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Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Titel: Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)
Autoren: Frank Demant
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Karriere auswirken. Machen Sie was draus, und lassen Sie eine Kopie davon meinem Rechtsanwalt zukommen.“
    Dragoslav Popic bedankte sich artig und mit ungläubiger Miene. Sodann entfesselte Ludger seine geschiedene Frau, die unter dem Chivaseinfluß nun doch sehr daneben war. Halb wach, halb ohnmächtig folgte sie den Händen Trinkleins, der sie auf dem Stuhl sitzend so weit als möglich entkleidete. Den vollgepinkelten Rock warf er naserümpfend beiseite.
    Daraufhin kleidete er Theresa Trinklein-Sparwasser in seine abgelegten Klamotten, so daß sie zumindest halsabwärts aussah wie vor kurzem noch er selbst. Daraufhin mußte sie sich wieder auf den Stuhl setzen und Trinklein begann, ihr mit einer großen Schere dergestalt die Haare zu stutzen, daß die nackte Haut des Halses zu sehen war.
    „Was mast du denn da?“ nuschelte die Filialleiterin besoffen.
    „Nichts. Es ist nur zu deinem Besten.“
    „Hm? Nur su meim Besten?“
    Selbstverständlich war die neu geschaffene Frisur an Horribilität kaum noch zu überbieten, und man fragte sich, wohin das alles führen sollte. Selbst Herrn Schweitzers außerirdische Phantasie war überfordert, er hatte keinen blassen Schimmer, was des Trinkleins Begehr sein konnte. Aus Rache jemanden zu entstellen kam ihm zu billig vor. Da mußte mehr dahinter stecken als solch ein schimpfliches Motiv. Doch was?
    Selbst als der Bankräuber seiner sich kaum noch auf den Beinen halten könnenden Ex-Tussi die Strumpfmaske überzog und die schwarze Baskenmütze aus weichem Strick auf den geschorenen Kopf setzte, mit der er sich gestern maskiert hatte, ahnte niemand etwas.
    Auch nicht, als er ein Gewehr holte, dessen Lauf gegen das Metall des Containers schlug und sich ein Geräusch vernehmen ließ, daß das Gewehr eindeutig als aus Plastik hergestellt erkennen ließ. Denn, Hand aufs Herz, ein ridiküles Spielzeuggewehr barg seit jeher wenig Grund zur Besorgnis.
    Eine dünne Angelschnur, die als besonders reißfest gelten, befestigte Ludger nun am Lauf des Gewehres. Das andere Ende band er sich um die Taille.
    Mittlerweile sah der Bankräuber aus wie eine Bordsteinschwalbe, die vergebens auf aus der Gosse auftauchende Freier gewartet hatte und nun, des vergeblichen Wartens müde, zu rabiateren Methoden griff. Herr Schweitzer malte sich das Bild aus, wie er, oder sie, den am Wasserhäuschen – in anderen Gegenden heißen die Dinger Kiosk – ahnungslos einen Schoppen und Doornkaat trinkenden Kunden erst gekidnappt und dann mit vorgehaltener Waffe gezwungen hatte, sich an ihm, oder ihr, zu verlustieren, auf daß ein Beischlafhonorar fällig werde. Herr Schweitzer grinste ob seiner ihn schon fast zyklisch heimsuchenden, jenseits aller Normalität liegenden Phantasie, die sich auch in Momenten wie diesen nicht abstellen ließ. Manchmal hatte er selbst beim Sex die abstrusesten Gedankengänge, von denen allerdings seine Liebste Maria von der Heide zum Glück nichts ahnte. Im letzten entscheidenden Augenblick hatte er sich noch immer zusammenreißen können.
    „So, dann wollen wir uns mal ein Taxi bestellen“, beliebte Herr Trinklein zu scherzen und griff zum Hörer.
    In der Einsatzzentrale lag ein spannungsgeladenes Vibrieren in der Atmosphäre, als das Telefon klingelte. Nun, da man auf die Zielgerade einbog, war natürlich auch die Oberkommissarin nervös. Sie nahm ab.
    „Ja?“
    „Ich bin’s. Der Bankräuber.“
    „Dacht ich’s mir doch“, versuchte Annie Landvogt der Aufregung mit Witz zu begegnen.
    „Das mit dem Fluchtwagen steht doch noch, oder?“
    „Natürlich, wir wollen doch nicht, daß Sie jetzt noch jemanden ins Jenseits befördern.“
    „So lob ich mir das. Und die 35 Millionen sind im Kofferraum, nicht daß da womöglich noch ein Flüchtigkeitsfehler unterläuft.“
    Mit dem ist doch eindeutig der Gaul durchgegangen, befand die Oberkommissarin. „Klar doch, 35 Millionen, so wie Sie’s sich gewünscht haben.“
    „Und da redet die Welt von der Dienstleistungswüste Deutschland. Die sollten Sie mal kennenlernen und sich ein Beispiel nehmen.“
    „Finden Sie?“
    „Wenn ich’s doch sage. Wirklich klasse, wie Sie das alles gemanagt haben. Und jetzt lassen Sie bitte den Wagen vorfahren. Aber keine Mätzchen, verstanden?“
    „Wie der Herr wünschen.“
    „Gut. Also los. Ciao Bella.“
    „Ciao Bello.“ Annie Landvogt starrte ein paar Sekunden auf das Schild der Teutonischen Staatsbank. Es war die Stunde der Entscheidung, nicht nur, was das Geiseldrama anging,
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