine Mutter zusammenbraute, tatsächlich. Ich muss es wissen. Letztes Jahr konnte ich drei Wochen lang nicht aufhören zu kichern, nachdem sie mir versehentlich eine Ladung Fröhlichkeit über die Montur gekippt hatte.
    »Ach übrigens, da hat so ein Mann nach dir gefragt«, rief sie mir über die Schulter zu, als sie davonhastete. Sie zeigte zum Ende der Budengasse, wo das Hauptzelt für die magischen Shows stand. »Er müsste irgendwo dort hinten sein.«
    »Ein Mann?« Ich fragte mich, ob Ben zurückgekehrt war. Aber nein, meine Mutter kannte Ben. Selbst wenn sie nicht mit ihm einverstanden war – und ich hatte das dumpfe Gefühl, dass mir bald eine weitere »Du bist zu jung für einen Freund«-Predigt bevorstand –, würde sie ihn nicht
so ein Mann
nennen. Ich fragte mich, wer mich wohl suchte und warum, hatte aber nicht die Zeit, mich lange damit aufzuhalten. Da meine Mutter nur positive Magie ausübte, erfreute sich ihr Stand in jedem Land, das wir bereisten, großer Beliebtheit.
    »Tut mir leid, aber für einen Fluch müssen Sie sich an den Dämonologen wenden«, informierte ich einen ernst dreinblickenden jungen Mann. Ich hielt ein onyxfarbenes Fläschchen hoch, das mit einem Glücksbringer in Fragezeichenform dekoriert war. »Das Fieseste, was ich Ihnen anbieten kann, ist ein Vergesslichkeitstrank.«
    Die Miene des Mannes wurde noch verkrampfter. »Wo ist der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher