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Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Titel: Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)
Autoren: Frank Demant
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sondern auch betreffs ihrer Karriere. Was Wunder also, daß sie nervös war.
    „Lassen Sie das Auto vorfahren und sagen Sie den Präzisionsschützen, sie sollen sich auf ihre Aufgaben besinnen.“
    „So Kinderchen, dann wollen wir mal. Und Sie …“, Trinklein deutete auf Herrn Schweitzer, „mein lieber Herr Privatdetektiv …“, der sich umständlich und innerlich sein Schicksal verfluchend aufrappelte, „können diesmal sitzenbleiben. Die Arschkarte hat diesmal ein anderer gezogen. Oder vielmehr: eine andere.“
    Herr Schweitzer dankte Fortuna mit einem kurzen Stoßgebet, weil immerfort nur die Arschkarte ziehen auf Dauer doch ziemlich aufs Gemüt geht. Erleichtert ließ er sich wieder auf sein Sitzkissen fallen. Hoffnung kehrte zurück. Das Leben ist schön.
    Routinemäßig verpaßte Herr Trinklein der Filialleiterin eine weitere immense Backpfeife, woraufhin bei der malhonett Gebackpfeiften eine kurze Ernüchterung eintrat, und sie ihren Verflossenen mit großen leeren Augen durch den Nylonstrumpf anschaute.
    Das Fluchtauto hielt vor der Bank, und der Fahrer entfernte sich. Die Fahrertür stand offen.
    „Auf, mein Schatz, wir gehen.“ Er drückte der Filialleiterin das Gewehr in die Hand, das ja gar nicht schießen konnte, aber ob das auch Theresa Trinklein-Sparwasser mitbekommen hatte, stand in der Sternen. Eher nicht.
    „Wohin? Su meiner Tochter?“
    „Ja, zu deiner Tochter. Da draußen steht ein Auto, da gehen wir jetzt hin. Ich voraus, und du mit dem Gewehr hinterher. Du zielst am besten immer auf meinen Rücken, und wenn ich nicht spure, knallst du mich einfach ab. So schwer ist das doch nicht, oder?“
    „Nein, nisch so swer.“
    „Los geht’s.“ Herr Trinklein ging auf seinen Socken zur Tür, mit dem Spielzeuggewehr in der Hand der Filialleiterin durch eine fast unsichtbare Angelschnur verbunden, die etwa anderthalb Meter Abstand zwischen ihm und der ihm brav folgenden Theresa Trinklein-Sparwasser ließ. Mit dem Schlüssel öffnete er die Schiebetür. Dann gingen beide durch die Außentür. Herr Trinklein kniff kurz die Augen zusammen, so sehr blendete ihn die schon seit langem vermißte Frühlingssonne. Dann nahm er beide Hände nach oben und tat den ersten Schritt nach dem Fluchtwagen an der Ecke zur Oppenheimer Landstraße.
    Herr Schweitzer dachte, als er den Bankräuber mit seiner Ex im Schlepptau von dannen ziehen sah, daß dies aussehe als zöge nicht er sie, sondern als treibe sie, die ja in Ludgers Ganovenkleidung gepackt war, ihn, der von nahem aussah wie eine Bordsteinschwalbe, von weitem aber durchaus auch als extrem herausgeputzte Hausfrau durchgehen hätte können, mit einem echten Gewehr vor sich her. Nicht daß eine Bordsteinschwalbe per se keine Geisel sein durfte, doch war eine herausgeputzte Hausfrau in dieser Rolle schon wahrscheinlicher, auch wenn diese es privat faustdick hinter den Ohren haben mochte und in puncto Sexualpraktiken durchschnittliche Bordsteinschwalben locker in den Schatten stellte. Man sollte in dieser Hinsicht explizit Hausfrauen nicht unterschätzen, die haben ja alle Zeit der Welt, sich sexuell weiterzubilden. Beispiel Postbote.
    Zusammenfassend kann also getrost gesagt werden, daß Herr Schweitzer meinte, der ganze Vorgang vermittle das Bild, ein Bankräuber treibe per Schießgewehr eine harmlose Geisel vor sich her. An und für sich war das ein der Situation angemessener Eindruck, wenngleich er trügerisch war. Aber da mußte man erst einmal drauf kommen. Da bedurfte es schon enormer Vorkenntnisse, etwa in der Art, wie sie Herr Schweitzer besaß. Die anderen Geiseln besaßen dieses Wissen natürlich auch, aber es waren nun mal Herrn Schweitzers Gedanken, die ihn logischerweise auch zu der Komponente Scharfschütze führten. Logischerweise deshalb, weil er in der Regel über enorme Geistesgaben verfügte, die ihn in Sachsenhausen schon zu Lebzeiten fast zur Legende haben werden lassen. Und wie Herr Schweitzer die deutschen Ordnungskräfte einschätzte, so sagte man ihnen ja nicht umsonst seit alters her gewisse Schwierigkeiten nach, um die Ecke zu denken. Will heißen, daß sie in diesem speziellen Fall annehmen würden, was sie sahen, daß da nämlich ein brutaler Geiselgangster eine aufgedonnerte Geisel zum Fluchtwagen dirigierte. Und wie man ja von der Festnahme Wolfgang Grams in Bad Kleinen her wußte, schossen Scharfschützen, nomen est omen, gerne scharf, so daß aus der ehemals geplanten Festnahme des Terroristen eine sofortige
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