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Geisterblues

Geisterblues

Titel: Geisterblues
Autoren: Katie MacAlister
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Freiwilligen ab, die am anderen Ende der Insel auf einer archäologischen Grabungsstätte schufteten. »Was ist dort drüben los?«
    Imogen konnte sich nicht überwinden, den Blick von Tibolt zu wenden. »Laut Peter ist das Grabungsteam heute frühmorgens auf eine uralte Begräbnisstätte gestoßen. Habe ich dir schon gesagt, wie sehr ich dich für dein Talent als Schwertschlucker bewundere?«
    »Hmm?« Mit gerunzelter Stirn ließ er den Blick über das große Feld und den Strandabschnitt schweifen, die der Gothic-Markt und der Zirkus der Verdammten für ihre Darbietungen gemietet hatten. Wir befanden uns nicht weit von dem Fahrdamm, der die Insel mit dem Festland verband, sodass die Einheimischen den Markt ohne Probleme besuchen konnten. »Ich frage mich, ob er in der Nähe ist. Ich spüre seine Präsenz …«
    »Wessen Präsenz?«, erkundigte ich mich, dabei rieb ich über die leichte Gänsehaut, die plötzlich meine Arme überzog.
    »Ach, nicht wichtig.« Tibolt lächelte entschuldigend. »Ich muss mich entschuldigen, Ladys. Ich habe laut gedacht. Fran, ich würde dich gern um einen Gefallen bitten, wenn es dir nichts ausmacht.«
    »Einen Gefallen? Klar.« Seine Bitte schmeichelte mir.
    Neben mir wurde Imogen stocksteif. »Es wäre mir eine Ehre, dir auf jede erdenkliche Weise zu helfen«, erbot sie sich mit hoffnungsvoller Miene.
    Tibolt quittierte das mit einem Lächeln von solcher Strahlkraft, dass sie einer Ohnmacht nahe schien. »Das weiß ich zu schätzen, aber bei dieser Sache kann ausschließlich Fran mir helfen.« Er zwackte ein wenig von seinem Lächeln für mich ab, und ich wäre fast in die Knie gegangen. »Bei dir wird es in Sicherheit sein. Denn du hast keine Verbindung zu dem
Vikingahärta

    Ich drückte die Beine durch und runzelte verwirrt die Brauen. »Dem was?«
    Tibolt zog eine dunkelgoldene Kette unter seinem Shirt hervor. Daran baumelte ein antik aussehender goldener Anhänger in Form von drei ineinander verschlungenen Dreiecken. »Das
Vikingahärta
. Es bedeutet ›Herz des Wikingers‹. Das ist der Name dieses Valknuts.«
    »Ein
Vikingahärta
-Valknut?« Ich rätselte, ob das vielleicht ein schwedischer Zungenbrecher war.
    Nickend streifte er mir die Kette über den Kopf. Der Anhänger, der warm war von Tibolts Körper, schmiegte sich in die Kuhle unter meinem Brustbein. Ich verspürte ein seltsames Kribbeln, das zum Teil von dem Anhänger, zum Teil von Tibolts direkter Nähe kam. »Ganz genau. Valknut bedeutet ›Knoten der Erschlagenen‹; er repräsentiert die Ewigkeit und das Leben nach dem Tod. Siehst du die neun Ecken?«
    Ich berührte die drei verschlungenen Dreiecke. Das Amulett fühlte sich angenehm an, ein bisschen vibrierend, so als strahlte es eine darin schlummernde, sirrende Energie ab. »Ja.«
    »Sie symbolisieren die drei Nornen, die Schicksalsgöttinnen.«
    »Die Schicksalsgöttinnen. Na gut. Aber … warum gibst du es mir?«
    Er lächelte. Imogen seufzte wieder verzückt. »Du musst es heute Abend sicher für mich verwahren. Du kannst es unter deinem T-Shirt verbergen, während du aus der Hand liest. Es wird dich beim Liniendeuten nicht stören. Tatsächlich könnte es dir sogar helfen.«
    Ich betastete den Anhänger ein weiteres Mal. Imogen ließ ein neidvolles Geräusch hören, darum hob ich ihn hoch, damit sie ihn ebenfalls anfassen konnte.
    »Er ist wunderschön«, schnurrte sie und streichelte eine der Ecken. »Ist er alt?«
    »Sehr sogar. Er gehörte meinem Großvater und wird schon seit Bestehen meiner Familie von Generation zu Generation weitergegeben. Aber jetzt muss ich zu meinem Morgenlauf aufbrechen, sonst habe ich nicht mehr genügend Zeit, die geweihte Erde für das
Blót
vorzubereiten.« Er reckte beide Arme über den Kopf. Imogen stockte der Atem, und sie grapschte nach meinem Handgelenk, während sie ihn mit riesengroßen Augen anschmachtete.
    »Du willst geweihte Erde für das Blut vorbereiten?« Verwirrt guckte ich zu Imogen. Ihr stand der Mund offen. Ich stupste sie mit dem Ellbogen an, damit sie ihn zuklappte.
    »Ja. Ein
Blót
ist eine rituelle Kulthandlung, bei der wir, die dem Asatru-Glauben angehören, den Göttern opfern.« Als Tibolt die Muskeln beider Oberschenkel dehnte, schnappte Imogen gurgelnd nach Luft, und ich musste mich an der Seitenwand des Wohnwagens abstützen.
    »Hmm«, nuschelte ich und versuchte verzweifelt, mich von ihm abzulenken. Ich wusste, dass die Asatru-Religion den nordischen Göttern huldigte. Aber ich hatte noch nie von
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